Kommentar: Hewlett-Packard stellt webOS ein

Kommentar

Eine spannende Woche liegt hinter uns und fing gleich mit zwei Highlights an: Erst übernahm Google für 12,5 Milliarden US-Dollar die Mobilfunksparte von Motorola und dann wurde nach wochenlangem Rätselraten endlich das Geheimnis um TabCo alias Fusion Garage gelüftet. Gestern Abend schoss dann aber Hawlett-Packard den Vogel ab und gab bekannt, dass man die Pläne für zukünftige Geräte mit webOS eingestellt hat. Nach den letzten Wochen, hätte wohl kaum einer damit gerechnet, zumindest noch nicht zum aktuellen Zeitpunkt.

Die Verkäufe des TouchPad lagen aber weit unter den Erwartungen und anscheinend kam man auch im Smartphone-Markt nicht weiter, obwohl dieser immer noch ein extremes Wachstum besitzt, teilen sich die neuen Marktanteile größtenteils Android und iOS. Das haben dieses Jahr viele Hersteller festgestellt, auch Microsoft konnte mit Windows Phone 7 nicht wirklich Punkten und ging daher eine Partnerschaft mit Nokia ein, die wiederum Symbian aufgegeben haben.

Doch Symbian soll erst 2016 eingestellt werden, HP sieht schon jetzt keine Zukunft mehr in den Geräten mit webOS und probiert es erst gar nicht. Eigentlich schade könnte man meinen, hat man nach der Übernahme von Palm doch noch groß getönt, dass man Apple in die Knie zwingen und ein besseres Ökosystem aufbauen will. Hat aber anscheinend nicht geklappt und daher gestern Abend dann die Nachricht, dass die Pläne für webOS eingestellt wurden. HP hat versagt, doch dazu später mehr.

Nach Symbian also webOS, das macht es in diesem Jahr für Apple und Google noch leichter. Selbst der weltweit größte Mobilfunkhersteller Nokia probiert es mit seinem hochgelobten MeeGo erst gar nicht, einziger Konkurrent könnte da im nächsten Jahr vielleicht Microsoft mit seinen Partnern sein, der Deal mit Nokia ist aber auch keine Garantie für Erfolg.

Und dann gibt es da auch noch RIM, die bisher vor allem in den USA großen Erfolg hatten und mittlerweile ebenfalls Probleme mit dem enormen Wachstum von Android und iOS haben, auch Research In Motion wird noch große Schwierigkeiten bekommen. Ich gehe fest davon aus, und das ist nur eine Vermutung, dass RIM in einem Jahr auch eine größere Veränderung durchgemacht hat.

Der Markt ist lukrativ, es kommt aber schon lange nicht mehr darauf an ein gutes Gerät oder ein gutes OS auf dem Markt zu haben, es ist ein Zusammenspiel von mehreren Punkten wie einer Entwicklergemeinschaft und der Symbiose von mehreren Geräten. Dieses Jahr hat das Wort Ökosystem dank Stephen Elop, CEO von Nokia, stark an Bedeutung gewonnen.

„To make this investment a financial success would require significant investments over the next one to two years, creating risk without clear returns. Therefore we have decided to shut down operations around webOS devices and will be exploring strategic alternatives to optimize the value of the software platform and development capability.” Cathie Lesjak, HP CFO (via)

HP konnte sich ein solches nicht aufbauen und das liegt erstaunlicherweise an der Hardware, denn webOS hat man große Chancen zugesprochen. HP hat es aber anscheinend als weltweit größter PC-Hersteller nicht geschafft, auch ein entsprechendes Portfolio an Geräten auf den Markt zu bringen. Die Produktion von PCs will man Gerüchten zufolge übrigens auch abstoßen und sich nur noch auf Software konzentrieren, viele sprechen von einem Wandel, wie ihn IBM durchgemacht hat.

Warum ist webOS also genau gescheitert? Ich weiß es nicht, denke aber es liegt an der Hardware. Wenn man im Sommer 2011 ein Gerät (TouchPad) auf den Markt bringt, welches Apple in der Form schon vor einem Jahr draußen hatte und dessen Nachfolger sogar unterlegen ist, dann muss man beim Preis punkten. Hat HP aber nicht, ein TouchPad kostete zum Start so viel, wie ein iPad 2. Und die Bemühungen von HP haben sich in Grenzen gehalten, da hätte man wesentlich mehr für die Entwickler machen können, hier hätte man ein paar Risiken eingehen müssen. Auch wenn sich das in der Zukunft vielleicht wieder ändert, im Moment zählt neben dem Produkt auch das App-Angebot.

Developers […] “Apple is first in my mind, Google is second, and I don’t have time for #3, but if I do, looks like Microsoft has the best future.” Robert Scoble (via)

Doch das erste Tablet ist zum Lernen da, das mussten andere auch schon feststellen, das Problem bei HP lag vor allem auch bei den Smartphones. Warum hat man so weiter gemacht wie Palm? Der Pre war anscheinend nicht sonderlich erfolgreich, wieso dann daran festhalten und das Teil in zig Formen auf den Markt werfen? Ich hatte die Hoffnung, dass uns HP ein webOS-Smartphone in der Form eines iPhone (oder Galaxy S, etc.) präsentiert, denn der Formfaktor des Pre/Veer gefällt nicht jedem und ich für meinen Teil kann sagen, dass ich allein deswegen niemals lange einen webOS-Smartphone genutzt habe.

Ein gutes webOS-Smartphone mit aktueller Hardware, mehr Bemühungen um die Entwickler und am Anfang nicht gleich in der oberen Preisliga mitspielen, anders kann man keine Marktanteile gewinnen – Ausnahmen bestätigen die Regel. Hat man diese Geräte auf dem Markt, dann bringt man ein zweites TouchPad raus, schlanker, leichter und preislich billiger als das iPad. Das sind natürlich nur Vermutungen und ich bin kein Manager, doch das wäre vielleicht eine Option für HP gewesen.

Es bleibt also: Ein OS, dem man mit etwas Zeit und Investitionen von HP (das Geld ist schließlich da) eine große Zukunft zugesprochen hat und dazu ein schlechtes Hardware-Lineup, dass dessen Erfolg wiederum verhindert hat. Statt einen Schritt weiter zu gehen, hat man gestern Abend beschlossen, dass man aufgibt und es gar nicht erst versucht. Die Konkurrenz wird es freuen, wieder einer weniger auf dem Markt.

Doch wie geht es weiter mit webOS? Eine genaue Antwort ist uns Hawlett-Packard noch schuldig, aber auch wenn man keine Geräte mehr mit dem OS vertreiben möchte, beerdigen will man es noch nicht.  Möglich wäre auch eine Lizenzierung an andere Hersteller, vielleicht eine Alternative für Windows Phone 7 oder gar Open Source als Konkurrenz zu Android? Im Moment Wunschdenken von vielen, es wäre aber schade, wenn 2011 das letzte Jahr mit einem neuen webOS-Produkt auf dem Markt ist.

(Bildquelle)


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