TIER E-Scooter ausprobiert: Der Albtraum auf zwei Rädern

An die 100 Fahrten habe ich mit E-Scootern des Unternehmens TIER Mobility durchgeführt. Hier lest ihr, wie es mir dabei erging.

Ich mag E-Scooter. Und ich mag auch E-Scooter-Sharing. Ich gehöre nicht zu den Leuten, die sich über jeden im Weg liegenden E-Scooter aufregen und daher das ganze Konzept verteufeln. Ich musste zwar auch schon mal einen Elektroroller zur Seite räumen, weil er gestört hat, das war aber einfach. Auf der gleichen Strecke konnte ich das mit zig regelwidrig parkenden Autos nicht. Aber darum soll es nun nicht gehen.

E-Scooter-Sharing passt zu mir

Ich kam zufällig in die Situation, dass E-Scooter-Sharing für mich das passende Konzept wurde. Ich fahre Auto und Fahrrad, aber eher ungern ÖPNV. Da der Nachwuchs aber inzwischen in eine Kita geht, die eine gewisse Strecke weg ist, bot sich zur Abholung ein E-Scooter an. Zumindest für eine Strecke, denn nach Hause geht es meist mit dem Kinderwagen. Das ist auch der Grund, warum ein eigener E-Scooter hier nicht geholfen hätte.

In Chemnitz hatte ich die Auswahl zwischen Rollern von „Bird“ und den TIER E-Scootern. Ich entschied mich für TIER. Das ist jetzt fast 100 Fahrten und viele Monatsabos her. Ganz billig war und ist das nicht, aber praktisch. Das dachte ich bis zu einem gewissen Punkt zumindest. Das Fahren mit solch einem Roller macht mir nach wie vor Spaß, aber dann fielen mir die ersten Probleme auf.

Tier Scooter App 1

Probleme mit den TIER E-Scootern

Die TIER E-Scooter, die in Chemnitz eingesetzt werden, schaffen maximal 30 Kilometer Reichweite. Welche Reichweite solch ein Roller noch bietet, sieht man direkt in der App. Das ist praktisch. Wichtig zu wissen aber: ist die Reichweite bei 15 km oder weniger, kommt man nur noch mit merklich weniger Leistung Steigungen hoch. Das nervt sehr.

5 km Reichweite? Lass das lieber bleiben.

Auch fiel mir phasenweise das deutlich reduzierte Angebot an Fahrzeugen auf. Mehrere Tage musste ich quasi die halbe Strecke zu Fuß laufen, bis ich einen Roller ergattern konnte. Wer solche Fahrten nur aus Spaß macht, dem ist das vielleicht egal, aber für Alltagsstrecken ist die Verteilung der Scooter schlecht gelöst. Hier scheint TIER nicht regulierend einzugreifen, was schade ist.

Kein E-Scooter weit und breit verfügbar

Obendrein hängt das GPS-Signal in der App oft hinterher. Das nervt besonders dann, wenn man warten muss, bis der Standort beim Abstellen des Rollers innerhalb der App korrekt angezeigt wird (am Rand von Sperrzonen besonders spaßig) und man dadurch ohne Sinn eine Fahrtminute mehr zahlen muss.

Auch die Wartung der Roller ist ziemlich bescheiden. Dass bei jedem Roller die Bremsen anders reagieren, lässt sich ja irgendwie technisch begründen. Allerdings wackelt bei jedem zweiten Roller das hintere Schutzblech oder die Handyhalterung so extrem, dass man komplette Wegstrecken mit einer nervigen Geräuschkulisse zurücklegen muss. Ich bin inzwischen schon dazu übergegangen, das Schutzblech während der Fahrt mit meinem Fuß zu fixieren.

TIER E-Scooter lässt mich im Stich

Nun könnte man meinen, das sind alles Kleinigkeiten, die nicht gerade die Bezeichnung „Albtraum auf zwei Rädern“ rechtfertigen. Und das ist auch so. Denn das eigentliche „Schmankerl“ kommt erst jetzt. Die TIER E-Scooter schalten sich ab und an während der Fahrt einfach ab. Das ist mir inzwischen schon dreimal passiert, und zwar mitten auf der Straße im fließenden Verkehr.

Beim ersten Mal dachte ich noch: Okay, ein technischer Defekt kann ja mal vorkommen. Beim zweiten Mal dachte ich: Mh, ein komischer Zufall, dass das schon wieder passiert. Und beim dritten Mal war ich einfach nur noch wütend.

Das ganze lief bei mir stets gleich ab. Man entsperrt den Scooter, fährt los und nach ein paar Hundert Metern leuchtet am Display ein rotes Icon auf. Dann piept es kurz und die Leistung fällt komplett ab. Der Scooter kann nicht mehr mit Motor bewegt werden. Man muss absteigen und ihn an den Straßenrand schieben. In zwei von den drei Fällen war das richtig gefährlich, da nicht nur ich, sondern auch andere Verkehrsteilnehmer nicht mit meinem plötzlichen Stillstand gerechnet haben. Ein Albtraum.

Problemursache unklar

Der Support von TIER Mobility ist wenig hilfreich. Mal gibt es als „Entschädigung“ ein paar Freiminuten und mal gibt es nur die Erstattung der Fahrtkosten, die auch bei diesem Defekt natürlich direkt eingezogen werden. Ich habe selbstverständlich versucht herauszufinden, was das Problem ist, bin aber nicht weitergekommen. Zuerst dachte ich an eine Art Überhitzung, da die Roller teilweise sehr lange in der prallen Sonne stehen, der letzte Ausfall ist allerdings bei niedrigeren Temperaturen passiert.

Mittlerweile vermute ich sogar, dass sich der Service an sich aufhängt und der Roller dann keinen Kontakt mehr zur TIER Cloud hat. Ich weiß nicht, ob das so sein kann. Aber bei einem der Ausfälle fiel mir auf, dass kurz darauf die Karte in der TIER-App ebenfalls stockte und gar keine Scooter im Leihgebiet mehr anzeigte.

Unterm Strich wollte ich euch einfach von meinen Erfahrungen mit den TIER E-Scootern berichten. Ein Fazit kann ich nur für meine Erlebnisse mit den Rollern ziehen: Das Konzept ist klasse, das Fahren macht Spaß, wenn denn alles so funktionieren würde wie es soll und die E-Roller besser in Schuss gehalten werden würden.

Heute hat TIER übrigens verkündet, dass man ein neues E-Scooter-Modell in Deutschland einführt und damit seine Flotte in den ersten Städten modernisieren möchte. Ich sage dazu: Es kann nur besser werden.

Update: Das sind die Gründe für meine Probleme.

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