DSS: Revolution im Mobilfunknetz dank Dynamic Spectrum Sharing

Samsung Galaxy Note 10 5g Netz

Während im Jahr 2019 nur wenige teure High-End-Smartphones mit 5G ausgestattet waren, gehört 5G im Jahr 2020 bereits zum Standard bei Top-Smartphones und auch in der Mittelklasse ist der neue Mobilfunkstandard bereits angekommen, wie das rund 350 Euro teure Xiaomi Mi 10 Lite zeigt.

Doch ein Problem gibt es aktuell noch: Das 5G-Symbol bekommen Nutzer bislang nur äußerst selten im Display zu sehen, 5G-Netze sind kaum ausgebaut.

Das wird sich in Kürze radikal ändern. Grund dafür ist eine neue Technologie namens DSS (Dynamic Spectrum Sharing).

5g Sendemast Telekom N78

5G-Sendemast der Telekom mit Antennen für Band n78.

DSS ermöglicht LTE und 5G im gleichen Band

Wollte ein Mobilfunknetzbetreiber eine neue Mobilfunkgeneration einführen, so ging dies nur, indem entweder neues, zusätzliches Funkspektrum eingesetzt wurde oder indem bestehendes Funkspektrum umgewidmet wurde („refarming“, vgl. 3G-Abschaltung).

Neues Funkspektrum ist natürlicherweise begrenzt und zudem extrem teuer. Bestehendes Spektrum wird dagegen meist noch von älteren Endgeräten benötigt, sodass man bestehenden Netzen Kapazität entnimmt, wenn man dieses einer neuen Technologie zuweist.

Mit Dynamic Spectrum Sharing (DSS) ist es erstmals möglich, zwei Funkstandards im gleichen Spektrum zu nutzen, nämlich LTE und 5G. Das Netz erkennt, welche Funkstandards die in der Funkzelle eingebuchten Endgeräte beherrschen und weist entsprechend die Kapazitäten zu.

Für die Netzbetreiber ist das sehr verlockend, denn sie können sehr schnell, einfach und kostengünstig eine nahezu flächendeckende 5G-Netzabdeckung realisieren, ohne nennenswerte Kapazitäten aus dem bestehenden 4G-Netz entfernen zu müssen. Durch den DSS-Ausbau profitieren also sowohl alte 4G-only Smartphones als auch neue 5G-Endgeräte.

Vodafone DSS Infografik. Bild: Vodafone.

Vodafone DSS Infografik. Bild: Vodafone.

Die Deutschen Mobilfunknetzbetreiber wollen DSS im großen Maßstab einsetzen. Die Telekom möchte bis Ende des Jahres 2020 rund 40 Millionen Menschen mit einem 5G-Netz versorgen. Dafür soll DSS im Band 1 / n1  (2.100 MHz) eingesetzt werden, welches bislang für 3G genutzt wurde. Vodafone setzt für DSS auf das Band 28 / n28 (700 MHz), welches eine sehr große Reichweite ermöglicht.

5G via DSS: Alles nur Marketing?!

Nun werden im Laufe der nächsten Monate die stolzen Besitzer nagelneuer 5G-Smartphones plötzlich das 5G-Symbol im Display entdecken. Doch welche Vorteile sind damit verbunden? Um es kurzzumachen: derzeit quasi gar keine. Es ist alles nur Marketing. Würden die Netzbetreiber statt DSS mit LTE/5G reines LTE einsetzen, so wäre die maximal erreichbare Geschwindigkeit sogar höher!

Der gleichzeitige Betrieb von LTE und 5G benötigt Kapazitäten in der Funkzelle. In einer 10 MHz breiten LTE-Zelle werden etwa 15 % für die Signalisierung benötigt, 85 % verbleiben also für den Datenverkehr. 5G benötigt allerdings ebenfalls 15 % für die Signalisierung, sodass mit DSS letztlich nur 70 % des Kanals für Nutzerdaten zur Verfügung stehen.

5g Symbol Samsung Note 10

5G-Symbol im Display des Samsung Galaxy Note 10.

Da 5G im Non-Standalone-Betrieb (also ohne 5G Kernnetz) keinerlei Vorteile gegenüber LTE bietet, wäre ein reiner LTE-Betrieb effizienter. Erst im Standalone-Betrieb und im Zusammenspiel mit einem 5G Core könnten weitere Vorteile wie etwa geringere Latenzzeiten zum Tragen kommen.

Übrigens: Die Geschwindigkeiten werden mit 5G im Band n1 (Telekom) bzw. im Band n28 (Vodafone) fast schon enttäuschend gering sein. Bislang wurde 5G mit Gigabit-Geschwindigkeit assoziiert und im Frequenzband um 3,6 GHz (Band n78) sind Datenraten von weit über 1 GBit/s auch problemlos erreichbar, da hier mehr Funkspektrum zur Verfügung steht.

5G Speedtest mit einem Xiaomi Mi Mix 3 5G.

5G Speedtest mit einem Xiaomi Mi Mix 3 5G.

Keine neuen Endgeräte notwendig

Da DSS eine Technologie ist, welche ausschließlich im Mobilfunknetz und nicht im Endgerät integriert wird, sind keine neuen Endgeräte notwendig. Auch ältere LTE-Smartphones werden davon profitieren, wenn die Netzbetreiber Funkspektrum im DSS-Betrieb nutzen. So werden Telekom- und Vodafone-Kunden im Laufe des Jahres höhere LTE-Geschwindigkeiten erreichen können, da ihnen zusätzliches Funkspektrum zur Verfügung gestellt wird.

Wichtig ist nur, dass das Endgerät grundsätzlich die für DSS verwendeten Frequenzen unterstützt. Für LTE sind das aktuell die Bänder 1 (Telekom) und 28 (Vodafone), für 5G-Smartphones sind das die Bänder n1 bzw. n28. Insbesondere ältere 5G-Smartphones oder Geräte aus Asia-Shops bieten oft keine Unterstützung für diese 5G-Bänder, daher sollte man das Datenblatt genau studieren.

Vodafone 5G Sendemast.

Vodafone 5G Sendemast.

Fazit: Revolution im Mobilfunknetz

Wenn DSS doch aktuell keine Vorteile für den Kunden bietet, warum wird es dann eingeführt? Ganz einfach: Für die Netzbetreiber ist DSS extrem interessant. Sie können einerseits mit einer sehr guten 5G-Netzabdeckung werben und andererseits im gleichen Schritt die Kapazität im LTE-Netz erhöhen.

Gäbe es DSS nicht, so hätten Vodafone und Telekom zum Beispiel vor der Wahl gestanden, ob sie das Funkspektrum in Band 1 / 28 LTE zuweisen oder ob sie den wenigen Kunden mit 5G-fähigem Endgerät eine 5G Basis-Versorgung ermöglichen.

Ein weiterer Vorteil ist, dass ganz nebenbei mit dem DSS-Betrieb auch die 5G-Versorgungsauflagen der Bundesnetzagentur erfüllt werden können. DSS ist also wirklich eine Revolution im Mobilfunknetz.


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