HTC: Die Geschichte (Teil 2)

Gastbeitrag

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Dieser Beitrag ist der zweite Teil zu „HTC: Die Geschichte“

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Meine Damen und Herren: Eine Woche ist um und, wie versprochen, gibt es jetzt den zweiten Teil der Geschichte von HTC. Den ersten Teil könnt Ihr hier nachlesen (und sollt Ihr, wenn Ihr es noch nicht gemacht habt). Um an den Zeitgeist von 2004 näher zu kommen, schlage ich vor, sich kurz an den Stand der Technik und das Weltgeschehen jener Zeit zu erinnern.

  • Die USA hat immer noch den dümmsten Präsidenten aller Zeiten
  • Big Bang Theory ist noch die Urknalltheorie und Jake Harper ist erst 11
  • Der aktuellste iPod ist der iPod Photo
  • Sony hat noch Ericsson hinter sich und wirbelt den Markt mit dem K700i auf
  • Die Kamera des Top-Kamerahandys Nokia 7610 hat einen Megapixel
  • Siemens stellt erfolgreich Handys her
  • Intel hat die erste Dual-Core CPU in der Pipeline für 2006
  • Es gibt kein Twitter, kein Facebook. MySpace ist kein Friedhof

Und jetzt gehts los!

Mini und Maxi

Neben mehreren kleineren Projekten hat HTC gleichzeitig zwei lebenswichtige in Pipeline: Einerseits ist es eine ODM-Bestellung für HP, andererseits ein neuartiges Handy für die Operatoren.

Das erste Gerät ist ein traditioneller PDA, der den Namen „HP iPaq hx4700“ trägt. Wobei da das Wort “traditionell” nicht ganz passt: Das Ding hat einen 4” VGA Display (was einem ppi-Wert von 200 entspricht, während das iPhone drei Jahre später ein Display mit 163 ppi hatte), jeweils einen Steckplatz für SD- und CF-Karten (Fotografen wissen es zu schätzen), eine 624 MHz schnelle CPU, ein notebookmäßiges Touchpad und wird aus einer neuartigen Magnesiumlegierung gefertigt. Der interne Name bei HTC lautet „Roadster“ und der eignet sich gut: Eine luxuriöse und verdammt schnelle Karre! Das Gerät ist technisch seiner Zeit weit voraus und hat genügend Reserven, um noch nach dem iPhone-Release unter Kennern populär zu bleiben.

The Glorious One

FunFact: Ich habe diesen PDA im Jahr 2006 für ca. 330 Euro aus England gekauft, um in der Oberstufe ein digitales Wörterbuch bei mir zu haben (ja, man hat es hart als Ausländer ;-)). Zwei Jahre später verkaufte ich es in einer Auktion bei eBay und kam auf 350 Euro. Diesen “Wertverlust” wird heute sogar Apple beneiden.

Das Gerät hat nicht nur Erfolg auf dem PDA-Markt und bekommt positive Reviews von Kritikern – es wird auch gemoddet bis ins Unendliche: Custom ROMs mit letzter Windows-Mobile-Version (später WM), Android oder Ubuntu gefällig? Oder ein Hardware RAM-Upgrade? Klar!

Klein aber fein: Das HTC Magician und die „Alten“

Das andere Projekt ist ein verkleinertes PDA-Phone. Als Basis wird ein HTC Himalaya genommen: Gleiche Plattform, gleiche Menge an RAM, gleiches Betriebssystem und Display-Auflösung – nur eben in „Mini“. Das Gerät trägt verdient den Namen “Magician”, denn das Ergebnis ist nahezu faszinierend. Das neue Handy ist nicht nur viel kleiner als die Vorgänger, sondern es ist auch kleiner als der wichtigste Konkurrent in der Smartphone-Welt, das Sony Ericsson P910i. Zwar sinkt die Bildschirmdiagonale auf 2,8 Zoll, aber ein WM-Gerät mit Touchscreen wird endlich wirklich kompakt.

Klar, das Gerät hat Schwächen, wie ein mangelndes WiFi-Modul, eine nutzlose Kamera oder das mickrige Display, aber das Gefühl, einen PocketPC mit einem Handy in einem kompakten Gerät zu haben, ist für die Zielgruppe sehr verlockend. Zudem bekommt das Gerät als erstes WM-Smartphone einen MiniUSB-Anschluss. Somit trägt HTC nicht nur zur Durchsetzung dieses Standards der zuvor nur in der Kamera-Welt verbreitet war, bei, sondern ermöglicht das Aufladen und Synchronisieren zum ersten Mal mit nur einem Kabel.

Schön und gut ist das Gerät, aber zur Einführung in Dezember 2004 in USA kostet es… *Trommelwirbel*1.199 US-Dollar. Sicher, kein PDA-Phone kostet zu der Zeit wenig, aber das HTC Magician überbietet jedes frühere HTC-Handy (zum Vergleich kosteten das HTC Himalaya und Blueangel jeweils zur Einführung knappe 900 Dollar).

Trotz des Preises wird das Gerät von der Fachpresse mit „gut“ und „sehr gut“ bewertet. Zudem reagiert das Management von HTC ziemlich rasch auf den Markt und schon vor der Einführung des Handys in Europa wird der Preis runtergeschraubt: In Deutschland erscheint das Gerät unter dem Namen „XDA II Mini“ bzw. „MDA Compact“ mit einer UVP von ca. 599 Euro, der Straßenpreis liegt sogar bei 520 Euro.

FunFact: Alle WM-Versionen bis 5.0 haben eine unglaubliche Macke: Alle Apps und wichtigen Nutzerdaten werden auf flüchtigem Speicher (RAM) installiert/gespeichert. das heißt, dass alle Daten automatisch gelöscht werden, sobald der Akku komplett leer ist. Zwar sollte es einen Trigger geben, der den PDA ausschaltet, bevor dem Akku die Puste ausgeht, aber er funktionierte kaum. Deswegen gilt es zu 95%: „Akku leer“ = „Hard-Reset“. Hart, aber wahr (hier die Diskussion der Zeitzeugen nachlesen).

Neben diesen Meilensteinen arbeitet HTC weiterhin in anderen Richtungen: 2004 erscheinen mehrere WM-Smartphones und eine PDA-Reihe im Auftrag von Fujitsu Siemens. Somit schließt HTC eines der erfolgreichsten Jahren in seiner OEM-Geschichte ab.

GO GO GO

XDA 2 vs. 2i: Finde den Unterschied

Während in früheren Jahren HTC immer nach dem eigenen Weg suchte und immer neue Wege gehen musste, läuft es ab dem Jahr 2005 für das Unternehmen wie geschmiert: Die vorhandenen Modelle sind in eigener Nische erfolgreich und diese Nische wächst.

Die Manager erkennen dies und fördern genau das, worauf es ankommt: Die Evolution. So erscheint zunächst der Nachfolger vom HTC Himalaya, das Alpine. Mehr RAM, die neue CPU, ein WiFi-Modul und andere kleine Neuerungen stellen zwar keine Revolution dar, aber sind wir mal ehrlich: Apple schlägt heute die Verkaufsrekorde nicht gerade wegen der technischen Revolutionen. ;-.

Du findest die Produktfamilie der Samsung Galaxys unübersichtlich gestaltet? Pfffft!

Des Weiteren orientiert sich das Unternehmen immer mehr an einzelnen Partnern und Märkten, was heute noch sehr gut zu beobachten ist am (siehe HTC J Butterfly und dem HTC One Asian Edition). So zum Beispiel gibt es eine Version des Blueangel für Vodafone (HTC Gemini) und ein verschlimmbesserter (schlechtere CPU, dafür aber ein extra-glamouröses Gehäuse in Rosa) Nachfolger des Magiers „HTC Charmer“ explizit für T-Mobile usw.

Das HTC Charmer und die Zielgruppe

Eine weitere interessante Parallele in Strategie von „HTC 2005“ und „HTC heute“ lässt sich herauslesen: Das Muster der Einführung der neuen Modelle. Die Einführung eines High-End-Gerätes auf einem großen, aber lokalen Markt und die einige Monate spätere Präsentation des verbesserten Gerätes. So testet HTC eigene Innovationen heute noch: HTC Droid Incredible vs. HTC Sensation (4G), sowie HTC Butterfly vs. HTC One (Full-HD-Displays). Und das erste Paar ist: HTC Apache vs. HTC Wizard.

Die beiden Geräte haben zwei gleiche Merkmale: Sie sind QWERTZ-Seitenslider und laufen unter Windows Mobile 5.0. Dabei ist das HTC Apache ein CDMA-Gerät für die USA und das HTC Wizard ein auf der ganzen Welt unter unterschiedlichsten Namen vertriebenes Smartphone (hierzulande u.A. als „MDA Vario“). Während Apache noch die Gesichtszüge vom Magician übernimmt (samt dem sexy Antennenstummel vom Wallaby für CDMA) und die gleiche CPU benutzt, wird der „Zauberer“ komplett neu erschaffen: Zum ersten mal kommt ein SoC von Texas Instruments bei HTC ins Spiel. Zwar ist die CPU viel langsamer als Intels xScale, dafür läuft das Wizard viel länger mit einer Akkuladung. Dies und das neue Speicher- und Energiemanagement von WM 5.0 machen sehr viel aus und das PDA-Phone unter der Marke HTC wird wieder ein Stück „menschlicher“ (Für Pedanten unter uns).

Natürlich pflegt HTC noch immer die alte Partnerschaft mit HP. Zwar gibt es 2005 keine PDAs, dafür aber ein PDA-Phone. Und sogar ein episches: Das HP iPaq hw6515. Es läuft unter altem WM 2003 SE, dafür hat es super Funktionalitäten, sodass es zum Markenzeichen für HP wird: GPS, Blackberry-ähnliche Tastatur, zwei Speichekarteneinschübe und ein Touchscreen – Business-Alltag wird nie mehr wie zuvor sein (schöner Werbespruch, wahr?)

Und das letzte Gerät für heute… Aber vorerst eine Frage: Was macht aus HTC ein „HTC“? Richtig, die Bastelei! Ein HTC wäre ohne die Schar der Geräte für Geeks und Liebhaber kein HTC. Und das Gerät, was ich zum Schluss vorstellen will, ist das HTC Universal – ein Laptop unter Handys. Nur ein Blick auf dieses Handy sagt, woher sich die Entwickler des Universals inspiriert haben lassen. Das Gerät liefert die Experience des Nokia Communicator zum ersten Mal mit Windows Mobile. Aber über einen Punkt hat bei HTC wohl keiner nachgedacht: Im Gegensatz zum Universal taugt der Communicator auch zusammengeklappt als das klassische Handy.

Das HTC Universal: Das erste Convertible in der Geschichte

Allerdings ist das Handy für mich und die ganze Community bei weitem das interessanteste Gerät des Jahres 2005. Warum auch nicht? Das erste VGA-Display in einem PDA-Phone, die rasante CPU und die Convertible-Bauweise (der Begriff wurde erst nach Jahren ausgedacht). Nur leider für den Massenmarkt nicht tauglich (Review auf Deutsch hier nachlesen).

Dieses Gerät bewährte aber das Image von HTC. Das Image eines innovativen Unternehmens, das nicht nur den Massenmarkt bedienen will und auf die Umsätze achtet, sondern eigenartig in die Zukunft blickt und immer kreativ bleibt. Hiermit kommen wir zum Ende des zweiten Teils unseres Exkurses. Die Rückmeldungen sind wie immer willkommen!

Und, Leute, der Beitrag mit den ganzen Links und Recherchen kostet mir wirklich viel Zeit und Mühe, deswegen ist das Weitersagen, Weiterleiten und Weiterempfehlen erwünscht! ;)

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