Als ich den Testwagen für den Nio EL6 einplante, da wusste ich noch nicht, wie praktisch dieser tatsächlich sein wird, denn er war perfekt für meinen Umzug vor ein paar Tagen geeignet. Es ist ein großer Elektro-SUV, aber mit sehr viel Platz.
Vorgestellt wurde der Nio EL6 vor etwas mehr als einem Jahr in China, er wird aber seit Herbst letzten Jahres auch bei uns verkauft. Ich wollte ihn mir schon früher anschauen, doch Geburt und Langzeit-Test des Polestar 2 änderten diesen Plan.
Nio EL6 kommt auf über 400 km Reichweite
Doch so wurde der Nio EL6 mit seinen 4,85 Metern zum Umzugsauto und es war auch von Vorteil, dass bei mir der große Akku für 529 km Reichweite verbaut war. Das ist nicht die reale Reichweite, aber man kann die 400 km sehr gut knacken.
Falls man sich nicht für 200 km/h auf der Autobahn entscheidet, dann steigt der Verbrauch extrem, aber bei 360 kW (ca. 490 PS) im Sportmodus mit zwei Motoren sollte das einen nicht wundern. Über 300 km sind damit aber auch gut möglich.
Bei der Verarbeitung muss sich Nio nicht hinter Audi, BMW, Mercedes und Co. verstecken, das ist Premiumqualität auf ganzer Linie. Bei Mercedes sollte man mit Blick auf die EQ-Modelle vielleicht sogar lieber mal einen Nio fahren, aber das ist ein anderes Thema. Nio ist eine Premiummarke, sie erfüllt diesen Anspruch aber.
Worüber sprechen wir hier also? Ziemlich genau 80.000 Euro mit Akku. Man kann den Akku auch mieten, dann sind es 21.000 Euro weniger. Mietet man, dann kann man die Akkkutauschstationen von Nio nutzen, von denen ich keine hier habe.
Falls ihr auch keine bei euch in der Nähe habt, dann ist es noch interessant, dass man den 100 kWh großen Akku mit bis zu 180 kW laden kann, wobei man das eher selten sieht, es sind oft unter 150 kW. Ein 800 Volt-System gibt es also nicht, was mit Blick auf kommende Plattformen von Audi oder BMW doch eine Schwäche ist.
An der Wallbox bekommt man 11 kW und ich bleibe dabei, ab 50.000 Euro und vor allem bei solch gigantischen Akkus will ich 22 kW als Standard sehen. Ich habe zwar jetzt eine Wallbox daheim und konnte den EL6 bequem über Nacht laden, bevor ich eine Woche fast jeden Tag 300 km fahren musste, aber das zählt nicht.
An einer normalen AC-Ladesäule in der Stadt macht es einen Unterschied, ob es 11 kW oder 22 kW gibt. Und wir sprechen hier eben über ein sehr teures Elektroauto.
Nio EL6 bietet ein sehr gutes Platzangebot
Doch als Auto selbst hat mich der SUV in den zwei Wochen überzeugt, es ist sehr bequem, das Fahrwerk ist voll auf Komfort ausgelegt, aber man kann auch mal ein paar Meter einen schnellen Sprint zurücklegen. Der Nio EL6 fährt sich aber, selbst im Sportmodus, nicht sportlich, das ist ein bequemer und großer Familien-SUV.
Ich habe den EL6 wie gesagt während der Umzugsphase genutzt und da waren die 1.430 Liter mit umgelegter Rückbank extrem hilfreich, denn es gibt nicht nur viel Platz, dieser ist auch gut aufgebaut. Hin und wieder war ich selbst erstaunt, wie viel man in dieses Auto bekommt. Und wie bequem man vorne dennoch sitzen kann.
Und mit 1,90 Metern bin ich jetzt wahrlich keine kleine Person.
Tolles Auto für diese Zwecke, auch für Familien, die viel im Kofferraum mitnehmen wollen. Gute Verarbeitung, angenehmes Fahren, eine wie ich finde schöne Optik, ein guter Assistent mit Nomi, aber es bleibt für mich bei einer alten Schwäche.
Zum einen hat es Nio nicht leicht, da man gegen BMW, Audi oder Mercedes gegen ein bekanntes Image ankämpft. Doch die Software bleibt auch ein Kritikpunkt.
Die Software selbst ist dabei nicht das Problem, die ist schnell und gut aufgebaut, sie erinnert an Tesla und muss sich nicht dahinter verstecken. Und es gibt auch Spotify und ein paar Apps. Aber das Angebot an Diensten ist sehr überschaubar.
Ihr nutzt Apple Music? Gibt es nicht. Ihr wollt einen anderen Anbieter für das Navi, weil die integrierte Version nicht die beste Lösung für Staus ist? Geht nicht. Die Software selbst ist schön und schnell, aber das Angebot an Diensten ist zu klein.
Und Nio möchte auch an anderer Stelle wie Tesla sein, denn es gibt kein Apple CarPlay und kein Android Auto. Ich nutze zwar Spotify, musste aber während der Testphase auf einige Dienste von mir verzichten. Hätte man eine Auswahl an Apps wie Tesla, würde das vielleicht anders aussehen, aber diese hat Nio bis heute nicht.
Ich verstehe also nicht, warum man nicht den Weg von anderen Marken geht und zu dieser guten Software-Basis einfach Apple CarPlay und Android Auto einbaut.
Es mag für einige übertrieben klingen, aber eine gute Software ist für mich genauso wichtig wie die Verarbeitung, Leistung und Co. im Auto. Und das Problem wäre so leicht mit den Diensten von Apple und Google zu lösen. So hätte Nio auch genug Zeit, um dann langsam auch mal mehr Dienste in die eigenen Autos zu bringen.
Nio EL6 ist gut, aber hat gute Konkurrenz
Ich mag die Elektroautos von Nio, sie gefallen mir optisch, die Qualität stimmt, die technischen Daten werden immer besser (auch wenn man beim Laden etwas den Anschluss verliert, wenn keine 800 Volt-Plattform folgt), nur bei der Software tut man sich schwer, weil man unbedingt den eigenen Weg wie Tesla gehen möchte.
Doch so sehr ich Nio mag, so sehr verstehe ich auch, warum sie sich schwertun. Die Marke ist in Europa unbekannt und will es mit etablierten Marken aufnehmen, die mindestens genauso gut sind. Der Premiumansatz funktioniert bisher nicht so gut, daher wird Nio langfristig auch zwei günstigere Elektro-Marken einführen.
Der Nio EL6 ist ein sehr gutes Elektroauto, aber er ist eben auch sehr teuer und ich weiß bis heute nicht, ob man sich mit dem Premiumansatz einen Gefallen tut. Das große Verkaufsargument mit dem Akkutausch zieht nur, wenn man das fast überall machen kann, aber es gibt keine 20 Stationen in Deutschland, da wird es schwierig.
Doch ich bin weiterhin gespannt, wie sich Nio entwickelt, global haben die SUVs immerhin die Zulassungszahlen explodieren lassen, dieser Plan geht also auf. Ob sich Nio in Deutschland etablieren wird? Wir werden es hier weiterhin verfolgen.
Der Nio EL6 selbst ist jedenfalls ein sehr guter Elektro-SUV, der mich meistens im Alltag überzeugt hat. In dieser Preisklasse gibt es aber einige gute Alternativen.
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