LG G Watch: Meine Erfahrungen und Kritik zur Smartwatch mit Android Wear

Gastbeitrag

Ich habe die LG G Watch nun eine Woche und möchte meine Erfahrung mit ihr und Android Wear beschreiben und auf Details eingehen, die ich dabei interessant finde.

LG G Watch

Sobald irgendwo ein Bild der G Watch auftaucht, liest man sofort auch kritische bzw. abwertende Kommentare bezüglich der Optik. Es kommt grundsätzlich natürlich auf den Geschmack drauf an, aber ich glaube auch auf die Sichtweise; ob man nun eine klassische Uhr mit zusätzlichen Funktionen erwartet oder eher ein kleines Smartphone im Uhrenformat. Ich hatte zwar täglich eine Uhr um, sehe eine Smartwatch aber eher als technisches Produkt denn als Schmuckstück. In diesem Zusammenhang erwarte ich auch bisher kein rundes Gehäuse oder gar einen runden Bildschirm.

Noch finde ich diese neue Gerätegattung eigentlich so interessant, dass sie sich nicht als Uhr verstecken muss. Ich finde das Design soweit eigentlich gelungen, sicherlich gibt es Spiel nach oben, aber (noch wichtiger?) auch nach unten; so ist die erste Pebble beispielsweise gar nicht mein Fall und an der Smartwatch 2 von Sony stören mich die markanten Android Bedientasten auf der Front.

Nichtsdestotrotz hätte ich sicher auch zur Moto 360 gegriffen, wenn sie jetzt zum gleichen Preis hier in Europa verfügbar gewesen wäre, aber die zeitliche und örtliche Verfügbarkeit sowie der Preis sind ja bisher leider noch ungewiss. Ich habe mich also für eines der ersten Verfügbaren Geräte entschieden, da ich vor allem nicht mehr warten wollte und mich die Neugier trieb. Für die G Watch entschied ich mich übrigens damals weil zu Beginn ja noch die Meinung verbreitet war, dass die Gear Live nur mit Samsung Smartphone kompatibel sei. Da bei mir tendenziell im Zusammenhang mit Samsung ein schlechtes Gefühl mitschwingt, habe ich meine Entscheidung für die G Watch und die Bestellung dann einfach beibehalten.

Einer der größten Kritikpunkte ist die Akkulaufzeit. Ich muss sagen, dass ich schon vorher nicht erwartet habe, dass eine Smartwatch länger als ein Tag durchhält. Als ich dann bei der Präsentation erfahren habe, dass die Uhr ein Tag schafft und das obwohl der Bildschirm immer an ist (, wenn auch gedimmt,) war ich richtig begeistert. Wie bereits erwähnt, werde ich auch hier nicht meine bisherige Uhr, die seit 2 Jahren mit der ersten Batterie läuft, als Grundlage nehmen. Ich sehe hier viel eher ein Gerät mit Prozessor, LC-Touch-Display, Bluetooth, Spracherkennung und nur einem 400 mAh Akku; das beeindruckt mich noch heute ehrlich gesagt.

An dieser Stelle erwähnt sei, dass ich bisher leider keine Pebble genutzt habe (, den Einfuhrproblemen sei Dank,) und ich dementsprechend auch keine Vorbelastung habe. Es ist aktuell so, dass ich bevor ich ins Bett gehe, die G Watch abnehme und in die Ladeschale lege. Meine bisherigen Armbanduhren habe ich auch immer zur Nacht abgelegt. Im Gegensatz zu meinem Smartphone, habe ich die G Watch aber nicht auf meinem Nachttisch, da mich dort der ständig, wenn auch schwach, leuchtende Bildschirm stört: ich habe keine Lichtquellen wie Digitalwecker oder so am Bett, auch die Benachrichtingsleuchte des Telefons schaltet sich nachts aus. Hierbei erwähnt soll noch sein, dass die Ladestation auf der Unterseite eine silikonähnliche Schicht hat, wodurch sie auf glatten Flächen festklebt.

Hieraus ergibt sich in Kombination mit dem integrierten Magneten eine hervorragende Bedienbarkeit, auch mit nur einer Hand. Ich komme so auch nach einer Woche noch gut mit den regelmäßigen Ladezyklen klar.

Da ich den Bildschirm bereits einige Male erwähnt habe, möchte ich auf diesen jetzt genauer eingehen. Er besitzt 280 x 280 Pixel, das sind 23% weniger als bei der Gear live und ja man sieht einzelne Pixel, dies wäre in der Zukunft sicherlich noch verbesserungswürdig, aber für diese erste Generation ist es akzeptabel und gestört hat es mich bisher auch noch nicht, es fällt nicht einmal bei dünnen Sekundenzeigern auf. Die Ablesbarkeit wird weitestgehend als schlecht bezeichnet. Innerhalb von Gebäuden gibt es keinen Grund zur Befürchtung, hier kann man alles reibungslos sehen. Draußen wird es schon schwieriger. Bei Sonnenschein und gedimmten Standby sieht man keine Uhrzeit mehr, doch hebt man dann den Arm oder drückt einmal auf den Bildschirm, erwacht der Bildschirm und man kann bei höchster eingestellter Helligkeit locker die Uhrzeit ablesen, auch Benachrichtigungen sind erkennbar und ablesbar.

Ich konnte die Kritiken in den meisten Testberichten in diesem Punkt eigentlich nicht nachvollziehen, aber da man wohl noch einige Geräte mit  Android Wear erwarten kann, wäre auch ein Modell mit e-Ink-Touch-Display wie in vielen eReadern denkbar, und für viele bestimmt interessanter – aber mal gucken was die Zukunft da bringen wird.

Android Wear

Google neues Betriebssystem besteht im Wesentlichen aus vier Bereichen. Der offensichtlichste ist der Startbildschirm. Hier befindet man sich, wenn man den Bildschirm aus dem gedimmten Zustand erweckt, indem man den Arm hebt oder man auf den Bildschirm drückt, um die Benutzung zu starten. Hier sieht man immer die Uhrzeit, ein langes Drücken ermöglicht deren Darstellung, also das Watchface, zu ändern. Es gibt (auf der G Watch) 23 vorinstalliert zur Auswahl und die Möglichkeit weitere über den Playstore des verbundenen Telefons zu installieren.

Hier umfasst die Auswahl nach etwas über einer Woche bereits 18 Stück – von der binären Anzeige bis zur selbst gestaltbaren Uhr. Wischt man von oben über den Startbildschirm erscheint eine Anzeige des Datums, des Akkustandes sowie die Möglichkeit, die Vibration ein bzw. aus zu schalten. Je nach Vorhandensein ragt von unten eine weiße Karte hinein, auf der Informationen zu einer Benachrichtigung angezeigt werden. Zieht man diese Karte nach oben gelangt man in den zweiten Bereich.

Der Benachrichtigungsbereich ist eine Kombination aus Google now und der Benachrichtigungsleiste des Smartphones. Passiert irgendwas auf dem Handy, so sieht man es auch hier. Kommt eine neue Benachrichtigung dazu, so aktiviert diese die Vibration und den Bildschirm der Uhr, sodass man sofort sieht was gerade passiert ist. Die verschiedenen Karten werden untereinander in einer Liste dargestellt und können jeweils mit einem Wischen nach rechts gelöscht werden. Sie verschwinden dann auch auf dem Handy. Ein wischt nach links hingegen bietet fortfolgende Optionen. Bei bisher nicht angepassten Apps, wie noch die meisten, gibt es hier nur die Optionen die auch innerhalb der Benachrichtigungsleiste auf dem Telefon zur Verfügung stehen.

Bei WhatsApp zum Beispiel bisher nichts, bei allen mir bekannten Musikplayern hingegen Abspielen/Stopp, Weiter und zurück. Auch dies finde ich gut gelöst, da die Funktionalität ohne Entwicklungsaufwand meist über das benachrichtigen lassen hinausgeht. Aber gerade Nachrichtendienste müssen da ihr Apps unbedingt anpassen. Google zeigt mit Hangouts wie es gehen kann: Man bekommt eine Benachrichtigung, kann hier den ganzen Inhalt der Nachricht lesen, ein Wisch nach links zeigt den Chat-Verlauf mit der Person an, ein weiteres Wischen ermöglicht per Spracheingabe zu antworten. Simple und genau die Funktionen, die man braucht.

Google Dienste wie Gmail, Notizen und Maps spielen generell die Vorreiterrolle, sind aber natürlich auch noch nicht perfekt.

Drückt man einmal auf die Uhr im Startbildschirm oder sagt „ok, Google“ gelangt man in den dritten Bereich, die Google Suche. Hier kann man im Prinzip alles suchen, was man auch auf den PC suchen kann, es gibt aber starke Differenzen in Aufbereitung der Ergebnisse. Sucht man simple Sachen wie „Wie groß ist Phillip Lahm?“ bekommt man das Ergebnis mit einem Bild der Person hinterlegt.

Fragt man aber komplexe Dinge oder sucht nach Stichworten so bekommt man wie bei einer Suche am PC nur einen Link und die ersten Worten der verlinkten Seite angezeigt; blöd ist nur, dass man diese Links zwar öffnen kann, aber nicht auf der Uhr sondern auf dem Handy. Macht zwar prinzipiell mehr Sinn als ein Browser auf der Uhr, aber schön wär es, wenn mehr Anfragen verstanden und kurz beantwortet werden könnten. Dies gelingt aber (in Deutschland) meist nicht. Man kann aber nicht nur Suchen initiieren, sondern auch Aktionen per Sprache starten.

So kann man SMS und Emails (komischerweise bisher keine Hangouts) schreiben, Erinnerungen setzen, Notizen schreiben oder auch Schritte anzeigen lassen. Hierbei ist es natürlich nervig, wenn der gesprochene Inhalt nicht so erkannt wurde wie er sollte. Oft habe ich zu diesem Thema auch so was gelesen wie „Wer will denn im Bus oder in der Bahn mit seiner Uhr reden?“. Ich habe in der Nutzungszeit gemerkt, dass das wohl fast keiner machen wird, aber auch nicht braucht, denn gerade im Nahverkehr hat man ja sein Handy meist sowieso in der Hand.

Hier sehe ich auch nicht den Einsatz, sondern in den schnellen Situationen zwischendurch; auf dem Weg von der Haustür zum Auto oder während irgendeiner Tätigkeit kurz antworten oder wenn einem auf dem Sofa was für eine Notiz/Erinnerung einfällt und das Smartphone wieder irgendwo anders liegt. Die Uhr soll im meinem Empfinden die vorhandene Technik nicht mit Zwang ersetzten, sondern da wo möglich sinnvoll ergänzen.

Der vierte Bereich von Android Wear sind die Apps. Um Programme zu starten gibt es mehrere Wege. Zum einen per Sprachbefehl „Starte…“, der aber je nach Name der App öfters nicht gut funktioniert. Außerdem ist es unnötig einen Satz zu sprechen um lediglich eine so simple Aktion durzuführen. Im Vergleich dazu bewirkt der Satz „SMS an xxx, Ich komme später“, dass 1. die Aktion SMS schreiben aufgerufen wird, 2. der Inhalt „Ich komme später“ geschrieben wird, 3. der Empfänger eingetragen wird und 4. Die Nachricht abgeschickt wird.

Dies geht so sogar schneller als bisher gewohnt, aber Apps per Sprache zu öffnen ist leider unzuverlässig und langsam. Die Alternative ist aber auch recht aufwendig: Google Suche starten, Suche abbrechen, nach unten scrollen, Starten auswählen, zur gewünschten App scrollen, drauf drücken.

Die Frage, die man sich da sofort stellt ist: Warum? Ich habe hier schon verschiedene Erklärungsansätze gelesen. Der einfachste ist, das es Google schlicht vergessen oder nicht mehr rechtzeitig geschafft hat, die Funktion besser zu integrieren. Ein zweiter Ansatz ist, das Google das absichtlich etwas versteckt hat, weil das Konzept anders ausgelegt ist.

So sollen sich die Apps vor allem dann öffnen, wenn es der Kontext erfordert. Auf der Präsentation sah man beispielsweise ein Kochapp, die auf dem Smartphone bequem durchblättern werden konnte, war das gewünschte Rezept gefunden, so kann es auf dem Telefon durchgelesen werden, startet man dann aber das Kochen so dient die Uhr ab dem Moment, wo man das Handy nicht mehr wirklich benutzen kann, als Wegweiser und Timer.

Hierzu kann ich auch den heute Morgen auf Mobiflip erschienenen Leserbeitrag empfehlen. Das ist sicherlich in entsprechenden Fällen ein guter Einsatz, aber es gibt auch Apps wie z.B. eine (Einkaufs-) Liste, die man einfach auf der Smartwatch öffnen will.

Aber Android wäre nicht Android, wenn es nicht bereits Abhilfe gäbe. Ein Entwickler hat den Wear Mini Launcher programmiert, eine Liste, die auf dem Startbildschirm über einen Rechtswisch aus der oberen linken Ecke erreicht werden kann und alle installierten Apps enthält. Ich finde schade, dass Google eine solche Lösung nicht selbst vorgesehen hat, aber ich denke Google weiß eben auch noch nicht genau, wie die Entwickler und die Benutzer Android Wear nutzen werden.

Die Auswahl an Apps steigt täglich um ca. 10 Apps und umfasst aktuell 131 Apps und 5 Spiele, wobei sich Furzapps, Taschenrechner und Taschenlampen (weißer Bildschirm) zunehmend häufen (je mind. drei Exemplare). Aber es gibt aber auch schon interessante Apps, die hier auf Mobiflip teilweise schon vorgestellt wurden, wie ein Kameraauslöser inkl. Livebild, IFTTT oder eine App, die Widgets auf der G Watch nutzbar macht. Ich hoffe natürlich, dass gerade Apps, die man häufig nutzt, schnell sinnvolle Erweiterungen für Wear bekommen, wie WhatsApp, Facebook, On Air oder Amazon, wobei ich hier nicht immer ein vollständige App erwarte, es reichen oft auch erweiterte Benachrichtigungen.

Wer gezielt auf der Suche nach Apps für Android Wear ist, sollte sich unbedingt den Wear Store angucken; diese App zeigt unter anderem auch welche Programme seit dem letzten Öffnen neu dazugekommen sind.

Fazit

Ich wurde schon öfters gefragt, ob ich die Uhr weiter empfehlen würde. Ich hab bisher den meisten Personen abgeraten, da sie eher zu den normalen Nutzern gehören, die nicht täglich nach Apps suchen würden oder sich mit Problemen abgeben. Aber ich habe es bisher nicht bereut, da sie mir täglich Spaß macht und mir den Alltag mitunter auch schon erleichtert. Vor allem sehe ich das enorme Potenzial.

Ich weiß zwar, dass es bisher nicht ausgereizt ist, aber ich freue mich darauf Teil der Entwicklung zu sein und zu sehen, wie dieses Projekt wächst. Da hier bei Mobiflip wohl mehrere Leute lesen, mit dieser Einstellung, kann ich euch nur empfehlen, eine der Uhren auszuprobieren.


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