HTC: Die Geschichte (Teil 1)

Gastbeitrag

Es geht um ein Unternehmen, das den Begriff “Smartphone” mehrmals prägte und mehrere Innovationen durchsetzte. Einen der ersten Hersteller, die Touchscreens in Handys einbauten und auf offene Betriebssysteme setzten. Das ist das letzte überlebende Unternehmen der alten Schule mit Handy-Business als Kerngeschäft.

Es geht um HTC.

Ich biete Euch an, mit mir den Höhenflug und den tiefen Fall von HTC näher zu betrachten: Vom Anfang bis zum frisch vorgestellten HTC One Max. Was waren die Ursachen des raschen Aufstiegs? Die des danach folgenden Falls? Was kommt zunächst? Lass uns die Geschichte des Unternehmens zusammen analysieren und ein bisschen spekulieren!

Warum will ich diesen Beitrag unbedingt schreiben? Weil ich die wichtigsten Wenden des Unternehmens als Nutzer hautnah miterlebt habe und weil es einfach tierisch Spaß macht, über die alten Zeiten nachzudenken und womöglich darüber zu diskutieren.

Da das Unternehmen schon über 16 Jahren existiert, passt die ganze Geschichte nicht in einen Artikel – er wird schlichtweg zu lang. Deswegen lege ich mal los, und, wenn es gut läuft, seht Ihr noch 2-3 ähnliche Artikel.

Pre-Ära

Die High Tech Computer Corporation wird im Jahr 1997 in Taiwan als Laptop-Hersteller gegründet. Dies bringt zunächst keinen großen Erfolg und zwingt das Unternehmen, einen anderen Weg zu finden. Auf der Suche nach einer eigenen Identität werden mehrere Ideen verworfen: Es wird versucht, eigene PDAs zu bauen, aber der gewünschte Durchbruch kommt mangels guter Software nicht. Zwar ruht im Unternehmen schon eine im Endeffekt richtige Idee, ein PDA (die Apple mit dem Newton erfand und mit denen Palm später großen Erfolg feierte) und ein Handy (die zu der Zeit immer mehr an der Bedeutung gewannen) zu vereinen. Die Realität ist aber bitter: Nur die wenigen Konzepte der größten Unternehmen wie das IBM Simon werden überhaupt kommerziell hergestellt, keins davon wird erfolgreich.

Und Du schämst dich dein Note 3 oder Max am Ohr zu halten?

Im Überlebenskampf schafft es HTC als ein OEM bzw. “behind-the-scene” Hersteller bis in das neue Jahrtausend. Schon zu Palm-Sized-PC-Zeiten lenkt HTC Blicke auf sich: Im Auftrag von Compaq baut das Unternehmen schon im Jahr 1998 den ersten Pocket PC mit farbigen Display, der unter dem Namen iPaq Aero ab Januar 1999 verkauft wird. Die dadurch entstandene enge Kooperation mit Microsoft krempelt den Werdegang von HTC um und macht dem jungen Unternehmen ein Angebot, das man nicht ablehnen kann.

Pocket PC-Zeit

„It usually takes Microsoft three or four times to do it right. This time, they really made the interface simpler“

Tim Bajarin zu Micorosoft Pocket PC OS.

Um die Situation besser zu verstehen, ist ein kurzer Exkurs in der Geschichte von Microsoft und dessen mobilem Betriebssystem vonnöten. Während Microsoft den PC-Markt zur Jahrtausendwende mit 90% Marktanteil schon erobert hat, erlangt die Firma auf dem rasch wachsenden Markt für Handhelds-PCs keinen Erfolg. Das aktuelle “Palm-Sized-PC”-Betriebssystem hat nicht den gewünschten Einschlag in die Masse erwirkt. Trotz der aggressiven Werbekampagne (inklusive Erscheinung eines PDAs in den James Bond Streifen) bleibt Palm mit eigenem Betriebssystem und über 70% des Marktes der Vorreiter. Der Grund liegt daran, dass die Oberfläche und der Kern des “Palm-Sized PC” sich dem normalen Windows 95 ähneln und somit nicht in bester Weise sich für den mobilen Einsatz eignen. Deswegen überarbeitet Microsoft die komplette Oberfläche und macht viele Tweaks unter der Haube des Systems. Somit entsteht das neue Betriebssystem Microsoft PocketPC, das im April 2000 in New York vorgestellt wird. Es beinhaltet den in sich komplett überarbeiteten Windows CE 3.0 Kern, neue Office-Anwendungen, eine erste Iteration des mobilen Outlooks und viele weitere Features.

HTC springt in diese rasende Lokomotive hinein und baut einen PDA für den alten Partner Compaq (hier über den Deal bei eeTimes nachlesen). So entsteht eines der erfolgreichsten Modelle jener Zeit: Das Compaq iPaq 3650. Das Gerät bekommt nur positive Kritiken (hier oder hier nachlesen) und beschert dem Compaq einen Marktanteil von ca. 40% in einem Jahr. Es besteht aus Metall, liegt gut in der Hand und hat ein Display mit 65.536 Farben (!). Zudem 32 Megabyte RAM und eine 200 MHz schnelle Intel StrongARM CPU.

iPaq 3650: Der Anfang der Erfolgsserie

Funfact : Intel hatte mit StrongARM und xScale die stärksten Positionen auf dem Markt für mobile CPUs und SoCs. Im 2006 verkaufte das Unternehmen diese Abteilung aber, weil man diese Richtung als „nicht rentabel“ einsah. Tja, da beißt sich jemand in den Arsch (hier über die Übernahme bei Geek.com nachlesen).

Im Jahr 2001 übernimmt Hewlett Packard den ansteigenden Konkurrenten Compaq, und HTC bekommt automatisch einen neuen, viel stärkeren Partner. Es folgt eine ganze Reihe von PocketPCs: Erstmal sehr teure Nachfolger der 36×0 Reihe, wie das h3850 (Review auf Deutsch bei Chip.de) oder das h5450 (der Testsieger bei Tomshardware.de in 2003), später aber auch billigere Variationen wie das HP iPaq 1910.

Durch Business-as-Usual am Anfang des 21 Milleniums bekommt HTC eine starke finanzielle Basis und macht sich einen Namen im Business. 2002 entscheidet sich HTC für den Börsengang und bekommt noch mehr finanzielle Kraft. Dies ermöglicht dem Unternehmen, nicht mehr nur im Auftrag zu arbeiten, sondern eigene Ideen im Lauf zu bringen. So beginnt die neue Ära: X-D-A.

XDA und so…

Im April 2002 startet der Verkauf des ersten erfolgreichen Smartphones mit einem Touchscreen. Der Name dieses Smartphones ist HTC Wallaby. Nur kennt fast keiner diesen Namen, weil HTC nicht komplett von der OEM-Schiene weggehen will und daher mit Netzanbietern kooperiert. Dafür ist der bekannteste offizielle Namen heute noch ein Begriff: o2 XDA. Es gab aber auch anderen Namen: Siemens SX56, Qtek 1010 (die Eigenmarke von HTC, überwiegend für den asiatischen Markt), T-Mobile MDA (oder auch PocketPC Phone für US-Markt). Schon ein paar Jahren später wird das Gerät als veraltet gelten, aber zur Erscheinung ist das der letzte Stand der Technik: Die Specs eines gewöhnlichen PDAs mit SIM-Slot, GPRS und einem schicken Antennenstummel – was will man mehr?

Und der Schönheitspreis der Handys geht an…
HTC Wallaby (nicht)

Funfact: Auf der “Investors”-Seite von HTC unter “Innovationen” steht: „Large 2.8″ TFT touch-screen LCD O2 XDA/T-Mobile Germany MDA/T-Mobile PPC Phone“

Traurig, wenn man eigene Geräte nicht mehr kennt. Das Gerät wird zum Verkaufsschlager unter Business-Kunden und Geeks. Es entstehen mehrere Communities unter Besitzern des Gerätes (die größte kennt Ihr ja, oder?). HTC bekommt erste Fans und Hater.

Parallel dazu kommt das HTC Canary auf den Markt – das Candy-Bar Handy mit dem neuen “Stinger”-Betriebssystem von Microsoft (Später in „Windows Mobile for Smartphones“ umbenannt). Das Handy ist zwar viel kompakter und langlebiger als der große “Bruder”, bleibt aber erfolglos, denn Nokia bringt zur gleichen Zeit das 7650 raus, das sofort zum Klassiker wird.

HTC Canary:
(K)ein Gegner für das erste Nokia s60 Smartphone 7650

Der Nachfolger vom Wallaby, das HTC Hurricane, stellt zwar keine Revolution dar, ist jedoch trotzdem bemerkenswert: Es ist das erste Smartphone mit Intels xScale-CPU, ist kleiner als der Vorgänger und hat eine extrem beschissene Kamera. Später wird es von der Community noch lange Jahre unterstützt, da der Bootloader offen ist und die Treiber öffentlich zugänglich sind. Somit ist es das erste Smartphone, das ein inoffizielles Update auf ein neues Betriebssystem bekam: Was heute dank CyanogenMod und dem Rest der Community üblich ist, war damals phänomenal.

Das 2004 erschienene XDA III oder HTC Buelangel ist das dritte Smartphone aus dieser Reihe und das erste Windows-Smartphone mit QWERTZ-Tastatur und einem WiFi-Modul. Das Handy wird wirklich legen….wartet, es kommt gleich…där. Mit der Zeit bewährt es sich als das langlebigste Smartphone: nach mehreren Windows-Mobile-Updates bekam es vor kurzem Android 2.3 von der XDA-Community verpasst (hier bei XDA-Developers nachlesen).

Das schwarze XDA III mit Android 2.3.
Take that, Google, with Your 18-Month Android Upgrade-Program.

Das Betriebssystem heißt mittlerweile „Windows Mobile 2003 Second Edition“ und feiert großen Erfolg auf dem Business-Markt. Im Konsumentenmarkt gibt es aber nicht viel zu verzeichnen: Microsoft “Stinger” und sein Nachfolger Windows Mobile Phone Edition haben nicht nur gegen Nokia und dem anmarschierenden Symbian S60 zu kämpfen, sondern auch gegen auf einmal viel “smartere” Handys wie das Sony Ericsson K700i oder das Samsung D500i.

SDA Music sollte ein iPod unter Handys werden. Nur ist es viel zu „smart“ gewesen, um Otto-Normal-Käufer zu reizen

Die Rückmeldung der Kunden zum Canary und “Stinger” zwingt HTC eine andere Lösung zu suchen. Man entscheidet sich eigene Schwächen zu bekämpfen, ohne Stärken wegzudrängen. So wird die neue Klasse der Smartphones erfunden: 2,8” Mini-PDA-Phone (-Super-Ultra-Mega-Geil).

So, meine Freunde, das wärs zum ersten Teil. Wenn Ihr ihn gut findet, und euch die Fortsetzung wünscht, werde ich mich anstrengen und weitermachen. Auf eine Rückmeldung freue ich mich! Ich hoffe, dass Euch das Lesen genauso viel Spaß gemacht hat, wie mir das Schreiben und Recherchieren.

Und jetzt ab in die Comments: Wie habt Ihr HTC zum ersten mal erlebt? Habt Ihr eine ganz besondere Marke?


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