Google plant Nutzerdaten-Plattform für Werbefirmen

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Wie die Zeit am heutigen Morgen unter Berufung auf das Fachmagazin Adage berichtet, plant Google eine Börse für Nutzerprofile namens DDP, in der Werbekunden sich individuell ihre Zielgruppen zusammenstellen können. Ein Thema welches ein gefundenes Fressen für alle Verschwörungstheoretiker ist, aber auf dem Werbemarkt bereits seit Längerem bei Facebook gängige Praxis. Der Nachtrag am Artikel der Zeit zeigt bereits, dass man etwas über das Ziel hinausgeschossen ist.

Im Grunde bietet solch eine Plattform die Möglichkeit, dass Werbekunden gezielter auswählen können, wer ihre Anzeigen sehen kann und wer nicht. Dies erhöht natürlich die Klickrate und auch die dahinterstehenden Verkäufe. Benutzerdefinierte Werbung auf höchstem Niveau, wie sie Facebook bereits von Haus aus anbietet. Will man beim blauen Konkurrenten Anzeigen schalten, kann zum Beispiel jeder Seitenbetreiber diese nur für Frauen in München im Altern von xyz anzeigen lassen.

Der Google-Sprecher Klaas Flechsig sagt dazu auf Google Plus:

Melde-Ente. Wir verkaufen keine Nutzerdaten oder -profile und werden das auch in Zukunft nicht tun. Richtig ist, dass wir zusammen mit anderen Werbenetzwerken an Initiativen arbeiten, das Datenmanagement von Interessenskategorien zu vereinfachen, indem die vorhandenen Daten aus verschiedenen Werbenetzwerken auf einer Plattform zusammengefasst werden. Davon profitieren nicht nur Werbetreibende, sondern auch die Nutzer selbst – die dann zum Beispiel an einer einzigen Stelle für alle Werbenetzwerke aus interessenbasierter Werbung ausopten könnten, statt dies in allen Netzwerken einzeln tun zu müssen. Noch einmal: Es geht NICHT um persönliche Nutzerdaten, sondern um Interessenskategorien. Die Headline ist schlichtweg falsch!

Das es nicht um einzelne bzw. „persönliche Nutzerdaten“ geht, hat wohl auch keiner vermutet (oder die Zeit etwa doch!?), eine Zielgruppen-Börse, in denen eine Masse an Nutzerdaten kombiniert wird, ist da wohl der bessere Ausdruck. Man hat somit die Absicht Webseitenbetreiber

[…] bei der Verwaltung ihrer Datenquellen zu unterstützen, um Werbekunden eine effizientere Verwendung zu ermöglichen und um Nutzern größere Kontrolle und Transparenz zu geben.

Die Pläne zu der neuen Plattform sollen angeblich bereits weit fortgeschritten sein. Verleger und Datenvermarkter sollen sogar bereits in der Lage sein, ihre Kundendaten dort hinterlegen zu können. Durch die Kombination verschiedener Google-Dienste, bei denen Bilder getaggt sowie mit GPS-Daten versehen werden, Routen gespeichert, soziale Profile ausgewertet und E-Mails analysiert werden, kann ein Werbetreibender besser als jemals zuvor seine Zielgruppe ansprechen.

Durch die DoubleClick-Cookies weiß Google wo wir surfen, durch unseren Google Plus-Stream wen wir kennen und was wir teilen, also was uns interessiert. Eine soziale Komponente, die das Werbesystem von Facebook so schnell wachsen lassen hat. Da alles in Echtzeit abläuft, erhalten die Werbekunden auch Echtzeit-Daten, die sich dann in den Anzeigen binnen Sekunden auswirken können.

Da wir uns hier in Deutschland befinden, gibt es noch bevor überhaupt etwas feststeht, kritische Gegenstimmen. So äußert sich zum Beispiel Gianfranco Walsh, Marketing-Professor von der Universität Koblenz-Landau, dass er davon ausgehe, dass solch ein Projekt mit dem deutschen Medien- und Datenschutzrecht nicht vereinbar wäre. Er bezieht sich dabei vor allem auf das Urheberrecht und stellt die Frage in den Raum:

Wem gehören die Daten in sozialen Netzwerken?

Theoretisch sind solche Gedankengänge und Kritikpunkte sicher nicht unberechtigt, aber wir wissen ja bereits von Facebook, wie so etwas in der Praxis ausschaut. Man wird von einem US-Dienst durch die Nutzungsbedingungen „gezwungen“ Verwertungsrechte einzuräumen, was zumindest in den USA auch von einigen Gerichten als lautere Praxis bewertet wird. In Deutschland dürfte sich solch eine Abtretung der Rechte nicht so einfach mit den Gesetzen vereinbaren lassen, aber am Ende wird niemand gezwungen entsprechende Dienste zu nutzen.

Google will im Gegensatz zu Facebook kein Exklusivrecht an den Daten seiner Nutzer, sondern bietet sogar Werkzeuge an, diese zu exportieren, um sie bei anderen Diensten wieder zu nutzen. Ein guter Schachzug, aber es ist ja nicht so, dass es bei Facebook über 750 Millionen-Nutzer so sehr stören würde, dass sie das Netzwerk aus diesem Grund meiden.

In den Google-Datenschutzbestimmungen heißt es dazu:

Darüber hinaus verwenden wir die gesammelten Daten zu folgenden Zwecken:

  • Bereitstellung, Aufrechterhaltung, Schutz und Verbesserung unserer Services, einschließlich der Werbeprogramme und der Entwicklung neuer Services und
  • Schutz der Rechte oder des Eigentums von Google oder unseren Nutzern.

Falls wir diese Informationen auf eine andere Art und Weise als für den Zweck, für den sie gesammelt wurden, verwenden, bitten wir Sie vor der Verwendung um Ihre Einwilligung.

Dies sollte im Grunde jedem Nutzer solcher Dienste klar sein, spätestens, wenn er mal einen Blick in die öffentlich zugänglichen Nutzungsbedingungen wirft. Fakt ist: Nutzerprofile werden von Google nicht direkt verkauft, eine Art Börse für Werbekunden, auf denen man seine Anzeigen gezielter schalten kann ist allerdings ein logischer Schritt und wohl auch der beste Weg, um solch ein Mammutprojekt wie Google Plus zu finanzieren.

Bei der ganzen Thematik sollte nicht vergessen werden, dass es ein Grundprinzip der Marktwirtschaft ist, Dinge bzw. in diesem Fall Dienste nicht zu „verschenken“. Eine solide Refinanzierung ist gerade im Fall von diversen Google-Diensten wichtig und wird wohl auch von vielen Nutzern gewünscht. Oder was meint ihr, wie viele Google-Nutzer es gäbe, wenn man in Mountain View Geld mit Premium-Accouns und nicht mit Werbung machen würde?


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