Kommentar: Windows 11 24H2 ist mehr als nur Copilot und KI


Microsoft hat die allgemeine Verfügbarkeit des Windows 11 2024 Updates, auch bekannt als Windows 11 24H2 (Buildversion: 26100.1742) angekündigt und rollt das Update nach und nach über die Windows Update-Funktion aus. Es enthält alle Funktionen und Korrekturen, die seit mehreren Monaten im Testprogramm namens Windows Insider erprobt wurden, und soll deutlich umfangreicher sein als die Updates der letzten Versionen.
Windows 11 (Version: 21H2) wurde Anfang Oktober 2021 offiziell veröffentlicht und hat seitdem mit dem 2022 Update (Version: 22H2, Codename: Sun Valley 2) Mitte September 2022 und dem 2023 Update (Version: 23H2, Codename: Sun Valley 3) Ende Oktober 2023 bereits mehrere größere Updates erhalten. Das nun veröffentlichte Update 2024 (Version 24H2, Codename: Hudson Valley) reiht sich in das etablierte Veröffentlichungsmuster ein.
Windows 11 24H2: Was umfasst das neue Update?
Für Copilot+PCs mit ARM-Prozessoren wie dem Surface Laptop 7 und Surface Laptop 11 bringt das 24H2-Update zusätzliche KI-Funktionen wie Live-Übersetzungen, Cocreator in Microsoft Paint, zusätzliche Effekte für Windows Studio Effects und die Funktion „Automatische Superauflösung“, mit der eine Reihe vorhandener Spiele standardmäßig automatisch verbessert und die Frameraten erhöht werden.
Wer bereits ein Notebook mit einem Intel- oder AMD-Prozessor aus den neuen CPU-Serien Lunar Lake oder Strix Point besitzt, kann sich ebenfalls freuen: Denn das Update schaltet die KI-Funktionen auch für die beiden neuen CPU-Serien frei, die bisher dem Qualcomm Snapdragon X Elite und Snapdragon X Plus vorbehalten waren.
Besonders hervorzuheben ist Recall: Recall ist nämlich eine neue Funktion im Rahmen der von Microsoft und Qualcomm mit seinen ARM-Prozessoren sehr aktiv verfolgten Copilot+PCs-Offensive, die alle paar Sekunden einen Schnappschuss des Bildschirms macht und diesen mit KI analysiert. Das Ergebnis ist eine Art Snapshot-Album, das man mit Schlagwörtern effizient durchsuchen kann.
Vor einiger Zeit wurde die Funktion aufgrund von Sicherheitsbedenken von Microsoft zurückgezogen, nachdem bereits eine Vorabversion für das Windows Insider Testprogramm veröffentlicht wurde, nun kehrt die Funktion dank „verbesserter Sicherheitsanpassungen“ wieder zurück. Welche Änderungen Microsoft dafür vorgenommen hat, wurde bereits Ende September recht ausführlich hier beschrieben.
Während die Funktion zunächst nur für Copilot+-PCs mit einem ARM-Prozessor von Qualcomm und gleichzeitiger Teilnahme am Windows Insider Testprogramm zur Verfügung steht, soll im November eine erste Testphase für Geräte starten, die ebenfalls das KI-Label eines Copilot-PCs tragen, aber mit einem Intel- oder AMD-Prozessor ausgestattet sind.

Recall ist eine Art Fotoalbum mit KI-Funktionen | Bild: Microsoft News
Da ich diese Funktion im Alltag nicht benötige, werde ich sie wahrscheinlich deaktivieren. Microsoft verspricht keine automatische Aktivierung der Option, man muss die Option selbst aktivieren. Wenn die Funktion genutzt werden soll, muss Windows Hello als Authentifizierungsoption ausgewählt werden.
Wann die finale Version von Recall verfügbar sein wird und ob Microsoft überhaupt einen Start noch in diesem Jahr plant, steht noch nicht fest.
Weitere Verbesserungen für Windows 11
Mit dem Update setzt Microsoft die Energiesparfunktionen, die bisher eher für Notebooks gedacht waren, auch für Desktop-PCs um. Durch Aktivierung der Option soll Strom gespart werden, indem die Systemleistung gedrosselt wird. Inwieweit sich diese Funktion im Alltag auswirkt, bleibt abzuwarten. Außerdem wurden Verbesserungen im Task Manager, Windows Share, Windows Backup, Lock Screen und Remote Desktop vorgenommen.

Die Suchfunktion im Windows-Explorer wurde verbessert | Bild: Microsoft News
Weitere Detailverbesserungen wie z.B. die HDR-Unterstützung für Desktophintergründe, eine verbesserte Suche im Windows Explorer, die Unterstützung für WiFi 7, eine verbesserte Integration von Smartphones in Windows, eine neue Kontoverwaltung und mehr Benachrichtigungsoptionen in Microsoft Teams und Verbesserungen für das Bluetooth-Protokoll runden das Update ab. Wer sich die Release Notes in Ruhe durchlesen möchte, kann dies auf der offiziellen Supportseite von Microsoft tun.
Microsoft will die Sicherheit von Windows verbessern
Mit 24H2 erfolgt zudem die Umstellung auf den neuen Kernel namens Germanium (vorher Gallium). Grund dafür ist, dass Microsoft erste Teile des Codes des Windows-Kernels von C++ auf die Programmiersprache Rust umgeschrieben hat. Mit diesem Schritt soll in Zukunft die Systemsicherheit und Performance von Windows weiter verbessert werden.
Mit der Einführung von 24H2 schließt Microsoft auch wieder eine Reihe von CPUs aus: Windows 11 24H2 setzt nämlich SSE4.2 (Streaming SIMD Extensions) in den CPUs voraus, ohne SSE4.2-Unterstützung verweigert der Installationsassistent die Installation von Windows. Dabei handelt es sich aber um sehr alte Prozessoren: Die Intel-Prozessoren mit Nehalem-Architektur, die 2008 auf den Markt kamen und noch im 45nm-Fertigungsprozess hergestellt wurden, und die AMD-Prozessoren mit Bulldozer-Architektur, die im Oktober 2011 auf den Markt kamen und im 32nm-Fertigungsprozess hergestellt wurden, unterstützen bereits SSE4.2.
Weitere sicherheitsrelevante Anpassungen und Funktionen sind im Folgenden aufgeführt:
- BitLocker: Die Voraussetzungen für DMA und HSTI/Modern Standby werden entfernt. Daher sind mehr Geräte für die automatische und manuelle Geräteverschlüsselung geeignet.
- Änderungen am SMB-Protokoll (Server Message Block): Updates des SMB-Protokolls zur Verbesserung der Sicherheit und Leistung
- Deaktivieren des Maillot-Remoteprotokolls: Veraltete Protokolle wurden eingestellt, um Sicherheitsrisiken zu reduzieren
- SHA-3-Unterstützung: die neuesten kryptografischen Hashfunktionen, die eine höhere Sicherheit für die Datenintegrität bieten
- Aktivierung des Schutzes der lokalen Sicherheitsautorität (Local Security Authority, LSA) beim Upgrade: automatische Verstärkung der Sicherheit während Systemupgrades
Eine weitere Neuerung ist die automatische Geräteverschlüsselung bei einer Neuinstallation. Nach Angaben von Microsoft wird bei der Anmeldung mit einem Microsoft-Konto, einem Unternehmenskonto, einem Schul-/Universitätskonto oder bei der Einrichtung eines Geräts eine automatische Verschlüsselung durchgeführt. Der Schlüssel für die Wiederherstellung wird dann im Microsoft-Konto gespeichert. Soll die Geräteverschlüsselung nach der Installation wieder aufgehoben werden, wird dies über die Einstellungen Geräteverschlüsselung vorgenommen.
Windows 11 24H2 ist kein gewöhnliches Funktions-Update
Während bei früheren größeren Windows-Updates, wie z.B. von Windows 11 22H2 auf 23H2, die Funktionen meist durch kleinere Updates sozusagen „freigeschaltet“ wurden, da diese aktiv im Hintergrund installiert, aber zunächst standardmäßig deaktiviert waren, muss bei 24H2 das Update entweder über das sogenannte Inplace-Update bzw. Upgrade (Stichwort Media Creation Tool oder Installations-Assistent) oder über ein externes Installationsmedium erfolgen.
Oder man wartet geduldig, bis Microsoft das Update über die integrierte Windows Update-Funktion anbietet. Diese Methode ist wohl die einfachste und effektivste, sofern man keine Neuinstallation von Windows plant. Entsprechende ISO-Dateien zum Herunterladen hat das Unternehmen übrigens bereits zur Verfügung gestellt.
Mit dem Update auf die Version 24H2 werden zwar eine Kaskade an neuen Funktionen mitgeliefert, wie zuvor bereits angekündigt aber auch einige Apps entfernt bzw. durch neuere Versionen ersetzt. So werden folgende zuvor vorinstallierte Apps nach der Installation entfernt:
- Windows Mail
- Windows Calendar
- Cortana
- Maps
- People
- Movies & TV
- WordPad
Während die meisten Anwendungen für mich nie von Nutzen waren, werde ich WordPad schon sehr vermissen. Das Programm diente mir lange Zeit als schneller und effizienter Notizblock, Microsoft empfiehlt nun Windows Editor und natürlich Microsoft Office Word (oder noch besser Office 365/Microsoft 365 als Gesamtpaket) als Alternative. Cortana wird durch Copilot ersetzt und Windows Mail weicht dem neuen Standard-Mailprogramm Microsoft Outlook.

Das neue Outlook wurde komplett neu entwickelt | Bild: Windows Insider Blog
Das Projekt „Monarch/One Outlook“ wird bereits seit einigen Jahren entwickelt und soll als Web-Version von Outlook für Windows und macOS fungieren. Langfristig will Microsoft die neue Outlook-Anwendung als zentralen Punkt für E-Mail, Kalender und andere Anwendungen etablieren. Mich hat das neue Outlook schon im Windows Insider Testprogramm nicht überzeugt. Das liegt daran, dass es sich nicht um eine native Programmversion handelt, sondern um eine Webanwendung, die eher mäßig läuft. Ich bleibe definitiv bei Thunderbird.
Mein Surface Pro 9 meldet noch keine Verfügbarkeit des neuen Updates. Ehrlich gesagt habe ich es aber auch nicht eilig auf die 24H2 Version zu aktualisieren, da warte ich lieber noch ein paar Wochen und verzichte gerne auf eventuelle Fehler, die im Rahmen der Upgrade-Aktion sicherlich hier und da auftauchen werden.
Grundsätzlich tendiere ich zu einer kompletten Neuinstallation von Windows, die dann als Basis auf der Version 24H2 aufbaut, zuletzt habe ich das mit dem Update 23H2 im November letzten Jahres auch so gemacht. Dabei kann ich mir auch gleich die aktualisierte Windows Installationsumgebung genauer ansehen: Das Windows Installations-Setup hat nämlich ein modernes Design bekommen.
Windows 11 24H2 – Fazit und ein Blick in die Zukunft
Alles in allem merkt man dem Update an, dass die Firma Microsoft hier und da nennenswerte Verbesserungen am Betriebssystem Windows vorgenommen hat. Die kleinen Anpassungen hier und da sind gut, teilweise längst überfällig, an anderen Ecken hat mich Microsoft aber nicht abgeholt. Der Fokus liegt eindeutig auf den KI-Funktionen, die das Unternehmen ganz klar „pushen“ will – und davon profitieren im Moment nur Besitzer eines Copilot+PCs.
Doch KI ist nicht alles : Die kleinen Verbesserungen in der Taskleiste, im Schnellmenü in der rechten unteren Ecke, das neu gestaltete Kontextbefehlsfenster im Windows Explorer und viele neue Funktionen und Anpassungen unter der Haube nehme ich sehr gerne mit. Über den Verlust von WordPad trauere ich noch, ich werde mich wohl nach einer Alternative umsehen müssen. Dennoch muss man sagen, dass Microsoft mit Windows 11 24H2 ein durchaus gutes Update gelungen ist.
In Zeiten, in denen Betriebssysteme eher ein Produkt der Kategorie „Software as a Service“ sind und große Veränderungen eher selten umgesetzt werden und eher Detailverbesserungen und Anpassungen im Vordergrund stehen – das System macOS des Herstellers Apple hat ein ähnliches Problem – stellt sich mir schon die Frage, wo Microsoft sein Betriebssystem in 5 oder 10 Jahren sieht.

Microsoft und Windows – Wie sieht die Zukunft aus? | Bild: Microsoft News
Ein großes Redesign wurde bereits umgesetzt, Altlasten aus vergangenen Jahren und deren Funktionen schleppt man noch mit sich herum und Windows für Touchscreen-Geräte fit zu machen, hat man wohl aufgegeben. Eine entsprechend abgespeckte Variante von Windows speziell für Gaming-Handhelds wäre noch denkbar, eine Umsetzung zeitgleich zum Xbox-Handheld wird sicher noch einige Jahre dauern.
Die ARM-Offensive, die zusammen mit Qualcomm gestartet wurde, birgt meines Erachtens großes Potenzial für das Betriebssystem Windows. Insofern ist Windows 11 24H2 schon ein großer, richtiger und wichtiger Schritt nach vorne, wenn man Windows und den immer stärkeren Fokus auf KI-Funktionen mag.
Ich selbst arbeite gerne mit Windows auf meinem Surface, die KI-Funktionen bleiben mir dank des „alten“ Prozessors weitgehend erspart. Aber auch für mich ist das Herbst-Update von Windows 11 mit der Versionsbezeichnung 24H2 mit den oben genannten Verbesserungen und Features auch ohne die Copilot+ Funktionen sehr spannend.
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Vielen Dank Giovanni für den ausführlichen Artikel. Darfst gerne öfter auf mobiFlip was schreiben ;-)
Den Editor hab ich schon immer als Notizblock benutzt, WordPad war doch nix Halbes und nicht Ganzes.
Eine automatische Verschlüsselung bei einer Neuinstallation finde ich aber beschissen, brauch ich nicht und will ich nicht! Typisch Microsoft wieder, man könnte die Nutzer ja auch einfach fragen ob sie es wollen. So muss man im Nachgang erst wieder das Chaos beseitigen, was auch wieder zusätzlich (unnötige) Probleme verursachen kann.
Ob ich mit dem Rest überhaupt etwas anfangen kann, ist mehr als fraglich.
In diesem Fall ist eine Neuinstallation sinnvoll: Über Rufus die ISO auf einen Stick schaufeln und bei den Optionen die automatische Bitlocker-Verschlüsselung deaktivieren. Gibt noch ein paar andere nützliche Optionen wie Offline-Konto und solche Späßchen.
Hab ich so gemacht und verglichen mit der 23H2 läuft mein Notebook (MateBook 2020 AMD mit Ryzen 4600H) damit sogar gefüllt um einiges flüssiger. 🤔
Einen großen Nachteil hat das Update noch für eine bestimmte Menge an VR-Nutzern: Windows Mixed Reality wird entfernt, wodurch VR Headsets wie die HP Reverb G1 / G2 und andere (z.B. Samsung Odyssey) nicht mehr nutzbar sind und zu Elektroschrott werden.
Wer also noch so ein Headset besitzt und weiternutzen möchte, sollte das Update besser meiden.
Das ist korrekt, danke für die Ergänzung!
Und damit nicht genug: Microsoft gibt Privatanwendern auch nur eine Gnadenfrist bis November 2026, danach will man den Support für Windows Mixed Reality auch in älteren Windows-Versionen wie der jetzt noch unterstützten Version 23H2 einstellen. Ein meiner Meinung nach mehr als fragwürdiger Schritt.
Meines Wissens gibt esarge Probleme mit dem Update und Intels 12. CPU Generation, weshalb MS das Update gestoppt hat. Ich hoffe das man Recall abstellen kann, niemand will das dauerhaft Screenshots von seinem System gemacht werden, da kann es noch so sicher sein.
Recall ist sogar entfernbar, über die Systemsteuerung unter „Features“ deaktivieren, beim Neustart isses dann weg. So hört man zumindest, habs ja auch noch nicht.
Das Problem betrifft in erster Linie Systeme mit Intel-Prozessoren der „Alder Lake“-Architektur mit vPro-Support und der Easy Anti-Cheat-Anwendung. Ursache dafür sind laut Microsoft installierte Treiber, die vor April 2024 veröffentlicht wurden.
Microsoft ist sich der Problematik aber wohl bewusst und weist darauf hin, dass bei einem (manuellen) Installationsversuch von Windows 11 24H2 der Vorgang gar nicht erst gestartet werden sollte, da das Setup die inkompatiblen Treiber erkennen würde. Auch über die Windows Update-Funktion sollte das Update aufgrund der Problematik gar nicht erst angezeigt werden.