Nio ist eine etablierte Marke in China, allerdings nicht in Europa und vor allem nicht in Deutschland. Da startet man gerade erst durch, will aber ein Stück vom Kuchen ab und hofft, dass man mit Elektroautos mit Akkuwechsel die Kunden gewinnt.
Ich konnte mir den Nio ET7 zwei Wochen im Alltag anschauen, allerdings sind die Battery Swap Stations noch sehr rar und daher konnte ich das nicht testen. Doch Nio hat mehr Elektroautos, sowas will ich beim nächsten Test definitiv machen.
Nio ET7: Konkurrenz für etablierte Marken?
Was mich zum Start aber vielmehr interessiert hat: Wie gut ist der Nio ET7? Und kann die ca. 5 Meter lange Elektro-Limousine mit Modellen wie dem Mercedes-Benz EQE mithalten? Immerhin ist man mit dem großen Akku bei 90.000 Euro.
Sagen wir es mal so: Ja und nein. Der erste Eindruck war allerdings direkt positiv, den alles ist hochwertig verarbeitet, fühlt sich gut an und es gibt mehr als genug Power mit den 480 kW (653 PS) und 850 Nm Drehmoment. Das Auto fährt sich auch sehr angenehm und vor allem die Modi haben einen spürbaren Effekt.
Im Alltag kann der Nio ET7 sehr bequem mit guter Dämpfung bewegt werden, doch im Sportmodus gibt es nicht nur viel Power, das Fahrwerk und die Lenkung werden auch richtig straff. Hat mir gut gefallen, mit diesem Auto kann man Spaß haben.
Die Verarbeitung ist tadellos, alles ist hochwertig und wirkt edler, als in einem EQE für mich. Es ist auch minimalistischer und sobald das Display angeht und man das OS bedient, stellt man sich die Frage: Was machen die deutschen Autobauer?
Der Aufbau erinnert an Tesla, allerdings auch die Geschwindigkeit. Da flutscht alles und ist schnell. Außerdem gibt es noch Dienste wie Spotify. Allerdings gibt es nicht alle Dienste und damit wären wir auch bei einem Nachteil, denn Apple CarPlay oder Android Auto bekommt man nicht und das wird es bei Nio auch nicht geben.
Die Marke verfolgt den Ansatz von Tesla und will die Software selbst entwickeln. Das funktioniert gut, aber ich bin eben ein großer Fan von CarPlay. Eine Integration des iPhones kann ein OS von einem Autobauer niemals genauso gut abbilden.
Und wo wir gerade beim Innenraum sind, da gibt es noch einen Nachteil. Das ist zwar ein reines Elektroauto, aber das Platzangebot ist im Innenraum bescheiden.
Ich sitze vorne gut, aber hinter mir könnte ich nicht sitzen und der Boden ist auch sehr hoch, was für Personen wie mich (1,90 m) unangenehm ist. Der Kofferraum ist auch nicht der größte. Das Platzangebot dürfte Nio gerne optimieren, denn das ist ein langes und breites Elektroauto und einen Frunk (Kofferraum vorne) fehlt auch.
Doch abgesehen davon ist der Eindruck sehr positiv, es gibt kabelloses Laden in der Mitte (leider nur einen Platz), der Assistent Nomi ist ganz nett und hat auch die ein oder andere Animation, wenn man zum Beispiel gerade Musik hört (ist aber leider immer sichtbar vorne) und der Sound ist ebenfalls gut (erwarte ich aber).
Nio ET7: Ist das eine ernsthafte Alternative?
Ist der Nio ET7 eine ernste Konkurrenz in diesem Markt? Ja, definitiv. Wobei er nicht das effizienteste Elektroauto ist, denn für die 590 km WLTP-Reichweite wird ein 100 kWh Akku benötigt und mit dem kleinen Akku sind es nur noch 445 km.
PS: Der ET7 gibt die Reichweite außerdem nur in WLTP im Display an, was ich nicht optimal finde, den ein realer Wert und eine Prozentangabe sind da oft hilfreicher.
Im Alltag sind das dann schnell 350 km für den kleinen Akku, was für diesen Preis bescheiden ist. Nehmt also den großen Akku, vor allem mit mehr Power steigt der Verbrauch ordentlich. Und der Nio ET7 hat noch einen sehr großen Nachteil.
Man kann zwar den Akku wechseln, aber so eine Station muss man erst einmal in der Nähe haben und am Schnelllader gibt es nur 130 kW, die sehr schnell bei unter 100 kW sind. Für diese Preisklasse ist das nicht gut. Da der Akkutausch nur eine Option und nicht die erste Wahl sein sollte, würde ich mir hier mehr wünschen.
Die App ist übrigens gut und bietet die üblichen Features, die Ladeplanung im Navi ist auch passabel bei der Auswahl, das Head-up-Display lässt sich gut ablesen und es gibt da noch einen Punkt, der mich bei Autos stört: Signaltöne. Ich will zum Beispiel nicht immer ein (doch recht lautes) hupen, wenn sich das Auto verriegelt.
Kommen wir aber nochmal zur Frage zurück: Ist das eine Alternative?
Ja, das ist Nio. Doch am Ende auch nur das, es ist nicht die klar bessere Wahl. Das Platzangebot ist bescheiden, ich würde CarPlay vermissen und die Ladeleistung ist nicht gut. Dafür finde ich den ET7 hochwertiger als einen EQE und vor allem bei der Geschwindigkeit der Software war ich im Test wirklich sehr positiv überrascht.
Es ist ein guter Start und sollte das Netz für Battery Swap Stations wachsen und wirklich massiv ausgebaut werden, könnte das ein Alleinstellungsmerkmal werden.
Auf der einen Seite habe ich Respekt vor der Konkurrenz aus China, denn wenn ich sehe, wie gut diese schon ist und wie viele Punkte sie besser macht, dann müssen die deutschen Marken wirklich mal in mehr in die Pötte kommen. Auf der anderen Seite mag ich Konkurrenz, denn das bedeutet auch bessere Produkte und Preise.
Der Nio ET7 hat mich jedenfalls überzeugt, dass Nio eine gute Marke ist, die man im Auge behalten muss und der Nio ET5 ist jetzt gestartet und für mich tatsächlich das viel spannendere Modell, da er etwas kompakter und günstiger ist. Und langfristig will Nio ja sogar noch sehr günstige Elektroautos in Europa auf den Markt bringen.
Nach der Verbrenner-Ära werden die Karten bei der Elektro-Ära neu gemischt und Nio ist eine Marke, die eine gute Chance für die Zukunft hat. Neben Tesla entsteht da auf jedenfalls sehr viel Druck auf die etablierten Marken in Europa und ich hoffe, dass sie diese Konkurrenz aus China sehr ernst nehmen, denn das muss man.
Ja, aktuell sind die Kunden noch treu, aber das waren sie bei den Smartphones auch, bis dann Samsung und Co. die besseren und günstigeren Modelle hatten.
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