BMW war einer der Vorreiter, wenn es um Elektromobilität geht. Der BMW i3 war eines der ersten Elektroautos und mit dem BMW i8 war man eine der ersten Marken mit einem Hybrid-Sportwagen. Das i-Branding war seiner Zeit durchaus voraus.
Doch die Entwicklung war teuer und so stellte man die Sparte zwar nicht ein, sie bekam aber nicht die Aufmerksamkeit, die sie verdient hätte. Rückblickend sicher ein Fehler, doch BMW versucht gerade aufzuholen und baut die i-Reihe massiv aus.
BMW iX als Vorzeigemodell
Da man aber noch keine Elektro-Plattform besitzt, diese soll erst gegen 2025 mit den ersten Modellen kommen, sind aktuelle i-Modelle wie der i4 oder iX3 im Kern noch Verbrenner, die man zu Elektroautos umgebaut hat. Mit einer Ausnahme.
Der BMW iX ist ein von Grund auf als Elektroautos geplantes Auto und man nutzt dafür auch keine Plattform (wie das Mercedes zum Beispiel beim EQS tut). Es soll ein Vorzeigemodell für die i-Reihe werden und ja, das hat man auch geschafft.
Über die Optik können wir hier streiten, mir sagen einige Elemente des iX rein subjektiv auch nicht zu, aber aus technischer Sicht hat mich der Test im Alltag dann doch etwas überrascht. Der BMW iX ist ein sehr gutes Elektroauto geworden.
Der BMW iX im Alltag
Die Nachfrage nach dem iX ist laut BMW noch sehr hoch und um möglichst viele Medien zu versorgen, gab es dieses Mal nur eine Woche. Sowas ist für mich etwas zu wenig, um den vollen Alltag zu erleben, da sind zwei Wochen schon besser.
Daher ist das heute etwas anders uns kürzer als sonst und ich habe mich für ein „kurz“ in der Headline entschieden. Da es aber ein interessantes Auto ist, gibt es hier ein paar Stichpunkte, die mir im Alltag mit dem BMW iX aufgefallen sind:
- Mit fast 5 Metern Länge und 1,7 Metern Höhe ist das in etwa ein BMW X6, aber da es ein reines Elektroauto ist, merkt man, dass durch die Planung viel mehr Luft und Freiraum im Innenraum entstanden ist. Ich saß bisher in keinem Elektroauto, was so luftig war und ein so gutes Platzangebot hatte (für diese Größe). Und auch hinter mir könnte ich (ich bin 1,90 Meter groß) bequem sitzen.
- Ich konnte den BMW iX xDrive50 im Alltag testen, also die stärkere Version mit fast 400 kW und über 500 PS (es kommt auch eine M-Version). Die drückt ordentlich und im Sport-Modus gibt es einen elektrischen Sound von Hans Zimmer, der für mich auf einem Level mit dem des Porsche Taycan ist. Unnötig? Vielleicht, bei sportlichen Elektroautos mag ich aber einen optionalen Elektrosound. Und wenn man weniger sportlich unterwegs ist, dann ist der BMW iX hervorragend isoliert, selbst bei 200 km/h kann man sich leise unterhalten.
- BMW gibt über 600 km nach WLTP-Standard bei der Reichweite an, was man im Winter nicht erreicht. Ich war aber erstaunt (und das war für mich die größte Überraschung), wie effizient dieses PS-SUV-Schiff ist. Selbst mit einer sehr sportlichen Fahrweise im Winter hatte ich auf der Autobahn gerne mal unter 25 kWh auf 100 Kilometer. Die Bauform kann es nicht sein, BMW muss hier also sehr effiziente Elektromotoren entwickelt haben.
- Zur Ladeleistung am Schnelllader kann ich nicht viel sagen, da stand ich nicht oft, aber bis zu 200 kW sind sehr ordentlich und erste Tests haben da von einer guten Ladekurve gesprochen. Bei einem Startpreis von 100.000 Euro hätte ich beim AC-Lader aber 22 kW erwartet, da sind 11 kW eher bei Elektroautos für um die 50.000 Euro zu erwarten. Man liest, dass BMW sowas noch nachreicht, aber wie gesagt, das hätte ich bei einem Elektro-Flaggschiff in dieser Klasse direkt zum Start und als Standard erwartet.
- Ich mag die neue Software von BMW, sie läuft flüssig, die Displays sehen sehr gut aus, CarPlay (kabellos) funktioniert super, es gibt eine gute App, es gibt den Apple CarKey, der zur Not auch mal das Entsperren und Starten via Apple Watch ermöglicht und die Ladeplanung ist okay. Nicht perfekt, aber okay. Nur die Optik der internen Navigation finde ich eher bescheiden, auch wenn sie sehr gut in das Head-up-Display integriert wurde.
- Zwei Punkte sind mir bei einem Elektroauto mittlerweile wichtig: Frunk und One Pedal Driving. Ein Frunk fehlt, was ich bei dieser Größe und extrem großen Partie vorne wirklich nicht gut finde. Ein Frunk ist optimal, um auch mal bei schlechtem Wetter die nassen Ladekabel unterzubringen, damit sie nicht im Kofferraum liegen müssen. Das One Pedal Driving ist hingegen sehr angenehm und auf Wunsch bleibt der BMW iX auch stehen.
BMW kann, wenn man will
Der BMW iX zeigt, dass BMW kann, wenn man wirklich will. Ja, die Optik, ihr dürft da gerne eure Kritik in den Kommentaren äußern. Doch ich vermute, dass BMW mit dem „prolligen“ Design auch einfach die eigene Zielgruppe ansprechen will.
Ich muss aber auch ehrlich sagen, dass mir das Design besser als bei Mercedes gefällt, die das Design derzeit komplett dem cw-Wert unterordnen. Da habe ich lieber ein paar Kanten und Ecken mehr, aber sowas ist eine rein subjektive Sache.
Doch die Technik überzeugt. Isolierung, Fahrverhalten, Rekuperation, Ladeleistung, Platzangebot, Software, BMW hat hier abgeliefert. Nur schade, dass man das bei BMW nur in dieser Preisklasse bekommt. Der BMW iX3 ist auch ein gutes Auto, aber kein so gutes Elektroauto wie der BMW iX (da er im Kern ein Verbrenner ist).
Der BMW iX wäre kein Auto für mich, dafür ist er mir viel zu groß und dafür hat er beim Rückwärtsfahren auch einen viel zu schlechten Wendekreis. Ich falle auch nicht gerne extrem auf, aber dieses Auto ist auffälliger als die meisten anderen Testwagen, die ich bisher hatte. Selbst ein Taycan fällt im Jahr 2022 weniger auf.
Doch es ist schön zu sehen, dass BMW noch richtig gute Elektroautos bauen kann. Nur schade, dass man diesen Standard eben erst ab 80.000 Euro aufwärts bei BMW bekommt. Daher bin ich mal gespannt, was da in Zukunft noch so kommt.
Kurz: BMW hakt beim iX viele Punkte ab und hat abgeliefert. Dafür muss man aber eben ein sehr teures und großes Auto kaufen. Ich hoffe, dass diese neuen Elektro-Standards von BMW jetzt sehr zügig in die anderen Preisklassen einziehen.