Ich bin den Polestar 2 jetzt schon sehr häufig im Alltag gefahren, im Dezember war ich sogar fast einen Monat damit unterwegs. Bisher war das aber immer die beste Version des Elektroautos, die auf über 400 PS kommt. Doch wie ist die „Mitte“?
Der Polestar 2 startet bei etwa 45.000 Euro, das ist die Basis mit dem kleinen Akku. Zwischen der Version mit über 400 PS und Basis gibt es aber noch ein Modell, die „Long Range Single Motor“-Version. Und die habe ich mir im Alltag angeschaut.
Die kostet im Konfigurator 3.200 Euro Aufpreis und bringt einen 78 kWh statt 69 kWh großen Akku mit. Laut Polestar reicht das für eine WLTP-Reichweite von 510 bis 540 km, was zwar noch kein Tesla-Level (600+ km), aber sehr ordentlich ist.
Der ausschlaggebende Grund für den Test war übrigens ein Beitrag zu Android Automotive, das Video binde ich euch hier mal ein. Auf den Polestar 2 gehe ich jetzt aber nicht im Detail ein, hier soll es nur um die Meinung dieser Version gehen.
Der Polestar 2 Long Range Single Motor
- Über 500 km WLTP-Reichweite sind keine 500 km reale Reichweite, das haben wir mittlerweile alle gelernt. Der Polestar 2 hatte schon einige Kilometer auf dem Buckel und war vollgeladen bei 430 km, was hinkommt. Je nach Fahrweise bin ich etwa 400 km weit gekommen. Das sind fast 100 km weniger, als in meinem Test mit dem Tesla Model 3 Long Range, aber der Polestar 2 bietet andere Vorteile (Verarbeitung und Fahrverhalten).
- Beim Laden sprechen wir über die üblichen 150 kW, da muss man also keine Abstriche im Vergleich zum großen Bruder machen. Die Ladekurve ist aber nicht so optimal bei Polestar, da fällt die Leistung auch bei guten Bedingungen recht früh auf unter 100 kW ab und zu. Das habe ich ja in meinem letzten Beitrag ausführlicher beschrieben. Und über AC wird nur mit 11 kW geladen, da würde ich in dieser Preisklasse so langsam gerne die 22 kW als Standard sehen.
- Die Beschleunigung mit 170 kW (230 PS) und 330 Nm Drehmoment ist okay, die 7,4 Sekunden von 0 auf 100 km/h reichen auch aus, aber mir wäre das in diesem Fall zu wenig, denn der Polestar 2 sieht sehr sportlich aus. Zu sportlich für weniger als 250 PS. Die Basis des Tesla Model 3 kommt übrigens auf etwa 300 PS und die hätte ich hier auch gerne gesehen. Der Polestar 2 orientiert sich optisch eher am Tesla Model 3, die Leistung ist aber eher mit einem VW ID.3 vergleichbar.
- Das spürt man dann auch auf der Autobahn, denn bei 160 km/h ist Schluss. Die stärkere Version von Polestar knackt die 200 km/h. Das müsste nicht zwingend sein, aber die Volvo-typischen 180 km/h hätte ich hier schon gerne gesehen. Wie gesagt, Polestar sollte sich nicht an Modellen wie dem VW ID.3, sondern sportlicheren Autos orientieren, das ist ja auch deren Marketing.
- Womit wir beim nächsten Punkt sind, nämlich dem Fahrverhalten als sportliche Marke. Die Basisversion ist natürlich nicht so sportlich wie die stärkere Version und man spürt den Unterschied zum Performance-Paket, aber damit habe ich gerechnet. Was mich mehr stört: Es ist ein Frontantrieb. Bei sportlichen Autos macht ein Heckantrieb wesentlich mehr Spaß, das ist für mich mit Blick auf die Marke fast schon der größte Kritikpunkt.
Meine Meinung zum Polestar 2
Ich mag den Polestar 2, sehr sogar. Man spürt zwar die Verbrenner-Plattform und das ist beim Platz im Innenraum nicht so optimal, wie bei Tesla im Model 3 und die Reichweite ist schlechter, aber man spürt auch, woher die Marke Polestar kommt.
Der Unterschied zwischen einem Tesla Model 3 Performance und Polestar 2 mit Performance-Paket ist gewaltig. Das Model 3 kommt zwar etwas schneller vom Fleck, aber der Polestar 2 liegt viel besser auf der Straße. Da merkt man, dass nicht nur die reine Leistung, sondern auch Fahrwerk und Co. eine große Rolle spielen.
Doch das Image kommt bei dieser Version leider nicht rüber. Der Verbrauch und die Reichweite sind okay, vor allem im Vergleich mit anderen Marken (muss ja nicht immer Tesla sein), aber das „sportliche Image“ kam bei mir nicht wirklich rüber.
Der Frontantrieb macht weniger Spaß in den Kurven, die Beschleunigung ist eher okay und auf der Autobahn muss man häufig Platz machen, obwohl man spürt, dass genug Power für mehr als 160 km/h da wäre. Und der Polestar 2 fährt sich bei dieser Geschwindigkeit im Vergleich zu einem Tesla Model 3 eben noch angenehm.
Ich würde tatsächlich einen Bogen um diese Version machen und die Dual-Motor-Version wählen. Wenn ich schon so viel Geld für ein Auto ausgebe, würde ich nicht auf 6.000 Euro achten und das Performance-Paket dazubuchen, das spürt man.
Fast 12.000 Euro sind sehr viel Geld, aber wir sprechen eben über ein Auto, was über 50.000 Euro kostet, da relativiert sich dieser Aufpreis und man bekommt eine Version, die deutlich mehr Spaß macht. Ich vermute, dass es diese Abstriche gibt, da die Reichweite bei Polestar noch nicht so optimal ist, aber es ist eben schade.
Das ist nur meine Meinung dazu, ihr dürft das gerne anders sehen. Der Polestar 2 ist ein tolles Elektroauto, aber die mittlere Version passt nicht ganz ins Konzept.