Nokia: Passt ein Android-Smartphone in das Windows-Lineup?

Hardware

Nokia hat auf dem Mobile World Congress die Bombe platzen lassen und nicht nur ein neues Android-Smartphone, sondern direkt ein ganzes Lineup gezeigt. Doch wie passt das neue X-Lineup überhaupt in das Portfolio von Nokia?

Stephen Elop, der sich übrigens in Zukunft bei Microsoft um die Hardware kümmern wird, durfte gestern noch mal als Kopf von Nokia ran und auch wenn er die Rolle des CEO schon längst abgegeben hatte, so durfte es das erste Android-Smartphone der Finnen präsentieren. Das Nokia X, gefolgt vom Nokia X+ mit mehr Speicher und dem Nokia XL mit mehr Display, wird also definitiv auf den Markt kommen. Es stellt sich nun die große Frage, wie so ein Androide in das Windows-Lineup von Nokia passt.

Direkt im Anschluss an die Präsentation war man bei beiden Lagern sichtlich bemüht für Aufklärung zu sorgen. Microsoft veröffentlichte einen offiziellen Blog-Post und bei Nokia stürzte sich Stephen Elop in zahlreiche Interviews. Die Präsentation des Nokia X sorgte für Verwirrung und viele Fragen und diese wollte man so schnell wie möglich beantworten. Dieser Schritt, so möchte man es uns verkaufen, passt wohl sehr gut in die aktuelle Strategie von Microsoft, die Nokias Mobilfunksparte bald übernehmen.

Android als Zwischenschritt

Zum einen muss man glaube ich deutlich machen, dass es sich hier um kein Gerät in der High-End-Klasse handelt. Dem eigenen Lumia-Portfolio macht man also keine Konkurrenz. Ich bin mir sicher, dass sich X-Reihe und Lumia-Serie beim Preis niemals überschneiden werden. Als nächstes muss man anmerken, dass Nokia hier auf ein Android setzt, das eigentlich nichts mehr mit Android zu tun hat. Die Oberfläche ist so sehr angepasst, dass es auf den ersten Blick wie ein Windows Phone aussieht.

Nokia möchte die Entwicklergemeinde wohl auch nicht mit Google und den restlichen Android-Herstellern teilen. Auf dem Mobile World Congress ist man sichtlich bemüht sich von diesen abzugrenzen. Es ist ok, wenn man für den Play Store entwickelt, doch dieser wird nie ein Teil von Nokia. Also muss man diese überzeugen, dass sie ihre Apps auch für das Nokia X portieren. All zu schwer ist das zwar nicht, aber noch hat Nokia kein einziges Modell verkauft. Die Grundlage könnte also deutlich besser sein.

Doch glaubt man Nokia, dann ist das Nokia X nur ein Zwischenschritt. Man kann zum aktuellen Zeitpunkt einfach noch kein Gerät in dieser Preisklasse mit Windows Phone anbieten. Android ist also die bittere Pille, die man wohl oder übel schlucken muss, wenn man eine große Auswahl an Applikationen und Spielen in einem Smartphone für weniger als 100 Euro haben möchte. Nokia hat sich hier immerhin sichtlich Mühe gegeben, dass das Nokia X nicht nach Google, sondern nach Lumia aussieht.

Vorteil für Microsoft-Dienste

Man erhofft sich von diesem Schritt allerdings noch mehr. Dieses Gerät kommt ohne die Dienste von Google daher. Nutzer sollen im besten Fall Dienste von Microsoft und Nokia nutzen. Statt Google Maps heißt das also Here Maps, statt Google Drive gibt es OneDrive, und so weiter. Beide Unternehmen interagieren immer noch getrennt, die Übernahme soll übrigens noch in Q1 2014 über die Bühne gehen, und trotzdem ist man bei Microsoft irgendwie mit dem Schritt von Nokia einverstanden. Man kann zumindest nichts dagegen machen. Trotzdem stellt man im Blog ganz deutlich klar:

Finally, our primary smartphone strategy remains Windows Phone, and our core device platform for developers is the Windows platform.

Es ist ein verdammt schmaler Grat, auf dem man sich hier bewegt. Auf der einen Seite will man ein erfolgreiches X-Lineup, auf der anderen Seite darf dieses aber nicht zu populär werden. Immerhin will man in ein paar Monaten auch Lumia-Smartphones in dieser Preiskategorie verkaufen. Android ohne Google hin oder her, aber Windows Phone ist und bleibt für Microsoft immer noch die beste Wahl. Und das Nokia X ist ein riskanter Schritt, der auf lange Sicht auch ein zu einem Nachteil werden könnte.

Ein Blick in die Zukunft

Warum werden könnte? In ein paar Wochen hat man selbst das Ruder in der Hand. Hätte man die Entwicklung Nokia überlassen, wäre das Risiko groß gewesen, dass die Finnen es vielleicht auch mal mit einem Androiden in der oberen Region versuchen. Bei entsprechendem Erfolg des Nokia X ist es ein leichter Schritt das OS auch an eine bessere Hardware anzupassen. Soweit wird es aber denke ich nicht mehr kommen.

Das Nokia X passt momentan also so irgendwie in das Lineup von Nokia. Auf lange Sicht gesehen passt es aber nicht in das Lineup von Microsoft. Ich denke die aktuelle Euphorie wird daher nicht lange anhalten und Microsoft wird alles dafür tun, damit man in Zukunft komplett auf Android verzichten kann. Ich bin jetzt mal gespannt, wie viele Geräte des Nokia X man in den kommenden Monaten auch verkaufen wird.

Kurzfassung: Nokia wollte ein Smartphone für unter 100 Euro anbieten. Microsoft konnte Windows Phone nicht schnell genug anpassen. Nokia entschied sich also für Android, allerdings ohne Google-Dienste und dafür mit Microsoft-Diensten. Das ist im Moment ein kluger Schachzug. Wäre es auf lange Sicht auch für Nokia gewesen. Doch für Microsoft kann das auf lange Sicht auch ein Nachteil sein, da, sofern das Nokia X erfolgreich ist, immer weniger Entwickler ein Interesse an Windows Phone haben.


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