Huawei Mate S im Test

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Da stellt man ein Smartphone vor und kündigt Eigenschaften an, die erst eine Premiumversion im nächsten Jahr erhält. Ob es sich dennoch lohnt, die normale Variante des Huawei Mate S zu holen, klären wir im Test.

Das Mate S ist eine Kuriosität. Das Display ist ein halbes Zoll kleiner als beim letztjährigen Mate 7, dadurch insgesamt kleiner und leichter. Am deutlichsten gespart wurde aber an der Akkukapazität, die massive 1.400 mAh geringer ist als beim Vorgänger. Kann das durch effizientere Hard- und Software aufgefangen werden?

Design und Lieferumfang

Das Huawei Mate S ist mit 649 € unverbindlicher Preisempfehlung klar ein Smartphone des Premiumsegments und möchte auch als solches wahrgenommen werden. Das Gehäuse besteht aus Aluminium, das Displayglas an der Front ist abgerundet und fließt in die abgeschrägten schmalen Ränder. Nichts knarzt, nichts wackelt und die 156g Gewicht vermitteln zusammen mit dem Metall ein hochwertiges Anfassgefühl. Der Huawei-Schriftzug auf der Vorderseite stört mich zwar leicht, das ist aber Geschmackssache. Erhältlich ist es zunächst in zwei Farben, Titanium Grey mit schwarzer sowie Mystic Champagne mit weißer Front.

huawei mate s bicolor

Auf der Rückseite dominiert das Kameramodul, welches leider aus dem Gehäuse herausragt. Begleitet wird es von einer Dual-LED. Darunter sitzt der überarbeitete Fingerabdrucksensor, der – soviel vorweg – ein Highlight des Smartphones ist.

huawei mate s camera

Die linke Seite bietet über einen Einschub SIM und Speicherkarte Platz. Dabei ist es bei Versionen des Mate S, die uns leider nicht zum Test vorliegen, möglich, statt einer microSD-Karte eine zweite SIM-Karte zu verwenden. Auf der rechten Seite sitzen gut positioniert Lautstärkewippe und Powerknopf, die Unterseite beherbergt Lautsprecherschlitze, Mikrofone und die Micro-USB-Buchse. Bedauerlicherweise verzichtet Huawei auf einen Anschluss nach Typ C. Zu guter Letzt findet man an der Oberseite ein weiteres Mikrofon sowie den Klinkenanschluss.

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In der schicken Box des Mate S liegen neben dem Gerät noch Kopfhörer, Ladegerät mit Micro-USB-Kabel, Schnellstart mit SIM-Tool sowie in unserem Fall auch noch ein Flipcase in Gold. Die Farbe ist zugegebenermaßen nicht der Brüller, die Verarbeitung passt aber auch hier und durch das Sichtfenster ist auch die Anrufannahme und vieles mehr möglich.

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Hardware

Angetrieben wird das Huawei Mate S von einem Hisilicon Kirin 935 aus eigener Produktion, dessen acht Kerne zu jeweils vieren mit 2,2 beziehungsweise 1,5 GHz takten. Begleitet werden diese von einer Mali T628 MP4-GPU sowie 3 GB RAM. Intern sind beim Testmodell 32 GB Speicher verbaut, wovon für den Benutzer zu Beginn circa 24 GB zur Verfügung stehen. Das lässt sich erweitern, 128 GB funktionierten hier ohne bemerkbare Probleme.

huawei mate s nano sim micro sd

Das WiFi-Modul funkt nach b/g/n-Standard, aber ärgerlicherweise nur im 2,4 Ghz-Netz. Es ist mir absolut unverständlich, wie ein Unternehmen wie Huawei, dessen Tätigkeitsbereich auch ein ganz klein wenig mit Netzwerken zu tun hat, auf die Ausstattung mit 5 Ghz-Unterstützung verzichtet. Dafür ist neben Bluetooth 4.0 auch NFC mit an Bord, für Musikgenuss abseits des Streamings oder lokaler Dateien ist das FM-Radio zuständig. Die insgesamt drei Mikrofone des Mate S sollen für besonders klar verständliche Stimmen sorgen.

Für die Fotografie, auf die wir später noch ausführlicher eingehen, sind eine 8 Megapixel-Selfiekamera mit Verschönerungsfunktion und optionaler, dimmbarer LED und auf der Rückseite eine 13 Megapixel-Kamera mit optischer Bildstabilisierung und Dual Tone-LED vorgesehen.

huawei mate s display macro

Das Display in 2.5D-Optik und mit Gorilla Glass-Schutz löst in akzeptablem und gerade so nicht musealem FullHD auf. Die 5,5 Zoll glänzen dank Super AMOLED mit kräftigen Farben und hohen Kontrasten – Fotos und vor allem die vorinstallierten Wallpaper sehen fantastisch aus. Wer darauf Wert legt, darf auch an der Farbtemperatur des Displays herumspielen.

Software

Das Huawei Mate S zeigt auf dieser Bühne dann Android Lollipop 5.1.1, welches mit der hauseigenen Anpassung Emotion UI (EMUI) 3.1 versehen ist. Diese muss man mögen oder nicht, so oder so werden euch bis zur Installation eines anderen Launchers alle Apps direkt präsentiert – ein klassisches Startmenü gibt es nicht, Vergleiche zu iOS müssen an dieser Stelle erlaubt sein.

huawei mate s front

Solltet ihr nicht eh direkt auf einen anderen Launcher wechseln, empfehle ich euch das Startbildschirm-Layout auf 5×5 Symbole umzustellen, um den Platz auszunutzen. Möchtet ihr hingegen so große Symbole wie möglich anzeigen wollen, gibt es einen „einfachen“ Startbildschirmstil mit Kacheloptik.

Eine weitere von der Konkurrenz recht identisch übernommene Geschichte ist die per Runterwischgeste aktivierbare systemweite Suche, welche von Animation bis Transluzenz Spotlight gleicht.
In den Benachrichtigungen finden sich im rechten Tab Schnellzugriffe, die sich auch noch individualisieren lassen. In der Grundeinstellung sieht man viele gar nicht und die ersten neun geben keinen deutlichen visuellen Hinweis darauf, dass per Scrollen noch mehr anwesend sind. Nur beim Herunterziehen der Leiste sieht man kurz rechts einen Scrollindikator. Bei Benachrichtigungen fragt das System nach, ob die App auch in Zukunft Hinweise anzeigen darf oder lieber lassen sollte.

Die vorinstallierte Software fragt häufig nach einer Internetverbindung, ohne den Zugriff auf Internet und Telefon-ID verweigert der Dateimanager des Mate S gar komplett den Dienst. Finde ich daneben.

huawei mate s dateien zugriff

Thema vorinstallierte Apps: Neben durchaus sinnvollen Geschichten wie Lupe, Memo und Rekorder (mit der Unterstützung für die eingebauten drei Mikrofone) gibt es auch einen Spiegel, der beim Ins-Mikro-pusten beschlägt sowie eine Vielzahl an Spielen. Zudem gibt es die Möglichkeit, mit verschiedenen Designs die Emotion UI an eure Vorlieben anzupassen, was Hintergründe und App-Symbole ändert. Ändern könnt ihr zudem auch die Darstellung der Navileiste. Falls ihr also beispielsweise von einem Samsung-Gerät auf das Mate S wechselt, könnt ihr auf die Ketzerreihenfolge wechseln.

Assistenten unterstützen den Nutzer bei vielen alltäglichen Problemen: Speichermanagement und Stromverwaltung bieten an, Übeltäter aufzuspüren, die unnötig Ressourcen verbrauchen. Der sogenannte Telefonmanager fasst Teile davon nochmals zusammen, geht auf den Arbeitsspeicher ein, leert den Cache und zeigt stromintensive Apps an. Im Menüpunkt Vernetzte Apps kann verwaltet werden, ob mobile Daten beziehungsweise Wifi verwendet werden dürfen.

Mit Multi-Fenster können auf den 5,5 Zoll zwei Anwendungen gleichzeitig untereinander verwendet werden, indem entweder mit zwei Fingern gleichzeitig über den Bildschirm gestrichen wird oder der Multitasking-Button lange gedrückt wird. Schade: Nur Huawei-eigene Apps werden dabei unterstützt.

Mit Knuckle Sense hat Huawei im Mate S die Knöchelerkennung optimiert, die Gestensteuerung funktioniert zuverlässig. Egal welche App ihr gerade bedient: Mit zweimaligem Knöchelklopfen auf das Display wird ein Screenshot gemacht. Beim Zeichnen von verschiedenen Buchstaben können Apps gestartet werden, was bei mir nur mit dem Standardlauncher funktionierte.

Über die Bewegungssteuerung lässt sich zudem Doppeltap für’s Aufwecken des Displays konfigurieren, unter den vorinstallierten Apps findet sich eine Verknüpfung für die Sperre – an sich ist die Powertaste also im täglichen Betrieb nahezu unbenutzt, wenn man es darauf anlegt. Nicht zuletzt aufgrund des großartigen…

Fingerabdrucksensor

huawei mate s cover back

Im Huawei Mate S hat man den schon ziemlich guten Sensor des Mate 7 weiter verbessert. Mit Fingerauflegen wird unmittelbar entsperrt, mit Wischgesten sind Benachrichtigungen anzuzeigen oder Fotos weiterschaltbar, man kann den Wecker abstellen oder Telefonate annehmen.

Seid ihr in den Benachrichtungen, werden mit einem Doppeltap auf den Sensor alle Mitteilungen geleert. Das alles ist zuverlässig und wirklich extrem schnell. Ich halte den Sensor für einen der besten, wenn nicht sogar den besten überhaupt bei einem Smartphone. Ach ja: Selfies lassen sich damit auch aufnehmen. Und das bringt uns mit einer weiteren Überleitung zur…

Kamera

huawei mate s camera close

Dreizehn Megapixel. Blende Zwonull. Optische Bildstabilisierung. Das verspricht im Grunde ganz gute Fotos, und das Huawei Mate S weiß zu überzeugen. Doch nicht nur per Automatik kommen schicke Bilder, die Kamera-App ermöglicht dem geneigten Benutzer auch, im Pro-Modus einfach mal zu sagen: „Übernehme die direkte Kontrolle.“ Wenn man weiß, was man vom Motiv möchte, ist das oft sogar die bessere Wahl – siehe die Abfahrtstafeln im Berliner Hauptbahnhof, die in der Automatik vollkommen überregelt sind. Hier findet ihr ein Album mit Beispielfotos:

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Die Frontkamera bietet einen Verschönerungsmodus, der je nach Motiv wie ihr seht natürlich keine Wunder vollbringen kann. Zudem sollte man beim Kalibrieren aufpassen, dass es nicht zu unerwünschten Comiceffekten kommt.
Insgesamt ist die Kamera-App sehr gut gestaltet und bietet vielfältige Einstellungsmöglichkeiten, darüberhinaus auch einige Filter. Bei diesen ist der Grad des Effekts noch nachregelbar und normal bei 50 Prozent.

Toll: Bei längerer Inaktivität geht das Gerät nicht ganz aus, sondern zeigt schlicht stromsparend die Meldung „Bildschirm berühren, um die Kamera zu aktivieren“ auf einem sonst schwarzen Display an. Videoaufnahme ist bis Full HD möglich, auf 4K-Auflösung muss man beim Mate S verzichten.

Performance

Das System läuft an sich in der täglichen Nutzung absolut flott und soweit es Android zulässt ruckelfrei. Mit dem Nova Launcher Prime verbessert sich dies bei mir sogar noch. Bei Need For Speed: No Limits hat alles noch soweit gepasst, im generischen 3DMark-Benchmark Sling Shot erreichte das Mate S 383 Punkte. Zum Vergleich: Ein HTC One M9 liegt bei über 1.200 Punkten. Hier merkt man schon, dass pures Gaming nicht die Stärke des Chipsatzes ist.

In der Simulation reichte es minimal zu dürftigen, ach, was sag ich, miserablen 0,8 Bildern pro Sekunde bei intelligentem Energieprofil. Stellt man auf Leistung, sieht es nicht viel besser aus.

Akku

Eigentlich Teil der Leistung, soll er doch einen eigenen Abschnitt bekommen. 2.700 mAh klingen, gerade im Vergleich zum Vorgänger, geradezu winzig. Huawei hat mit Optimierungen und Hilfestellungen aber dafür Sorge getragen, dass man zumindest über den Tag kommt. Bei meiner Nutzung, die keine Hintergrundaktualisierung untersagt, aber dennoch vielleicht auf gut zwei Stunden Bildschirmzeit kommt, erreiche ich anderthalb Tage Nutzung. Dank Schnellladeunterstützung ist da auch fix wieder für Abhilfe gesorgt.

Um im ak(k)uten Notfall noch erreichbar zu sein, gibt es einen Ultra-Energiesparmodus. Gerade dank AMOLED und Umschalten in eine mehrheitlich schwarze Darstellung werden hier Stunden an Restlaufzeit herausgekitzelt.

Randbemerkungen

  • Jeder erwähnt Telefonie irgendwie nur noch unter Sonstiges. Das ist schade, aber der Nutzung von Smartphones geschuldet. Jedenfalls kann man mit dem Mate S auch Sprache austauschen und das klingt gut. Die Dialer-App zeigt beim Anruf einer dem Nutzer fremden Festnetznummer an, aus welcher Stadt der Anruf kommt, das ist praktisch.
  • Der Lautsprecher ist verhältnismäßig laut.
  • Die Pinbelegung der Lautsprecherbuchse entspricht der von CTIA, welche mittlerweile fast überall verwendet wird. Solltet ihr wie ich bei meinen beyerdynamic iDX 160 iE zwei verschiedene Kabel (OMTP/CTIA) für eure Kopfhörer haben, müsst ihr das richtige auswählen.
  • Im Sperrbildschirm kann man Schnellzugriffe von unten her reinwischen. So lassen sich schnell Rechner, Taschenlampe und der Rekorder starten.
  • Es ist mir persönlich ja schon zu groß. #thatswhatshesaid Per Wischgeste über die Navileiste lässt sich die gesamte Benutzeroberfläche aber zum Erreichen der oberen Ecken verkleinern.

huawei mate s einhand

Fazit

Das Huawei Mate S ist ein hervorragend verarbeitetes, ausreichend schnelles, ausreichend ausdauerndes Android-Smartphone mit brillantem Display und guter Kamera, für das ein Preis von mehr als 600 € aufgerufen wird. Es ist eine echte Alternative zum Samsung Galaxy S6, HTC One M9 oder der Sony Xperia Z-Reihe, das LG G4 hat außer bei der Materialwahl dennoch meiner Meinung die Nase vorn.
Die größte Gefahr des Mate S lauert aber im eigenen Lager:

  • Das Huawei P8 hat die gleiche Kamera, ähnlichen Chipsatz, ist kompakter, besitzt aber leider keinen Fingerabdrucksensor.
  • Das Huawei Ascend Mate 7 hat den größeren Akku und Bildschirm, aber leicht älteren Chipsatz.
  • Das Huawei Honor 7 hat den gleichen Chipsatz, gleichen Fingerabdrucksensor, gleiche Frontkamera, eine hochauflösendere aber schlechtere Kamera, kompaktere Maße aber größeren Akku.

Gerade das Honor 7 sehe ich wegen der Gemeinsamkeiten beider Geräte oft im direkten Vergleich mit dem Mate S und wenn man überlegt, dass es nur knapp die Hälfte kostet, kommt man schon ins Grübeln. Das Mate S wirkt aber insgesamt einfach hochwertiger, das Display besser, der interne Speicher größer. Ob das alles den Mehrpreis rechtfertigt, müsst ihr für euch selbst entscheiden.

Was ist eure Wahl?

Wertung des Autors

Mike Demuth bewertet Huawei Mate S mit 4.3 von 5 Punkten.


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