Rennspiel für Blinde in Entwicklung: Macht es besser

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Zwei junge Programmierer aus Österreich entwickeln aktuell ein Rennspiel für Blinde. Es soll ab Herbst in die App Stores kommen. Gespielt wird nach Gehör auf verschiedenen Rennstrecken.

Spiele für Blinde, gleich ob am PC, Mac oder Smartphone sind kein neues Phänomen und längst nicht so rar, wie die Entwickler von Beat the Track in ihrem Interview mit dem österreichischen Standard angeben. Tatsächlich ist die Auswahl umfassend, doch der Markt unterscheidet sich in einigen Punkten deutlich vom Mainstream.

Stefan Kieleithner und Moritz Kubesch sind die Entwickler von Beat the Track, einem mobilen Rennspiel. Es befindet sich aktuell noch in der Entwicklung und Testphase, ein Release ist für Herbst geplant. Wie die Entwickler in einem Interview ausführen, soll der Spieler ein ähnlich vielseitiges und dynamisches Spielerlebnis wie Spieler von Mainstream-Apps erhalten. Gesammelte Race-Points können für bessere Autos und Reifen eingetauscht werden, es stehen verschiedene Tracks zur Auswahl.

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Gameplay ist der Knackpunkt

Die Steuerung bei Beat the Track erfolgt über die Bewegungssensoren des Smartphones, was grundsätzlich positiv ist. Gelenkt, beschleunigt und gebremst werden soll über das Kippen und Neigen des Smartphones, Akustik und Hintergrund geben Auskunft über Geschwindigkeit und Streckenverlauf.

Dies ist ein übliches Verfahren bei akustischen Rennspielen und kann teils auch bei Mainstream-Race-Apps beobachtet werden. Gute Spieler können manche Strecken in visuellen Spielen auch passagenweise blind fahren, wenn es sich um strukturiertere Streckenverläufe und keine Crash-Rennen auf den Straßen der Stadt handelt.

Auswahl existiert bereits

So klein wie die Entwickler im Interview betonen, ist die Auswahl für blinde Spieler nicht. Tatsächlich zeigt schon der erste Blick in ein einschlägiges Verzeichnis, dass es hunderte Titel der verschiedensten Kategorien gibt. Es sind jedoch einige Unterschiede zu beachten:

Einerseits ist ein großer Teil der verfügbaren Titel in der Kategorie Quizz, Rätsel und Rollenspiele angesiedelt. Wer hieran Spaß findet und fließend englisch kann, das entsprechende kulturelle Wissen eingeschlossen, kann nahezu ewig spielen. Hier kommt regelmäßig Nachschub, sowohl an neuen Titeln, Titeln mit angepasster Accessibility, als auch Updates bestehender Titel.

Auch an Shootern und Rennspielen gibt es einiges. Hier ist allerdings ein deutliches Gefälle zugunsten von Windows zu beobachten. Titel wie Top Speed 3 unterstützen schon seit Jahren Joysticks und Lenkräder und haben eine aktive Community, die bereits diverse zusätzliche Autos und Strecken entwickelt hat.

Auch Kriegsspiele mit komplexen Maps wie Tank Commander gab es bereits vor zehn Jahren. Wer diese Titel mit einer 5.1-Anlage spielt, fühlt sich unweigerlich selbst in ein Kriegsgebiet versetzt und möchte spätestens nach einem direkten Granatentreffer schreiend davonlaufen.

Es kommt auf die Plattform an

Mac-User schauen hier jedoch meist in die Röhre und dürften recht bald in die Parallelinstallation getrieben werden. Am Smartphone ist die Auswahl wirklich actionreicher Titel tatsächlich überschaubar. Zudem ist am Mobilgerät häufig eine beklagenswert schlechte Spielmechanik zu beobachten.

Bedienung und Steuerung sind oft extrem unintuitiv und kaum durchschaubar, obwohl Entwickler nur auf die integrierte VoiceOver-Funktion zurückgreifen müssten und ganz normale Screens und Menüs schreiben könnten, werden hier oft völlig unverständliche Bedienschritte verlangt. Prompts können teils nicht übersprungen oder es müssen akrobatische Gesten zum Auswählen von Menüpunkten und Spielelementen benutzt werden.

Dass es auch anders geht, zeigen Titel wie The Zombie oder Audiodefense. Viele Titel entstehen an Universitäten oder im Rahmen von Showcase-Prozessen diverser Forschungs- und Bildungseinrichtungen, das sind in der Regel die, die den geringsten Spielspaß aufweisen. Andere werden von kleinen und kleinsten Studios entwickelt und erhalten häufig keine Updates mit neuen Welten oder Gegnern, sind jedoch jeden Cent wert.

Gemeinsam spielen

Viele Spiele für Blinde kommen gänzlich ohne grafische Oberfläche daher. Was zunächst folgerichtig scheint, ist es auf den zweiten Blick nicht. Da nicht blinde Spieler kaum das adaptierte Gameplay lernen wollen, sind gemeinsam nutzbare Spiele gefragt. Das erfordert entweder die Adaption bereits bestehender Titel, sodass sie von Blinden spielbar sind, so etwa geschehen bei Quake und der Erweiterung AudioQuake, oder die duale Entwicklung eines Spiels für beide Zielgruppen.

Hier zu nennen wäre etwa Nebula, ein simpler Space-Arcade-Titel. Er ist für iOS erschienen und ermöglicht das Spielen gegeneinander. Updates erhielt er nie, kann aber als Demonstration einer erfolgreichen Umsetzung gesehen werden.

Daneben gibt es Titel, die mit dem akustischen Element spielen. Einige davon sind von Anfang an oder nachträglich so gestaltet worden, dass sie auch buchstäblich blind spielbar sind. Das Ergebnis ist Geschmackssache. Sie funktionieren zumeist wie vorgesehen, wer aber gerne Autos und Schiffe zu Bruch fährt respektive fliegt und hören möchte das Blut fließt, wenn Blut fließt oder dass Knochen brechen, wenn Knochen brechen, ist hier falsch.

Wie sich Beat the Track im Praxiseinsatz macht, wird sich im Herbst zeigen müssen.


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