Entstehungsbericht: Der lange Weg zur fertigen Sqwhere Android-App

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[Gastbeitrag] Ich fange mal ganz hinten an, also jetzt im Jahre 2013, und zeige gleich vorweg, wie die fertige Sqwhere Android-App aussieht, nämlich so:

Bis zur fertigen App war es ein langer Weg, der aus tausenden von kleinen Schritten bestand und mehrere Jahre Zeit benötigte. Am Anfang, so 2006 vielleicht, war es nämlich ein ganz herkömmliches Spiel aus Memo-Plättchen (wie es sich halt für einen Spieleerfinder gehört, der aus dem klassischen Metier kommt und normalerweise Karten-, Kinder- und Brettspiele erfindet):

Seit gut 20 Jahren betreibe ich das Spieleerfinden professionell. Meine ersten beiden Verträge habe ich (nach fast 5-jähriger Absagenflut) 1994 unterzeichnet, und seit 1995 sind bis heute mehr als 100 Spiele von mir weltweit veröffentlicht wurden. Vielleicht kennt der eine oder andere einen meiner Titel, z.B. das schnellste Kartenspiel der Welt „Speed“. Oder das Partyspiel „Privacy“. Oder meine „Gelbe Reihe“ der Firma Amigo, nahezu 20 Titel für den Grund- und Vorschulbereich. Nebenher arbeite ich seit 1996 redaktionell für Verlage, zunächst 5 Jahre für die Berliner Spielkarten, dann 10 Jahre für Amigo und zurzeit für die Nürnberger Spielkarten.

So entstand damals irgendwann im tagtäglichen Spiele-Ersinnen die kleine Sqwhere-Idee. Nicht viel drum und nicht viel dran: 25 Zahlen liegen zufällig angeordnet in einem 5×5-Raster auf dem Tisch. Zunächst ist nur die Zahl 1 rot markiert. Dann muss Runde für Runde genau ein Zahlentausch vorgenommen werden, d.h., dass man zwei beliebige Zahlen auswählt, die sich in der selben Reihe befinden (waagerecht, senkrecht oder diagonal) und diese miteinander die Position tauschen lässt. Nach dem Tausch muss die aktuelle Kette mindestens um eine Zahl länger sein als zuvor.

Konkret: Nach dem ersten Zahlentausch muss die 2 direkt neben der 1 liegen. Beide Zahlen sind dann rot markiert (Plättchen umdrehen). Nach dem nächsten Zahlentausch muss die 3 direkt an die 2 angrenzen, usw., im Idealfall bis zur 25. Hier die Spielregel, gerade mal drei Mini-Seiten:

Das Spiel ist super simpel, fordernd und macht Spaß, aber es stößt an eine natürlich Grenze des herkömmlichen Brettspiels: es fehlen einige Dinge, die es zu einem richtig guten Spiel machen würden, und diese Dinge sind mit herkömmlichen Mitteln nicht zu bewerkstelligen.

  1. Das Handling ist nervig, ständig muss man die Plättchen von Hand tauschen und umdrehen.
  2. Das Aufbauen der Plättchen am Anfang ist auf Dauer ermüdend.
  3. Wenn man es gegen die Zeit auf Highscore spielen könnte, ruckzuck – das wär’s, dann hätte es Pfiff! Die Lösung für dieses Problem konnte nur der PC bringen.

Nun bin ich selbst eher ein Laie im Umgang mit dem Computer. Wie beim Autofahren: Ich weiß, wie das Ding angeht und wie man damit fährt, aber reparieren oder gar konstruieren liegt jenseits meiner Fähigkeiten. Wie gut, wenn man einen jüngeren Bruder hat, der genau das kann! Irgendwann haben wir dann mal eine rohe PC-Version entwickelt. Die funktionierte super.

Das perfekte Sqwhere von 1-25 zu schaffen, wurde schnell zur Sucht. Es war und ist so verdammt schwer. Und wann immer ich auf dem PC damit anfing, konnte ich einfach nicht aufhören damit. Nach etwa 500 Partien (eine solche Anzahl ist per Hand mit Plättchen unvorstellbar) war es dann vollbracht – die Kette reichte von 1-25. Bingo! Nun ging es darum, dieses Kunststück so schnell wie möglich zu vollbringen und den Highscore immer höher zu treiben. Wann immer ich Sqwhere auf dem PC spielte, schnell vergingen einigen Stunden und wieder mal waren einige hundert Partien gespielt. Das Spiel war perfekt. Es hatte eigentlich alles, was ein gutes Spiel braucht.

Naja, fast, denn was nach wie vor ein wenig störte, war das Handling. Mit der Tastatur ging das Herumklicken zwar problemlos, aber man musste doch enorm viel drücken, um von einer Spielhälfte auf die andere zu gelangen. Was fehlte war ein Touchscreen. Da haben wir damals aber noch keinen Gedanken dran verschwendet. Das Spiel war prima, aber eben nur ein kleines Spiel am Rande. Andere Projekte standen an, und so verschwand Sqwhere erstmal in der Versenkung.

Es vergingen einige Jahre, bis schließlich ein Android-Handy und ein Android-Tablet im Hause waren. Irgendwann hatte sich mein Bruder die Programmierung angeeignet und es passte auch zeitlich ganz gut. Und so legten wir los – das Android-App-Projekt war gestartet.

An dieser Stelle muss ich einflechten, dass ich ganz häufig mit einem genialen Illustrator zusammenarbeite, Oliver Freudenreich. Gemeinsam haben wir bestimmt 50 Spiele umgesetzt. Und Oliver hatte sich dankenswerterweise bereit erklärt, die Illustrationen zu Sqwhere anzufertigen. So war gewährleistet, dass das Ganze erstklassig aussehen wird, und nicht so laienhaft, wie wir es selbst mit Photoshop zusammenfrickeln würden. Denn auch wenn die App letztlich nur einige hundert Downloads erreichen sollte – gut aussehen sollte sie trotzdem. Hier mal drei seiner unendlichen vielen Spiele-Illustrationen:

Die Programmierung der App lief eigentlich problemlos. Wir wussten ja, wo wir spieltechnisch hinwollten. Insbesondere das Handling sollte nun perfekt werden, so dass man ganz schnell hintereinander mal etliche Partien wegspielen kann. Da mein Bruder einige hundert Kilometer entfernt wohnt, gingen tagtäglich Mails hin und her, die aktuellen Versionen wurden Punkt für Punkt verbessert. Sehr viel Kleinstarbeit. Welche Buttons brauchen wir? Wo sollen die Buttons hin? Welcher Button führt von wo nach wo und macht was? Usw. Nach gut drei Wochen Fisselarbeit war das Spiel an sich fertig.

Viel schwieriger waren für uns die Überlegungen und Entscheidungen rundherum. Alles war neu. Wie legt man einen Entwickler-Account an? Antwort: gmail-Adresse, Kreditkarte und 25 Dollar! Was braucht man alles neben der eigentlichen App? Antwort: Ein Zertifikat für Google! Soll die App kostenlos oder umsonst sein? Braucht die App Sound und Animationen? Wie wird überhaupt jemand auf die App aufmerksam? Usw., usw. Auch hier näherten wir uns Schritt für Schritt an, informierten uns, schauten uns eingehend im Internet um.

Schnell war klar, dass es kostenpflichtige Apps zu ansonsten völlig unbekannten Spielen extrem schwer haben, dass die Downloadzahlen minimal sind. Anders sieht es höchstens aus, wenn man etwa ein Siedler von Catan umsetzt. Aber wer hat schon ein Siedler von Catan? Da es uns nicht ums Geld geht, sondern ums Spiel, entschieden wir rasch: kostenlos! Vielleicht könnte man ja einen externen Werbelink einflechten (so was wie Admob), aber das ist auch eher nervig. Also: ganz schlicht. Das Spiel selbst soll überzeugen, Spaß machen, süchtig machen, alles andere bleibt draußen.

So langsam kam das große Ziel, der Tag des Uploads, näher. Aber was wir unbedingt noch brauchten, war ein Werbebanner für den Google Play Store. Unsere selbstgestrickte Version sah dann so aus:

Schon ganz ordentlich, aber mal sehen, was Oliver dazu sagt. Olivers fand’s auch OK, aber als Grafik-Profi wusste er natürlich, dass das mit einigen gekonnten Kniffen noch deutlich schicker werden kann. Und da er gerade ein wenig Zeit abknapsen konnte, macht er sich ans Werk. Voila:

Damit sind wir nun schon so ziemlich am jetzigen Zeitpunkt angekommen. Erstmal haben wir noch eine Test-App upgeloaded, um zu sehen, ob das auch funktioniert. Super, es läuft. Und dann war die Sqwhere-App dran. Und siehe da, nach gut 7 Jahren Anlaufzeit – wir haben Sqwhere tatsächlich selbst zum Leben erweckt! Tolles Gefühl.

Wir haben zwei Tage abgewartet: keine Downloads. Dann schickte ich eine kurze Meldung an eine bekannte Brettspiele-Seite, und die brachten es als News. Immerhin: etwa 50 Downloads purzelten herein. Dann schaute ich mich weiter im Internet um und entdeckte mobiFlip.de. Gute Seite! ;-) Ich schrieb eine Email – und René antwortete prompt. Ob ich denn nicht einen Entstehungsbericht schreiben könne, fragte er, denn der Leser soll ruhig mal einen Blick hinter die Kulissen bekommen. Na klar. Gesagt, getan. Und hier ist er. Ich hoffe, das Lesen war unterhaltsam und wünsche viel Spaß mit Sqwhere! Mehr Infos gibt’s auf meiner Homepage staupe.com.

Wenn wir 1.000.000 Downloads erreicht haben, melde ich mich wieder. :-)

[appbox googleplay com.staupe.sqwhere]

Info

Über den Autor: Spielerfinder Reinhard Staupe

1995 tauschte Reinhard Staupe sein Studium der Grundschulpädagogik gegen den Beruf des Spiele-Erfinders ein. Seither wurden weltweit mehr als 100 Titel von ihm veröffentlicht, darunter die Bestseller Speed, Kunterbunt, Solche Strolche, Privacy, Rinks & Lechts sowie Der Plumpsack geht um. Insbesondere in den USA ist das schnellste Kartenspiel der Welt Speed (dort als Blink bei Mattel im Programm) ein absoluter Topseller. Die Speed/Blink-Auflagenhöhe liegt weltweit bei über 3 Millionen verkauften Exemplaren.

Von 1996 – 2001 war Reinhard Staupe als Redakteur für das mehrfach ausgezeichnete Autorenprogramm der Berliner Spielkarten verantwortlich, anschließend arbeitete er als Produktmanager für die Amigo Spiel + Freizeit GmbH. Nach zehnjähriger Tätigkeit für Amigo wechselte Reinhard Staupe im Januar 2012 zu den Nürnberger Spielkarten, wo er verantwortlich das Kartenprogramm betreut.

Neben der redaktionellen Arbeit widmet sich Reinhard Staupe zuletzt wieder verstärkt dem Spieleerfinden sowie seiner zweiten großen Leidenschaft, dem Schreiben. In der Grafikwerkstatt Bielefeld erscheinen regelmäßig Postkarten mit seinen Texten. Ferner sind drei Spiele-Bilderbücher von ihm erschienen, eins bei Coppenrath und zwei im Huch-Verlag.

Reinhard Staupe ist 44 Jahre alt und lebt mit Frau, Kind und Golden Retriever in der Nähe von Bremen. Wenn er nicht gerade hinter dem zweijährigen Linus hinterherkrabbelt, geht er leidenschaftlich gerne ins Kino und spielt, spielt, spielt.


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