NewsBlur: Mein Weg zum Google-Reader-Nachfolger

Dienste

Kein Testbericht – Kein Vergleichstest – Nur ein Erfahrungsbericht.

Ein Gastbeitrag von Martin Dehler.

Es war ein Donnerstagmorgen Mitte März, ich blättere durch die mobiFlip-Neuigkeiten und erschrecke: Google stellt den Reader ein. Was nun?

Seit vielen Jahren nutze ich RSS Feeds, um Neuigkeiten aus zahlreichen Quellen zu sammeln. Anfangs nur auf dem PC, später auch per Smartphone und Laptop. Jeder der intensiv zahlreiche Feeds von verschiedenen Rechnern aus liest, kennt das Problem: nur selten reicht die Zeit, um in einer Sitzung alle ungelesenen Feeds durchzuschauen und als gelesen zu markieren. Nur so ist sicherzustellen, dass beim nächsten Lesen,
von einem anderen Rechner aus, nichts doppelt gelesen oder gar übersehen wird. Auch das Verwalten von Favoriten ist bei dieser Methode nur im Feed Reader auf einem Rechner möglich.

Auch ich hatte dieses Problem vor einiger Zeit und bin damals auf den Google Reader aufmerksam geworden. Das Konzept des Google Readers ist es, einen zentralen Speicher für alle abonnierten Feeds bereitzustellen und deren jeweiligen Status (ungelesen, gelesen, Favorit, …) dort zu synchronisieren. Heute würde man sagen: die Feed Liste liegt zentral in der Cloud. Als ich angefangen habe den Google
Reader zu nutzen, kannte ich den Begriff Cloud aber noch nicht. ;-)

Über die Zeit und mit immer mehr mobilen Nutzern entwickelte sich ein App-Universum um Google Reader. Darunter auch Apps, die Googles Reader Dienst ’nur‘ noch als zentralen, im Alltag unsichtbaren, ‚Feed-Einsammler‘ und (Synchronisations-)Speicher nutzten. Und genauso verwendete ich Google Reader an besagtem Morgen auch. Die Feeds wurden auf verschiedenen Plattformen über verschiedene Anwendungen gelesen, die Google Reader Webseite nur gelegentlich besucht und alles
funktionierte prima. Aber das sollte jetzt ab 1. Juli vorbei sein. Google mittels Petitionen umzustimmen, kam mir eher hilflos vor, so dass für mich bald die Suche nach einem Nachfolger begann.

Erster Ideengeber für mögliche Nachfolger war die Twitter Umfrage ReplaceReader. Selbst zu hostende Dienste wie z.B. Fever, selfoss oder Tiny Tiny RSS (in alphabetischer
Reihenfolge) waren nicht mein Favorit, da mir entsprechende Erfahrung fehlt. Ausprobiert habe ich dann FeedlyNewsBlur und TheOldReader. Entschieden habe ich mich dann für NewsBlur.

Was ist NewsBlur?

NewsBlur ist ein seit 2010 kontinuierlich von Samuel Clay weiterentwickeltes 1-Mann Projekt, dass im Kern das bietet, was der Google Reader war: ein zentraler Ort, an
dem vom Anwender abonnierte RSS Feeds verwaltet werden.

Die automatisierte Abfrage und Aktualisierung der Feeds durch NewsBlur erfolgt meiner Erfahrung nach mittlerweile angemessen schnell. Feeds die über das PubSubHubbub Protokoll neue Inhalte bekanntgeben – so wie der mobiFlip.de RSS-Feed – werden in Echtzeit aktualisiert. Feeds können in Ordnern gruppiert werden und gespeichert/favorisiert werden. Einzelne Einträge können z.B. per E-Mail, Twitter, Facebook, Readbility, Instapaper, … weitergeleitet werden. So weit, so im Wesentlichen auch von anderen News Readern bekannt.

NewsBlur kann über verschiedene Zugangswege genutzt werden. Der am häufigsten genutzte dürfte die Weboberfläche sein. In der Weboberfläche bietet NewsBlur vier verschiedene Ansichtsmodi, die für jeden Feed gewählt werden können: Original, Feed, Story und Text. Die Feed Ansicht ist dabei die selbsterklärende ‚Standard‘-Feed Ansicht,
Original zeigt die Original Webseite, die im Feed verlinkt ist, während die Story Ansicht nur einzelne Beiträge anzeigt. Die Text Ansicht ist eine reduzierte Ansicht, die versucht eine vereinfachte Version des Feeds (mit Bildern) anzuzeigen.

Aber NewsBlur hat noch weitere interessante Aspekte zu bieten:

Trainierbare Filter

Für jeden Feed können Schlagworte positiv oder negativ bewertet werden. Basierend auf diesen Schlagworten versucht NewsBlur, ‚interessante‘ Feeds hervorzuheben und ‚uninteressante‘ auszublenden. So könnte sich ein Nutzer z.B. alle Windows Phone Nachrichten aus dem MobiFlip RSS Feed filtern lassen.

Soziale Komponente

Mit den sogenannten Blurblogs erhält jedes NewsBlur Nutzerkonto ein Blog, in dem Feeds geteilt und diskutiert werden können. Diese beiden Features von NewsBlur nutze ich aber kaum.

NewsBlur mobil

Die NewsBlur Webseite ist nicht für die Nutzung auf mobilen Endgeräten optimiert, es gibt aber Apps für einige mobile Betriebssysteme. Für iOS und Android direkt vom NewsBlur Betreiber selber.

Ein wesentliches Entscheidungskriterium für einen Google Reader Nachfolger war die Verfügbarkeit einer offenen Programmierschnittstelle (API). NewsBlur bietet eine offene
Programmierschnittstelle, Feedly und TheOldReader haben beide offene Programmierschnittstellen angekündigt, aber noch nicht oder nur teilweise veröffentlicht. Weil die Programmierschnittstelle (API) von NewsBlur frei verfügbar ist, kann sie von jedem ohne Einschränkungen genutzt werden. Dadurch sind bereits Apps für Android, Windows Phone und MeeGo von Entwicklern verfügbar.

Auch für nicht-mobile Plattformen gibt es mit ReadKit für Mac OS und Tafiti für Windows 8 bereits eigene Apps. Für Safari, Firefox und Chrome sind auch Browsererweiterungen verfügbar, die ich aber nicht benutzt habe. Links zu diesen Anwendungen finden sich in der Rubrik Goodies & Mobile Apps/Extras.

Nachteilig an der Web Benutzeroberfläche von NewsBlur ist, dass nicht alle möglichen Aktionen und Optionen intuitiv sichtbar sind. Häufig erscheinen die kleinen Dreiecke, die mögliche Optionen anzeigen sollen erst beim Hovern mit der Maus. So ist ein Klick auf das kleine Dreieck vor einem Feed bzw. Ordner nötig, um das dazugehörige Menü angezeigt zu bekommen. Das macht die Nutzeroberfläche zwar aufgeräumter, ist aber in der Eingewöhnungszeit verwirrend. Auch die ‚plus‘ und ‚minus‘ Symbole zum Erweitern bzw. Zusammenklappen von Ordnerinhalten erscheinen erst, wenn der Mauszeiger auf dem Ordner steht. Globale Einstellungen erreicht man in der Weboberfläche über das Zahnradsymbol unten links. Tastaturkürzel sind in vergleichbarem Umfang zu den Mitbewerbern implementiert. Die Liste der Tastaturkürzel kann über das Zahnradsymbol oder die ‚ß‘ Taste (?) angezeigt werden. Änderungen in Artikeln kann NewsBlur übrigens auch markieren (diff).

Der Quellcode von NewsBlur ist übrigens bei Github frei verfügbar. Eine selbst
gehostete NewsBlur Installation ist also auch realisierbar.

Damit wäre mein Erfahrungsbericht zu Ende. Jeder wird für seine persönlichen Anforderungen andere Dienste wählen. Nicht jeder mag meine Wahl nachvollziehen können, muss er ja auch nicht. ;-)

Wer NewsBlur testen möchte, kann dies problemlos tun. Die NewsBlur Webseite bietet über die Schaltfläche ‚Try out NewsBlur‘ eine weitgehend funktionsfähige Demo an. Auch ein testweiser Umzug vom Google Reader gestaltet sich dank Anmeldung über einen Google Account oder via OPML-Import einfach. Ordner werden dabei entsprechend angelegt und in Google Reader markierte (Sternchen) Artikel werden in NewsBlur zu gespeicherten Artikeln. Ein Export der in NewsBlur abonnierten Feeds in eine OPML Datei ist auch möglich. Bei nicht gefallen ist ein weiterer Umzug also
problemlos möglich.

Wie sich der Dienst finanziert, ist übrigens klar: ein Premium Account kostet 24 USD pro Jahr. Kostenfrei können bis zu 64 Feeds in NewsBlur verwaltet werden. Weitere Einschränkungen sind seltenere Feed Aktualisierungen, das Feeds nur öffentlich geteilt werden können und nur eingeschränkte Privacy Einstellungen beim BlurBlog.

Ein Nachteil könnte für einige Anwender sein, dass NewsBlur nur eine
englische Benutzeroberfläche hat.

Bei einer großen Zahl von Neuanmeldungen für kostenfreie NewsBlur
Zugänge werden neue Accounts teilweise nur verzögert freigeschaltet.

Also beim Ausprobieren von NewsBlur die Dreiecke und das Zahnrad nicht
vergessen, sonst ist es anfänglich evtl. etwas unübersichtlich ;-)

Link zu NewsBlur

PS: Interessenkonflikte meinerseits gibt es übrigens keine. Ich habe meinen NewsBlur Premium-Account selber bezahlt. ;-)


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