Huawei Mate 20 im Test: Zu Unrecht unbeachtet?

Vor ungefähr einem Monat präsentierte Huawei neben dem Mate 20 Pro auch das günstigere Huawei Mate 20. Dieses kostet nicht nur weniger, sondern kommt beispielsweise auch mit einer kleineren Wassertropfen-Notch daher. 

Wir haben das Huawei Mate 20 für euch zwei Wochen lang getestet. Im folgenden Testbericht möchte ich euch nun berichten, weshalb manch einer das Smartphone gar einem aktuellen Flaggschiff vorziehen dürfte.

Technische Daten des Huawei Mate 20

Design und Verarbeitung des Huawei Mate 20

Rein optisch weist das Huawei Mate 20 große Ähnlichkeiten zum teureren Mate 20 Pro auf. Auf der aus Glas bestehenden Rückseite springt einem auch hier sofort das große Kamera-Modul ins Auge, welches drei Linsen und einen LED-Blitz beherbergt. Manch einem dürfte das zu massiv erscheinen, mir persönlich gefällt das Design allerdings besser als beim P20 Pro aus dem Frühjahr.

Denn mit der Umgestaltung der Kamera setzt Huawei beim Mate 20 auf eine individuelle Designsprache, mit der sich das Gerät von der Konkurrenz abheben kann. Die Materialwahl, Glas und Metall, lässt das Smartphone zudem sehr edel wirken und kleine Details wie der rot umrandete Power-Button runden den schicken Ersteindruck ab.

Doch nicht nur die Rückseite ist ein Hingucker – gleiches gilt auch für die Front. Während so gut wie jedes Konkurrenz-Modell heutzutage eine breite Notch vorweisen kann, ist jene des Huawei Mate 20 im Wassertropfen-Design gehalten. Schaltet man das Display an, leuchtet daher beinahe die gesamte Vorderseite auf, da auch das Kinn relativ schmal gehalten wurde. Das wirkt optisch natürlich beeindruckend, wenngleich man dafür auf das ein oder andere Feature verzichten muss.

Zu guter Letzt liegt das Huawei Mate 20 mit seinen abgerundeten Kanten auch noch sehr angenehm in der Hand und scheint gut verarbeitet zu sein. Um die Rückseite vor Fingerabdrücken, Kratzern und weiteren Beschädigungen zu schützen, sollte man allerdings besser einen Skin oder gar ein Case anbringen. Ansonsten ist das schicke Aussehen spätestens nach dem ersten Sturz Geschichte.

Display des Huawei Mate 20

Große Unterschiede zum teureren Huawei Mate 20 Pro existieren vor allem in Hinblick auf das verbaute Display. Mit einer Diagonalen von 6,53 Zoll ist es größer und an den Seiten nicht abgerundet. Das spiegelt sich auch in den Abmessungen des Smartphones wieder, die zwar kaum höher, dafür aber ganze 5 mm breiter ausfallen. Dennoch hatte ich im Alltag mit meinen durchschnittlich großen Händen keine Probleme damit, das Huawei Mate 20 zu bedienen.

Abgesehen von der Größe unterscheidet aber auch die verwendete Display-Technologie das Panel des Huawei Mate 20 von jenem des Huawei Mate 20 Pro. Während in Letzterem ein OLED-Panel mit 3.120 x 1.440 Pixeln verbaut ist, kann das Mate 20 nur ein IPS-Display mit einer Auflösung von 2.244 x 1.080 Pixeln vorweisen.

Auf dem Papier klingt das nach einem großen Unterschied. Gerade die FullHD+-Auflösung ist aber auch 2018 noch mehr als ausreichend und fällt keinesfalls negativ auf. Schon eher sieht man da die Nachteile der verwendeten IPS-Technologie. Die Schwarzwerte des Panels können nicht mit einem OLED-Display mithalten, was besonders deutlich wird, wenn man die Notch softwareseitig verbergen möchte. Da diese durch ihr Wassertropfen-Design jedoch nicht sonderlich stark auffällt, sollte man sich aber sogar als Notch-Hasser an sie gewöhnen können und die Option somit nicht einmal benötigen.

Vergleicht man das Display des Huawei Mate 20 allerdings mit anderen IPS-Panels und reduziert es nicht auf seinen bauartbedingten schlechteren Schwarzwert, schneidet es sehr gut ab. Es ist sehr hell, bietet schöne leuchtende Farben und kann selbstverständlich starke Blickwinkel vorweisen.

Vor allem wegen der schmalen Ränder und der unauffälligen Notch macht es daher immer Spaß, sich Inhalte auf dem Display des Huawei Mate 20 anzusehen.

Performance des Huawei Mate 20

Mit dem Kirin 980 steckt auch im günstigeren Huawei Mate 20 der aktuelle Flaggschiff-SoC der hauseigenen Chip-Schmiede. Mit seinem 8 Kernen macht der Prozessor im Alltag ordentlich Dampf und sorgt für eine absolut flüssige Performance. Apps öffnen zügig und Ruckler gibt es keine. Da fällt es rein gar nicht auf, dass „nur“ 4 GB Arbeitsspeicher verbaut sind und die EMUI sicherlich etwas mehr Ressourcen beansprucht als es bei reinem Android der Fall wäre.

In Hinblick aufs Gaming ist man mit dem Huawei Mate 20 ebenfalls gut aufgestellt. Aktuelle Titel werden in höchsten Grafikeinstellungen wiedergegeben und haben keine großen Ladezeiten. Das dürfte auch in Zukunft erst einmal so bleiben, wobei der nicht ganz so große RAM hier irgendwann vielleicht doch ein limitierender Faktor werden könnte. Mindestens 2 Jahre sollte das Huawei Mate 20 dennoch für (High-End-)Gaming taugen.

Aktuell steht das Huawei Mate 20 seinem teureren Bruder und anderen Flaggschiffen in Sachen Performance also in keinster Weise nach. Trotz des niedrigeren Preises ist das Smartphone in diesem Bereich gut aufgestellt.

Kamera des Huawei Mate 20

Das Huawei Mate 20 Pro zählt momentan ohne Frage zu den Smartphones mit der besten Kamera. Obwohl auch das Huawei Mate 20 gleich drei Linsen im selben Design auf seiner Rückseite vorweisen kann, kommt hier jedoch nicht dieselbe Ausstattung zum Einsatz. Auf dem Datenblatt merkt man das beispielsweise an der Auflösung: Bringt es der Hauptsensor des Mate 20 Pro auf ganze 40 Megapixel, sind es beim Mate 20 nur noch 12 MP. Und auch bei der Weitwinkelkamera gibt es „nur“ 16 anstelle von 20 Megapixeln.

Das klingt nun erst einmal nach großen Einbußen. Im Alltag ist aber auch das Huawei Mate 20 in der Lage, schicke Fotos zu schießen. Vor allem bei Tag liegt es beinahe auf einem Niveau mit der Flaggschiff-Konkurrenz und seinem großen Bruder. Fotos gelingen hier in guter Schärfe und können mit leuchtenden Farben überzeugen. Das sieht stets sehr schön aus, bildet aber nicht immer die Realität eins zu eins wieder. Steht man eher auf natürliche Farben, muss man manuell etwas nachregeln.

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Erst wenn es dunkel wird, fällt der Unterschied zum Mate 20 Pro dann so wirklich auf. Zwar ist auch hier Huaweis Nachtmodus mit an Bord, Fotos rauschen allerdings früher und weisen durch den Weichzeichner nicht mehr ganz so viele Details auf. Keinesfalls sehen Bilder bei Dunkelheit hier schlecht aus, auf dem Niveau mit den Top-Modellen der Konkurrenz ist die Kamera in diesen Situationen jedoch nicht mehr.

Dafür bietet das Huawei Mate 20 viele Möglichkeiten, sich beim Fotografieren kreativ auszutoben. Eine Weitwinkel-Kamera gepaart mit einem Zoom findet man momentan bei kaum einem Smartphone – dabei ergibt diese Kombination durchaus Sinn und ist im Alltag wirklich praktisch. Aus so gut wie jedem Winkel lässt sich das gewünschte Motiv dadurch nämlich ohne Qualitätsverluste aufnehmen. Zudem ist auch noch ein Makro-Modus an Bord, der scharfe Fotos ab einer Distanz von 2,5 cm zum Motiv ermöglicht.

Zu guter Letzt kann das Huawei Mate 20 natürlich auch noch die üblichen Kamera-Features wie eine AI mit vielen verschiedenen Presets und einen Bokeh-Modus vorweisen. All das funktioniert im Alltag zufriedenstellend und so ziemlich auf dem Niveau der Konkurrenz. Auch die Frontkamera bietet mit ihren 24 Megapixeln übrigens eine gute Qualität und liefert scharfe Selfies ab.

Software des Huawei Mate 20

Ausgeliefert wird das Huawei Mate 20 bereits mit dem aktuellen Android 9.0 Pie, über das die hauseigene EMUI 9.0 als Oberfläche gelegt wurde. Diese bringt im Vergleich zu ihren Vorgänger-Versionen einige kleinere Neuerungen mit, ist aber auch weiterhin noch weit von Stock Android entfernt. Ab Werk fehlt beispielsweise ein App-Drawer, wobei ein solcher seit einiger Zeit immerhin auch ohne alternativen Launcher aktiviert werden kann.

Lässt man sich auf die EMUI 9.0 einmal ein und sehnt sich nicht nach Stock Android zurück, kommt man schnell mit der Huawei-Oberfläche klar. Das Bedienkonzept ist gut durchdacht, wenngleich die Optik nicht jedem gefallen dürfte. An vielen Stellen ist es beispielsweise mehr als ersichtlich, dass man sich beim Design sehr konkret an iOS orientiert hat.

Huawei Mate 20 Homescreen Gesten

Hinsichtlich der integrierten Funktionalitäten bietet die EMUI 9.0 jedoch alles, was man so im Alltag benötigt. So ist die Gestensteuerung gut umgesetzt und dank Android 9.0 Pie kann man bereits das Digital Wellbeing-Dashboard unter der Bezeichnung Digital Balance-Übersicht in den Einstellungen finden.

Optisch ist die EMUI 9.0 also wieder Geschmackssache, funktional ist die Software des Huawei Mate 20 aber allemal. Persönlich würde ich mir auch weiterhin eine stärkere Orientierung an Stock Android wünschen – viele der Huawei-Kunden sind aber mit dem aktuellen (optischen) Stand sehr zufrieden.

Akku des Huawei Mate 20

Mit einer Kapazität von 4.000 mAh ist der Akku des Huawei Mate 20 mehr als ausreichend groß dimensioniert. Im Alltag hält das Smartphone selbst bei starker Beanspruchung mindestens einen Tag durch, viele dürften gar zwei Tage ohne Laden auskommen. Abhängig von der Nutzung konnte ich im Test sehr gute Screen-On-Zeiten zwischen 5,5 und 7 Stunden erzielen.

Lädt man das Huawei Mate 20 wieder auf, wird dann der Unterschied zum teureren Huawei Mate 20 Pro allerdings wieder deutlich. Denn nicht nur wird drahtloses Laden per Qi nicht unterstützt, sondern auch der SuperCharge-Ladestandard ist nicht so schnell wie beim Top-Modell. Eine Leistung von 22,5 Watt ist im Vergleich mit der Konkurrenz zwar immer noch nicht schlecht, aber beinahe nur die Hälfte der 40 Watt, die das Mate 20 Pro schafft.

Damit dauert es ca. 2 Stunden bis das Huawei Mate 20 mit dem mitgelieferten USB-Netzteil per USB-C wieder voll aufgeladen ist. Nach den ersten 30 Minuten ist der Akku immerhin bereits auf ca. 45 Prozent aufgefüllt.

Und sonst noch?

Fazit zum Huawei Mate 20

Dem Huawei Mate 20 wird momentan nur wenig Beachtung geschenkt – meiner Meinung nach zu Unrecht. Natürlich kann das Huawei Mate 20 Pro im Gesamtbild die bessere Ausstattung vorweisen, doch auch das normale Mate 20 ist ein starkes Flaggschiff-Smartphone, das sich nicht hinter der Konkurrenz verstecken muss. In sehr vielen Punkten ist es ihr mindestens ebenbürtig, nur bei der Kamera reicht es nicht ganz an die aktuellen Top-Modelle heran.

Entscheidet man sich für das Huawei Mate 20 anstelle des Mate 20 Pro, erhält man dank der Wassetropfen-Notch die schickere Frontseite und kann seine Kopfhörer über die Klinkenbuchse weiterverwenden. Während der kleinere RAM kaum auffällt, machen sich die Einsparungen bei der Kamera und den Zusatz-Features hingegen durchaus bemerkbar. Man sollte sich daher gut überlegen, ob man auf den In-Display-Fingerabdrucksensor, das schnellere (und drahtlose) Laden und die bessere IP68-Zertifizierung verzichten kann.

Benötigt man all den Schnickschnack nicht, ist das Huawei Mate 20 in meinen Augen ein wirklich schickes und schönes Smartphone, mit dem man auf jeden Fall glücklich werden kann. Größter Konkurrent dürfte momentan allerdings das OnePlus 6T sein, welches ebenfalls über eine Wassertropfen-Notch verfügt und ansonsten besser ausgestattet ist. Solange das Konkurrenz-Modell aus Fernost weniger kostet, hat das Mate 20 daher einen schweren Stand. Zu einem Kauf würde ich erst raten, sobald die Preise bei unter 550 Euro angelangt sind.

Vielen Dank an Huawei für die Bereitstellung des Testgeräts!

Wertung des Autors

Niklas Jutzler bewertet Huawei Mate 20 mit 4.2 von 5 Punkten.

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