Nio ET5 im Test: Alternative für das Tesla Model 3

Nio Et5 Seite

Ich konnte mir den Nio ET5 zwei Wochen im Alltag anschauen und meine Eindrücke mit dem noch sehr jungen Elektroautos sammeln. Die Elektro-Limousine möchte es mit der weltweiten Nummer 2 bei Elektroautos aufnehmen, dem Tesla Model 3.

An dieser Stelle vielleicht noch der Hinweis, dass ich das neue Tesla Model 3 noch nicht gesehen habe und gefahren bin, ich kenne nur die aktuelle Version. Tesla hat aber spürbar nachgelegt und die Performance-Version steht ja sogar noch aus.

Nio ET5: Meine 7 Stichpunkte

  • Über die Optik kann man streiten, sowas ist sehr subjektiv, aber ich mag das Design von Nio (nur die Sensoren auf dem Dach wirken komisch und werden von allen Personen kritisiert, denen ich das Auto gezeigt habe). Es wirkt etwas aggressiver und diese Aggressivität merkt man auch im Alltag, denn der ET5 kommt sehr gut vom Fleck und in 4 Sekunden ist man bei 100 km/h. Das macht Spaß und im Sport-Modus gibt es dazu noch ein richtig gutes Sportfahrwerk, was straff auf der Straße liegt und das Tesla Model 3 ganz klar in den Schatten stellt. Allgemein kann man sagen, dass Nio hier mit die beste Kombination aus Komfort und Sport schafft, da sich das ganze Auto sehr gut anpasst und nicht nur die Leistung verändert wird.
  • Und auch bei der Verarbeitung und Haptik liegt Nio vor Tesla und spielt auf einem Level mit Premiummarken mit (wobei das nicht mehr schwer ist, da einige wie Mercedes auch stark nachgelassen haben). Alles ist gut verarbeitet, fühlt sich hochwertig an und es gibt Extras wie Soft Close bei den Türen. Ich mag auch den Innenraum, der sehr minimalistisch ist und sich definitiv an Tesla orientiert, das sagt sicher nicht jedem zu.

Nio Et5 Innenraum

  • Dafür gibt es bei Nio eine Software, die mit Tesla mithalten kann. Das OS sieht wie ein Smartphone OS aus, es ist flott und es sind viele Spielereien vorhanden. Nur mit Blick auf die Apps muss Nio wirklich nachlegen, denn nach Spotify hört es eigentlich schon auf. Es gibt kein Apple Music, kein Amazon Music, kein YouTube, da ist noch nichts vorhanden und da auch kein Apple CarPlay und Android Auto geplant sind, wird es Zeit, dass Nio das App-Angebot ausbaut. Die Ladeplanung ist auch nicht die beste und das Problem, wenn man nur eigene Software zulässt, sind die fehlenden Alternativen. Wer also diesen Schritt geht, muss ganz oben mitspielen. Und da ist bei Nio durchaus noch etwas Luft, auch wenn das OS grundsätzlich schön und schnell ist.
  • Die Reichweite ist okay und mit dem großen Akku kann man die 500 km aber auch mal knacken, wenn man sich zurückhält, denn im Sport-Modus ist der Verbrauch doch recht hoch. Nio bietet dabei die einzigartige Option, dass man den Akku tauschen kann, was ich aber nicht getestet habe, da ich so eine Station nicht in der Nähe habe (daher ist das für mich kein Vorteil). Geladen wird mit bis zu 150 kW, die der ET5 auch bis zur Hälfte hält, dann bricht er aber sehr zügig ein. Und ich bleibe dabei, in dieser Preisklasse möchte ich langsam gerne mal 22 kW als Standard sehen, nicht mehr 11 kW, wie beim Nio ET5. Vor allem bei einem bis zu 100 kWh großen Akku muss mehr drin sein, da sonst an vielen öffentlichen Ladesäulen sehr schnell Blockiergebühren entstehen.
  • Als Elektroauto ist der Nio ET5 „okay“, denn ein Tesla Model 3 ist etwas besser mit Blick auf das Platzangebot aufgebaut, aber es ist auch nicht schlecht. Nur schade, dass ein Frunk (Kofferraum vorne) fehlt, denn bei dieser Länge eines Autos erwarte ich das, um (gerne auch mal dreckige) Ladekabel verstauen zu können. Setzt euch auch mal in das Auto, falls ihr größer seid, denn der Boden ist schon recht hoch und mit 1,90 m würde ich nicht hinter mir sitzen wollen. Und warum gibt es eine Auswahl bei der Rekuperation, wenn das Auto bei der höchsten Stufe zwar angenehm und ohne Bremspedal im Alltag fährt, es aber nicht komplett stehen bleibt? Wenn man das schon mit mehreren Stufen einstellen kann, dann wäre es schön, wenn das Auto beim Maximum stehen bleibt.

Nio Et5 Front

  • Der Sprachassistent Nomi hat mir schon beim ET7 ganz gut gefallen und auch hier finde ich die Integration mit dem kleinen runden Display, welches immer aktiv ist und bei Musik zum Beispiel auch eine Animation zeigt, ganz nett. Da der Innenraum sonst sehr clean ist, finde ich so eine Spielerei auch in Ordnung und der Sprachassistent ist wirklich brauchbar und schnell. Dafür fehlt mir ein Head-up-Display, was ich in dieser Preisklasse mindestens als kostenpflichtiges Upgrade erwarte.
  • Was wäre ein modernes Elektroauto ohne App und die gibt es natürlich auch bei Nio und sie funktionierte in meinen zwei Wochen schnell und zuverlässig. Bei den Spielereien gibt es weniger Auswahl als bei Tesla, aber die Basics, wie Ladestand und Klimatisierung, sind vorhanden. Nio ist aber noch relativ jung, dafür ist die App sehr brauchbar.

Nio ET5: Mein Fazit

Die Verarbeitung ist gut, die Isolierung ist gut, das Fahrwerk ist wirklich sehr gut und man spürt den Unterschied zwischen Komfort und Sport, das mag ich und da ist ein Tesla Model 3 grauenhaft. Der Innenraum ist schön clean, das OS schnell und gut aufgebaut, der Sprachassistent brauchbar, es gibt sehr viele Pluspunkte.

Allerdings gibt es auch Dinge, die noch nicht optimal sind, wie das fehlende Head-up-Display, die Ladeleistung dürfte einen Hauch besser sein und die Stationen zum Tausch der Akkus sind Mangelware. Grundsätzlich ist der Nio ET5 aber ein Auto, was ich mir selbst sehr gut vorstellen könnte. Gäbe es da nicht noch einen Punkt.

Ein Tesla Model 3 mit dieser Leistung und über 600 km Reichweite liegt bei etwas mehr als 50.000 Euro. Will man diese Reichweite beim Nio ET5, dann muss es der größere Akku sein und dann liegt man bei fast 70.000 Euro. Der Konfigurator ist bei beiden Marken recht schlank, das ist also in etwa der Unterschied der zwei Autos.

Das ist eine Hausnummer und da beide Vorteile und Nachteile haben und keiner klar besser ist, könnte der Nio ET5 etwas zu hoch angesetzt sein. Doch so groß ist die Auswahl der „kompakteren“ Limousinen noch nicht, daher ist es schön, dass wir damit eine weitere Option haben, die für Kunden dt. Premiummarken spannend ist.

Nio Et5 Heck

Da höre ich immer wieder, dass Tesla kein gutes Fahrwerk hat und vor allem nicht gut verarbeitet ist. Das trifft auf Nio nicht zu, der Nio ET5 wäre für mich also eine gute Alternative zum BMW i4, der im Kern ein Verbrenner ist. Und dann passt das mit dem Preis wieder. Doch greifen diese Kunden zu einer neuen China-Marke?

Und hat der Nio ET5 eine Chance, wenn ein Tesla Model 3 Performance/Plaid auf den Markt kommt und weiterhin etwas günstiger sein dürfte? Schwierig, da hat sich Nio durchaus für eine riskante Preisstrategie entschieden. Bei den Zulassungen in Deutschland ist man daher auch noch kaum vertreten, die Marke kennt keiner.

Ich bin aber gespannt, wie sich Nio entwickelt, ob man bei den Preisen vielleicht irgendwann etwas Spielraum mitbringt und ob der Nio ET5 als Kombi neue Kunden abholt, denn das Modell ist fast einzigartig. Wer interessiert ist, dem kann ich eine Probefahrt empfehlen, denn grundsätzlich ist der neue Nio ET5 eine Empfehlung.

Nur der Preis ist eben sehr hoch angesetzt und die Marke ist neu, die Kombination und das neue Tesla Model 3 als deutlich günstigere Alternative machen es schwer.


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  1. Hazz 🌀

    70k für ein China Auto, von einer noch relativ unbekannten Marke finde ich echt krass. Das Model 3 gab's auch schon für 45k in der großen Version im Angebot. Ich frage mich wirklich wer einfach mal 70k für ein Auto hinlegt, wo man mit großer Wahrscheinlichkeit zusätzlich seine Daten verkauft und nur wenige Händler in Deutschland findet.

    1. ChrisH 🎖

      Die Daten verkauft man bei jeden Hersteller (laut Mozilla), besonders Tesla patzt da mit den Datenschutz.

  2. Arjoma 🌟

    Klingt für mich nach dem üblichen China-Mix, bei dem ich nicht verstehe, weshalb zumindest aktuell in Europa die "Legacy-Hersteller" sich Sorgen machen sollten, von Tesla ganz zu schweigen (die ja auch erst ihr neues Model 3 auf den Markt geworfen haben mit einigen Verbesserungen u. a. bzgl. Fahrwerk – und sogar noch mal in Sachen Effizienz).

    Bei Nio sehe ich einen hohen Preis für ein Auto mit mäßiger Reichweite aufgrund von unterschiedlicher Effizienz, und das gepaart noch mit unterdurchschnittlicher Ladegeschwindigkeit.

    Wenn es dazu keinen Frunk gibt und generell ein mäßiges Platzangebot, scheint die Plattform nichts besonderes zu sein – dann Schnitzer wie kein HUD (damit könnte ich noch leben), aber auch kein Android Auto / Apple CP und kaum Apps?

    Wie soll Nio so anderen Marktanteile nehmen – mit Autos, die weder über den Preis kommen noch mit Innovation glänzen? Tesla dagegen tut genau das – unterbietet die Konkurrenz beim Preis und ist dabei innovativ.

    1. Ich sehe das aktuell auch noch nicht tragisch. Die Betonung liegt aber auf noch. Denn Apps kann man sich holen und die Produktion optimieren, Nio startet mit den teuren Ausstattungen in Europa. Sollte man Spielraum für Preisnachlässe haben, dann kommt da schnell Schwung in den Markt.

      Kein Grund zur Panik, wie sie gerne mal verbreitet wird, aber man sollte einen gesunden Respekt haben, denn das Potenzial für einen harten Konkurrenten ist da.

  3. René H. 🔅

    So, wie ich den Nio-Chef verstanden habe, sieht man sich nicht also Tesla-Gegner, sondern nimmt BMW und Mercedes ins Visier. Daher auch Premium-Interieur und Premiumpreise.

    1. René H. 🔅

      *als
      (immer noch keine Editierfunktion hier)

    2. Das sagt man gerne, wenn man preislich darüber liegt. Der Aufbau erinnert aber deutlich mehr an einen Tesla als an einen BMW für mich. Wobei es am Ende egal ist, denn ein Model 3 und i4 sind auch vergleichbar und haben beide Stärken und Schwächen, kein Auto ist klar besser und alle sind irgendwie auch Konkurrenten.

      1. René H. 🔅

        Das ist die Aussage von Nio. Sie wollen hochwertig anbieten und teuer verkaufen. Es soll ja auch altgediente Hersteller geben, die sich abheben und höhere Preise durchdrücken wollen. Und Tesla geht mit dem Model 3 klar in die andere Richtung: möglichst günstig, möglichst hohe Stückzahlen.

        1. Stimmt auch vollkommen, nur ein Preis alleine entscheidet sowas für mich nicht, denn Nio ist für mich eher aus Tesla-Level und nicht bei BMW oder Audi. Wobei jeder seine Punkte subjektiv gewichtet, das ist also nur meine Sichtweise.

        2. ChrisH 🎖

          Bei Tesla fehlt aber auch so manches Richtung Premium. Die Fahrzeuge sind, was die modernen Komponenten wie E-Maschine und Software, angeht gut. Sind aber oft mal ziemlich mies zusammen gebaut und der Kundenservice ist eine Katastrophe. Was hat Elon zu den ersten, ziemlich schlechten, 3er aus Grünheide gesagt? Sinngemäß war das, wer direkt am Anfang kauft ist selbst schuld. Qualitätssicherung findet kaum statt und wird vor Kunde erprobt, wenn es genügend Auffälligkeiten gibt, wird nachgebessert. In Einzelfällen ist man auch schon mal ignorant gegenüber den Kunden. All sowas macht ein Fahrzeug auch billig, aber solange man noch das innovative Gründerimage hat, wird Tesla ziemlich viel verziehen. Wie z.B. sein überlegenes autonomen Fahren das in Deutschland nicht einmal zuverlässig Schilder erkennt und bei seinen letzten Auftritt bei roter Ampel losfahren wollte.

          1. René H. 🔅

            Weiß jetzt nicht, inwieweit dein Kommentar zu meinem oben passt…
            Aus deinen bisherigen Kommentaren lese ich heraus, dass du dich sehr gut bei VW auskennst. Aber wie gut kennst du Tesla? Fährst du einen? Kennst du den Kundenservice aus eigener Erfahrung?
            Ich schon.
            Mein Fahrzeug ist mangelfrei seit Auslieferung und der Kundenservice war bisher top. Natürlich gibt es Gegenbeispiele, aber wie viele sind das im Verhältnis zur Gesamtzahl? Ich glaube, da wird viel aus der Ferne draufgehauen und verallgemeinert.

            1. ChrisH 🎖

              Ich habe selbst keinen Tesla und kenne nur die Berichte aus den Medien. Tesla macht aber in Sachen Qualität einiges anders als alle andere, incl. den Chinesen, was immer wieder zu Qualitätsmängel führen kann.

              1. Das ist mittlerweile eigentlich nicht mehr der Fall, vor allem die Autos aus China sind auf einem Level mit der Konkurrenz (USA bleibt furchtbar, ja, spielt aber kaum eine Rolle, da nur Model S und X davon betroffen sind). Beim neuen Model 3 habe ich jetzt sogar häufig gehört, dass die Qualität mittlerweile sogar besser, als bei VW und Co. sein soll.

          2. René H. 🔅

            Zur Schildererkennung: Auf einer Strecke, die ich häufig fahre, passt mein Tesla tatsächlich an einem 70-Schild das Tempo so an, dass dann am Schild 70 km//h gefahren wird. Die SW-Funktion scheint also da zu sein, aber ich nehme an, dass nur die Daten fehlen, damit es bei allen Schildern klappt. Da zahlt es sich anscheinend aus, dass die dt. Hersteller vor Jahren den Kartendienst Here gekauft haben, der u.a. genau diese Daten liefert.

            1. ChrisH 🎖

              Es geht nicht nur um die in den Karten hinterlegten Geschwindigkeiten sondern im erkennen der Schilder durch die Kamera die bei Tesla vor allem in Europa nicht zuverlässig funktioniert. Vor allem bei schlechten Wetter oder ungünstigen Sonnenwinkel gibt es da Schwierigkeiten.
              Die Here Karten helfen natürlich, zusätzlich werden bei VW, wenn der Kunde es frei gibt, alle Abweichungen die von der Fahrzeugkamera erfasst werden zur Verbesserung der Daten benutzt. Die Daten kommen dabei nicht nur von den id sondern auch von den Verbrennern.

            2. ChrisH 🎖

              lese ich da heraus, dass du auf die e- Mobilität umgestiegen bist?

    3. Sebastian ☀️

      Kein Head-Up-Display ist schon sehr Premium… nicht. Ich find den sonst ok, aber das fehlende HUD wäre für mich ein no-go.

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