Porsche Taycan Turbo S im Test

Porsche Taycan Turbo S Front Header

Porsche ist in diesem Jahr mit seinem ersten Elektroauto eingestiegen, dem Taycan. Ich konnte die „Turbo S“-Version ein paar Tage im Alltag fahren.

Der Porsche Taycan polarisierte bei der Ankündigung im letzten Jahr in den Medien, da es das erste Elektroauto war, welches Elon Musk von Tesla so richtig aus der Reserve lockte. Porsche bezeichnet Tesla zwar nicht als Konkurrenten, aber man lässt sich durchaus inspirieren und das Model S soll den Taycan bald schlagen – nicht nur im Alltag, auch auf der Rennstrecke.

Ich würde nach meiner Zeit mit dem Porsche Taycan durchaus behaupten, dass ich ihn als Konkurrenten für das Model S von Tesla sehe. Da kann jeder eine andere Ansicht haben, aber es sind sportliche Elektroautos, die auch für den Alltag gebaut wurden und die derzeit zu den ersten Modellen ihrer Art gehören.

Video: Porsche Taycan Turbo S im Test

Porsche Taycan: 1050 Nm Drehmoment!

Mein Fokus wird nicht auf der Rennstrecke (die ich auch nicht besucht habe) oder der unglaublichen Leistung liegen, aber ich will dennoch auf die Hardware vom Porsche Taycan Turbo S eingehen. So sehen die Highlights aus:

  • 761 PS
  • 1050 Nm Drehmoment
  • 2,8 Sekunden von 0 auf 100 km/h
  • ca. 400 km Reichweite (WLTP)
  • 800-Volt-Batterie
  • 270 kW Schnellladefunktion

Zu den digitalen Extras komme ich später, aber die Eckdaten auf der Webseite von Porsche zeigen, dass der Fokus auf der Performance liegt. Und da übertreibe ich nicht, wenn ich sage, dass das im „Sport Plus“-Modus absolut wild ist.

Porsche Taycan Turbo S Me Header

Ich bin letztes Jahr mit einem Porsche 911 GT3 als Beifahrer in einem Renntaxi auf dem Hockenheimring unterwegs gewesen und dieser war für die Rennstrecke optimiert. Der Porsche Taycan Turbo S ist trotz 2,37 Tonnen Gewicht nochmal eine Ecke beeindruckender, wenn es um die Beschleunigung geht.

Doch der Taycan eignet sich nicht nur für die Rennstrecke, er ist auch angenehm im Alltag zu fahren. Das mag jetzt dekadent klingen, aber der Komfort bei den Sitzen oder der Platz auf den hinteren Plätzen machen den Taycan zu einem Auto, welches ich mir auch sehr gut als „Daily Driver“ vorstellen könnte.

Porsche Taycan: Für die Autobahn gemacht

Wo der Porsche Taycan aber seine echte Stärke zeigt, ist auf der Autobahn. Und ich spreche nicht davon, dass es unglaublich viel Spaß macht und ich in der Zeit mit dem Porsche Taycan Turbo S kurz meine Meinung zum Tempolimit etwas angezweifelt habe. Hier sind mir zwei andere Punkte aufgefallen.

Porsche Taycan Turbo S Street Header

Da wäre zum einen, wie gut der Taycan auf der Straße liegt. Selbst mit 200+ km/h fühlt er sich stabiler als mein VW Golf mit 70 km/h auf der Landstraße an. Und der Taycan ist auch bei 200+ km/h noch angenehm leise, was ich bei Tesla zum Beispiel nicht behaupten kann, da rauschte es ab 100+ km/h ordentlich.

Aber ignorieren wir mal kurz, dass die Performance und das Fahrverhalten auf der Autobahn beeindruckend sind, mir ist ein Punkt positiv aufgefallen, den ich im gleichen Atemzug auch etwas kritisieren werde: Die Reichweite beziehungsweise der Verbrauch. Da gibt es nämlich auch einen interessanten Punkt.

400 km sind nach WLTP-Standard für so ein großes Auto nicht beeindruckend und ja, das Model S kommt fast 50 Prozent weiter und da muss Porsche noch weiter an der Effizienz arbeiten. Doch man hatte eine durchaus gute Idee.

Porsche Taycan Turbo S Front Side Header

Der Taycan besitzt an der Hinterachse ein Zweigang-Getriebe und man spürt bei 70 bis 80 km/h tatsächlich den Schaltvorgang. Das ist am Anfang ungewohnt bei einem Elektroauto, aber der Porsche glänzt dort, wo Tesla schwächelt.

Ich habe den Porsche Taycan Turbo S knapp eine Woche genutzt und bin auch einige lange Strecken gefahren. Vor allem bei 100 bis 150 km/h war ich dann doch erstaunt, wie „effizient“ das Auto ist. Klar, im Alltag hat Tesla die Nase vorne, aber bei dieser Disziplin kann Porsche wirklich überzeugen.

PS: Wenn man im Sport-Modus und über 150 km/h fährt, dann ist der Vorteil auch beim Taycan weg. Elektroautos sind nicht unbedingt für die Autobahn gemacht, aber ich bin gespannt, in welche Richtung sich dieser Ansatz bei Porsche noch entwickeln wird. Die Idee mit zwei Gängen hat mir gut gefallen.

Porsche Taycan: Extrem schnelles Laden

Wir bleiben kurz bei der Reichweite und ich will erneut betonen, dass es nicht gerade beeindruckend ist, wenn einem da knapp 370 km angezeigt werden, wenn das Auto voll aufgeladen ist. Doch neben dem Zweigang-Getriebe hat Porsche versucht den Nachteil noch beim schnellen Laden auszugleichen.

Porsche Charger Laden Elektro Header

Geladen wird mit bis zu 270 kW, wenn man einen entsprechenden Schnelllader von Ionity findet. Im Test hat mich EnBW mit einer Ladekarte unterstützt (Danke dafür) und ich habe deren Netz in Baden-Württemberg genutzt. Hier hatte ich unter anderem einen Schnelllader mit 300 kW um die Ecke stehen.

Porsche Taycan Enbw Header

Den habe ich ein paar Mal angesteuert und das geht auch echt flott. 200+ kW sind aber nicht der Hauptargument beim Laden, der Porsche Taycan hält die hohe Ladeleistung auch erstaunlich lange aufrecht. Selbst mit über 80 Prozent Akku ist die Ladegeschwindigkeit nicht komplett eingebrochen.

Das hängt natürlich auch von der Temperatur, eurem Akkustand und anderen Faktoren ab. Langfristig würde ich mir aber wünschen, dass die 800-Volt-Batterie nicht nur in den teuren Elektroautos zu finden sein wird, denn dieses Feature macht das Laden im Alltag deutlich effizienter und angenehmer.

Porsche Taycan: Schritt zur Digitalisierung

Bei den Assistenzsystemen gibt es den „Standard“ mit Abstandsregler und man kann auch die Spur wechseln und sich einparken lassen. Das habe ich in der kurzen Zeit nicht intensiv testen können, was aber auch daran lag, dass das Fahren zu viel Spaß gemacht hat und ich selbst die Kontrolle haben wollte.

Was mir aber aufgefallen ist: Tesla hat da doch die Nase vorne. Das Model 3 hat mir die Option für das pilotierte Fahren deutlich häufiger angeboten und es hat auch bei mir im Umkreis zuverlässiger geklappt. Aber da fehlt mir der direkte Vergleich, um sagen zu können, wie viel besser Tesla hier ist.

Porsche Taycan Turbo S Dor

Der Porsche Taycan ist dauerhaft mit dem Internet verbunden und auch bereit für Updates. Ein solches kam in der kurzen Zeit nicht an. Es soll aber Updates geben und es sind auch Updates geplant, die kostenpflichtige Features mitbringen.

Das Display hinter dem Lenkrad hat mir sehr gut gefallen. Die Optik, die Größe, das User Interface und die Tatsache, dass es leicht gebogen ist, haben einen guten Eindruck gemacht. Es ist zwar kein OLED-Panel, hatte aber für LCD durchaus passable Schwarzwerte. Hier hat Porsche alles richtig gemacht.

Porsche Taycan Turbo S Display Fahrer

Das Display in der Mitte ist gut, aber das User Interface der VW-Gruppe nicht mehr das modernste und schnellste. Es gab oft kleine Ruckler und allgemein ist der Aufbau sehr verschachtelt. Da wird es wirklich Zeit für VW.OS und eine moderne Oberfläche, die hoffentlich auch bei Porsche kommen wird.

Porsche Taycan Turbo S Display Mitte

Ich muss aber auch sagen, dass ich in der Regel sowieso CarPlay nutze und hier habe ich noch einen Kritikpunkt: Die kabellose Version von CarPlay ist geplant und wird beim Taycan kommen, aber nicht für die Modelle, die jetzt verkauft werden.

Porsche Taycan Turbo S Display Carplay

Das erwarte ich bei einem 200.000 Euro teuren Auto aber, wenn selbst VW das mittlerweile bei einem Passat anbietet. Außerdem fehlt Android Auto und auch wenn die meisten Porsche-Fahrer ein iPhone haben, so ist es auch kein großer Aufwand beide Plattformen zu unterstützen. Immerhin gibt es sogar einige Android-Smartphones mit Porsche-Branding von Huawei.

Warum bietet man den Nutzern dann kein Android Auto an?

Das Display für den Beifahrer kann nur Elemente wie Musik oder das Navi steuern und nutzt man CarPlay, ist es eigentlich sinnlos. Ich habe es mit einem Beifahrer mal getestet, aber wir haben es nach 10 Minuten deaktiviert und dann lieber auf den Taycan-Schriftzug geschaut – würde ich nicht dazubuchen.

Porsche Taycan Turbo S Display Beifahrer

Was vielleicht eine Option wäre: Sowas wie Netflix oder YouTube, damit der Beifahrer beim Laden selbst etwas schauen kann. Aber in dieser Hinsicht gibt es bei Porsche aktuell gar keine Multimedia-Features im Innenraum. Bei Tesla hat das aber auch eine Weile gedauert, ich denke, dass sowas kommen wird.

Und das Display in der Mittelkonsole? Das ist genau genommen gar kein Display, denn es ist nur ein Touch-Feld für Bedienelemente. Drückt man etwas, dann gibt es ein haptisches Feedback. Das kann man sich wie beim iPhone mit der Taptic Engine vorstellen und das ist auch gut von Porsche umgesetzt worden.

Porsche Taycan Turbo S Display Unten

Ich mag digitale Elemente, aber da ist es vielleicht etwas zu viel des Guten. Man muss hinschauen, wenn man den Knopf für die Klimaanlage treffen will und das ist im Auto eher ein Nachteil. Ich hätte da vielleicht doch ein paar klassische Elemente verbaut. Beim Lenkrad ist man immerhin auch klassisch geblieben.

Zum Glück funktioniert die Spracheingabe hier ganz gut und man kann viele Dinge von diesem Touch-Feld auch via Sprache steuern. Wenn man möchte auch mit einem „Hey Porsche“. Das klappte im Test ganz gut. Die Spracherkennung ist zwar nicht auf dem Level von Amazon oder Google, aber sie ist ganz solide.

Porsche Taycan: Sonstige Punkte

  • Die Ladeklappe öffnet sich mit einem Wisch unter dem Sensor an der Seite und auch wenn das komplett unnötig ist, hat mir das gut gefallen. Ich weiß nicht, ob das dauerhaft nervt, aber es ist ein nettes Extra.
  • Es gibt eine App, aber die hat begrenzte Möglichkeiten. Man kann die Klimaanlage steuern und ein paar Dinge einsehen, aber sowas wie eine Ladekarte + Navi oder andere Extras fehlen. Außerdem kann die App nicht als Bluetooth-Schlüssel genutzt werden.
  • Die Klimaanlage ist sehr angenehm, vor allem, wenn sie dezentral eingestellt ist und einem die kalte Luft nicht ins Gesicht pustet. Leider kann man die Lüfter nicht manuell schließen und sie auch nur über ein Touch-Feld bedienen.

Porsche Taycan Turbo S Inteieur

  • Die analoge Stoppuhr über dem Display in der Mitte war intern umstritten und das verstehe ich auch. Meine Version vom Taycan hatte sie und sie zerstört den sehr modernen Look mit den Displays. Da hat man sogar die Elemente für die Klimaanlage digital gemacht und packt eine analoge Uhr mit rein. Klassik hin oder her, das hat mir gar nicht gefallen.
  • Das Porsche Recuperation Management (PRM) ist gewöhnungsbedürfte, wenn man andere Elektroautos kennt. Porsche setzt eher auf das Gleiten mit dem Auto und rekuberiert nicht so stark. Man kann es auch komplett abschalten. Tesla geht mittlerweile soweit, dass man quasi mit einem Pedal fahren kann, doch Porsche wollte beim Taycan eher das „klassische“ Fahrverhalten von einem Benziner erreichen.
  • Porsche bietet eine native Integration von Apple Music an, was vor allem für Nutzer von Apple Music ein echter Mehrwert ist. Man muss den Dienst allerdings bezahlen. Da ich Spotify-Nutzer bin, fand ich es eher schade, dass Spotify nicht nativ ins System integriert ist. Ich hätte neben dem zweitgrößten Musikdienst auch gerne noch den größten Musikdienst im Taycan gesehen.

Porsche Taycan Turbo S Charging Header

  • Man kann den Porsche Taycan auf beiden Seiten aufladen, denn es gibt zwei Anschlüsse. Allerdings gibt es nur auf der Beifahrerseite einen Anschluss für schnelles Laden, die Fahrerseite hat nur einen AC-Anschluss. Fand ich aber in der kurzen Zeit tatsächlich trotzdem praktisch, denn die linke Seite habe ich einmal beim Kaufland genutzt.
  • In der Mittelkonsole sind zwei USB-Anschlüsse versteckt, die man nur erreicht, wenn man diese öffnet. Es handelt sich um zwei USB-C-Anschlüsse, was ich sehr gut finde, da das die Zukunft von diesem Standard ist.

Porsche Taycan Turbo S Key

  • Beim VW Passat gibt es bereits ein kapazitives Lenkrad für den Travel Assist, was Berührungen erkennt, das fehlt beim Porsche Taycan leider noch.
  • Mein Highlight war der Electric Sport Sound, den man auch deaktivieren kann, wenn man die Stille von einem Elektroauto genießen möchte. Ist man aber mal sportlich unterwegs, dann macht dieser künstliche Sound wirklich Spaß und sorgt irgendwie für ein modernes und sportliches Fahrgefühl.

Porsche Taycan: Mein Fazit

Ein Fazit bei einem 200.000 Euro teuren Auto ist nicht leicht. Das P/L-Verhältnis kann man hier also direkt mal ignorieren. Wer sich einen Porsche Taycan Turbo S kauft, für den düfte Geld eine eher untergeordnete Rolle spielen. Falls ihr zu diesen Personen gehört, dann herzlichen Glückwunsch von meiner Seite.

Ich finde dieses Auto als Einstieg in die Elektromobilität bei Porsche aber dennoch spannend, denn der Markt befindet sich im Wandel und da passiert noch extrem viel. Beim Porsche Taycan hätte ich zum Beispiel mehr vom Infortainmentsystem und den digitalen Features erwartet, was aber sicher noch kommen wird.

Bei der Performance wurde ich nicht überrascht, diese ist grandios und es gibt wohl nur wenige Autos, die so einen Fahrspaß bieten. Beim Thema E-Mobilität war ich aber auch positiv überrascht, denn ich kannte natürlich die bescheidene Reichweite vom Taycan, habe aber auch zwei Stärken erlebt.

Porsche Taycan Turbo S Back Header

Das extrem schnelle Laden und die 800-Volt-Batterie sind ein Vorteil und das Zweigang-Getriebe an der Hinterachse sorgt dafür, dass der Taycan bei höheren Geschwindigkeiten im Vergleich mit der Konkurrenz bei Tesla teilweise sogar ein bisschen effizienter ist – auch wenn er den Vorteil im Alltag verliert.

Der Porsche Taycan Turbo S wurde als Sportauto für die Autobahn gebaut, das spürt man und dort macht er auch am meisten Spaß. Ich könnte ihn aber auch problemlos im Alltag nutzen, denn er bringt genug Komfort mit, um nicht als reines Sportauto durchzugehen. Die Mischung ist Porsche gelungen.

Porsche Taycan Turbo S Logo

Aus sportlicher Sicht ist der Porsche Taycan Turbo S beeindruckend und ich fand ihn auch bei einem Besuch bei IKEA, LIDL oder ALDI passend. Porsche ist auf einem sehr guten Weg, doch für die Zukunft müsste man durchaus schauen, dass man die Reichweite der J1-Plattform noch etwas optimiert.

Nur mal zum Vergleich: Das Model S von Tesla ist gleich lang und breit und sogar ein bisschen höher und besitzt ca. 50 Prozent mehr Reichweite. Ein paar Kilometer mehr wären ja okay, aber 400 (Taycan) vs. 600 (Model S) km sind eben schon ein heftiger Unterschied, das kann man auch nicht abstreiten.

Porsche mag die deutlich bessere Verarbeitung bieten und ich finde den Taycan auch grundsätzlich schöner, als das Model S, aber bei der E-Mobilität werden die Karten eben neu gemischt und da spielen auch andere Faktoren als Leistung und Verarbeitung eine Rolle. Wir stehen aber noch ganz am Anfang.

Porsche Taycan Turbo S Detail Front

Machen wir es kurz: Der Porsche Taycan Turbo S ist ein Elektroauto, was extrem viel Spaß macht, perfekt verarbeitet ist, sich gut für den Alltag eignet und nicht nur Schwächen im Vergleich mit Tesla, sondern auch ein paar Stärken mitbringt.

Vor beiden Autoherstellern liegt noch viel Arbeit und ich freue mich schon auf den Wettstreit bei E-Mobilität und Digitalisierung in den nächsten Jahren. Mit dem Taycan ist Porsche der Einstieg in die E-Mobilität meiner Meinung nach gelungen.


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