Samsung ATIV Tab mit Windows RT Testbericht

Mit dem ATIV Tab versucht Samsung den Markt der Windows-RT-Tablets für sich zu gewinnen. Dabei tritt man gegen in diesem Sektor starke Konkurrenz, die mit innovativen Ideen neues wagen. Samsung hingegen bleibt dem „klassischen“ Tablet treu und präsentiert ein Gerät ohne großartige Produktivitäts-Anleihen. Nach meinem ersten Eindruck gibt es hier nun den Testbericht. Kann sich das ATIV Tab von der Konkurrenz absetzen, oder bleibt Samsung mit diesem Tablet hinter den Möglichkeiten?

Lieferumfang und Spezifikationen

Auf dem Blatt ist das ATIV Tab ein recht gut bestücktes Tablet. Zwei GB RAM, eine gute Dual-Core-CPU, 32 GB interner Speicher (von denen wiederum allerdings nur knapp 15 GB zur freien Nutzung zur Verfügung stehen) lesen sich recht gut. Der Lieferumfang ist recht knapp gehalten und mittlerweile Standard. Spezielle Gimmicks gibt es hier also nicht. Im Detail sieht das dann folgendermaßen aus:

Spezifikationen

  • 10,1” LC-Display mit 1366 x 768 Pixeln (155 ppi)
  • 1,5 Ghz Snapdragon S4 Plus Dual-Core-CPU
  • 2 GB RAM
  • 32 GB interner Speicher (ca. 15 GB frei und per Micro-SD um max. 64 GB erweiterbar)
  • 8.200 mAh großer Akku
  • 5 MP Kamera (1,9 MP Frontkamera)
  • Maße: 265,8 x 168,1 x 8,9 mm
  • Gewicht: 570 Gramm
  • Ports: 1 x USB, 1 x Micro-HDMI, 1 x Micro-SD

Lieferumfang

  • Samsung ATIV Tab
  • Netzteil & Kleeblattkupplung
  • Kurzanleitungen

Hardware

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Das ATIV Tab ist ein typisches Samsung-Tablet mit der bekannten Form, den auffälligen Front-Lautsprechern und auch der Kunststoff-Rückseite, die man z.B. vom Samsung Galaxy S3 kennt: Glattes, glänzendes Polycarbonat, das auf den Look von gebürstetem Aluminium getrimmt ist. Ich habe es bereits im ersten Bericht angesprochen und meine Meinung hat sich seitdem nicht geändert: Die Rückseite will mir gar nicht zusagen. Sicherlich ist das Tablet durch den Einsatz von Polycarbonat recht leicht, allerdings geht das zu Lasten der Haptik. Es fühlt sich einfach nicht wie ein, dem Preis entsprechendes, hochwertiges Tablet an. Die Vorderseite hingegen gefällt. Dadurch, dass die Lautsprecher an der Vorderseite angebracht sind, kann sich Samsung mit diesem hübschen Detail absetzen und sieht von vorne nicht aus, wie jedes andere Tablet.

Die Buttons sind ebenso gut gelungen, lassen sich gut betätigen und bieten keinen Anlass für Kritik – mit Ausnahme des Home-Buttons. Der ist relativ wacklig angebracht. Der Druckpunkt der Buttons ist allerdings durchgehend sauber gewählt. Trotzdem: Die schlechte Haptik der Rückseite überwiegt. Mit dem geriffelten Kunststoff des Galaxy S2 und des Galaxy Nexus hatte Samsung damals einen guten Schritt nach vorne gemacht, der glatte Kunststoff der aktuellen Generationen ist im Vergleich dazu meiner Meinung nach ein klarer Rückschritt. Das frustriert, denn gerade ein so großes und erfolgreiches Unternehmen mit einer riesigen Research-&-Development-Abteilung, wie Samsung es eben ist, hat schier unausschöpfliche Möglichkeiten und könnte großartiges auf die Beine stellen – sie machen es nur nicht.

Insgesamt liegt das Tablet recht gut in der Hand, was vor allem am vergleichsweise geringen Gewicht liegt. Hier macht sich der eingesetzte Kunststoff wieder bezahlt. 16:9-Tablets dieser Größenordnung haben es hier meiner Meinung nach nicht wirklich einfach, wenn es um Dinge, wie die Handlichkeit des Gerätes geht. Samsung hat aber genau das relativ gut geschafft. Im Prinzip lässt sich sagen, dass die Hardware des ATIV Tab ein Kompromiss ist: Nicht wirklich hochwertig, dafür aber eben leicht und handlich.

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Display

Das Display des ATIV Tab macht mit 1.366 x 768 Pixeln auf 10“ einen ordentlichen Eindruck. Dazu empfinde ich diese Displaygröße als angenehmer im Beispielvergleich zum Surface-Tablet von Microsoft, da das ATIV Tab so doch noch besser in der Hand liegt, aber trotzdem ein ausreichend großes Display bietet.

Farben sehen aufgrund der LCD-Technik natürlich aus und generell wirkt das Bild angenehm. Das Lesen längerer Texte ist so auf jeden Fall machbar. Trotzdem haut mich das Display nicht vom Hocker. In Zeiten, in denen das Nexus 10 und das aktuelle iPad mit hochauflösenden und extrem scharfen Displays daherkommen, beeindruckt das ATIV Tab eben nicht und der Unterschied ist bemerkbar.

Vor allem bei dem recht hohen Preis, den Samsung veranschlagt, hätte ein ebenbürtiges Display drin sein müssen. Ich persönlich kann damit leben, bin allerdings so genügsam, dass ich auch mit dem Display des iPad 2 noch ganz gut klarkomme. Insgesamt betrachtet hätte beim Display aber mehr drin sein müssen, um wirklich zu beeindrucken. Beim ATIV Tab ist es lediglich „nettes Beiwerk“ und kein herausragendes Killer-Feature – sowohl auf dem Blatt, als auch in der letztlichen praktischen Benutzung.

Software

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Auf dem Tablet läuft Windows RT, sozusagen die Tablet-Version von Windows 8. Bereits im Vorfeld hätte ich darauf gewettet, dass die neue Modern-UI riesigen Spaß auf einem Tablet macht und genau das ist auch der Fall. Die, auf Gesten ausgelegte, Navigation durch System und Apps macht Spaß, das Andocken einer zweiten App als Seitenleiste neben einer anderen Applikation ist im Feld der Tablet-Betriebssysteme revolutionär und eröffnet ganz neue Möglichkeiten. Man will die Email-Inbox nebenbei im Blick behalten, während man sich in einer anderen App aufhält? Alles kein Problem! Microsoft ist hier definitiv auf dem richtigen Weg.

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Viel Spaß macht auch das Surfen mit dem Tablet. Internet Exlorer 10 ist unter der Modern UI ein toller Browser: Schnell, zuverlässig, mit durchdachten Funktionen ausgestattet und auch die Darstellung von Webseiten klappt überraschend gut. Genauso klasse sind auch andere vorinstalliert Apps. Die News-App iist für mich z.B. ein Padaradebeispiel dafür, wie eine gute Nachrichten-Applikation auszusehen hat, denn die Artikel sind schlichtweg toll aufbereitet. Lesen macht so eine Menge Spaß.

Samsung hat auf dem Tablet natürlich auch einige Apps vorinstalliert – allen voran sind hier der plattformübergreifende Messenger ChatON und der Onlinespeicher-Dienst box.net interessant. Wer diese partout nicht auf dem Tablet behalten möchte, kann sie problemlos deinstallieren – gut gemacht, Samsung, denn das ist noch immer keine Selbstverständlichkeit.

Allgemein fehlt es Windows RT noch an wirklich guten Modern-Apps, die die Möglichkeiten des Systems hinsichtlich des Designs mit der Funktionalität ihrer Äquivalente auf anderen Systemen verbindet. Das ist sicherlich nicht Samsungs Schuld, allerdings will der gemeine Nutzer eben ein möglichst komplettes und gutes App-Ökosystem haben – das hat die Vergangenheit gezeigt. Gerade in diesem Hinblick darf man den momentanen Stand bei Microsoft und Windows 8/RT nicht vergessen und da zeigen sich die teilweise eklatanten Mängel des Systems.

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Der vorhandene USB-Post ist darüber hinaus zu einem gewissen Grad sinnlos, da es in der Modern UI schlichtweg keinen Dateimanager gibt. Nur innerhalb anderer Applikationen kann man dann auf die Dateien zugreifen (im obigen Bild als Beispiel SkyDrive). Samsung hat es hier schlichtweg verpasst, eine entsprechende App mitzuliefern, sodass man auf Angebote aus dem Windows Store angewiesen ist. Warum das der Fall ist, weiß ich nicht – unverständlich ist es allemal, denn verschiedene Apps hat Samsung beim ATIV Tab ja, wie gesagt, bereits vorinstalliert. Dadurch ist man dann darauf angewiesen, auf den File-Explorer des Desktop-Modus auszuweichen, der natürlich nicht für Touch-Eingaben optimiert ist.

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Apropos Desktop-Modus: Ich verstehe nicht, warum Microsoft den Desktop-Modus in Windows RT belassen hat. Die einzige Begründung dafür ist, dass man auch Office 2013 nutzen können soll, da es von der neuen Office-Suite ja keine Variante für die Modern UI gibt. Selbst das rechtfertigt die Existenz des Desktop-Modus für mich nicht. Die Bedienung von Office 2013 fällt über den Touchscreen mehr als mühsam aus und macht einfach keinen Spaß. Meiner Meinung hätte man den Desktop-Modus weglassen und auf eine Modern-Variante von Office 2013 warten sollen.

Probleme hatte ich auch mit dem Windows Store. Auffällig oft konnten neue Apps und Updates nicht heruntergeladen werden. Die Downloads haben sich quasi in einer Art Endlosschleife aufgehangen. Bei mir hat dann nur ein kompletter Neustart des Tablets geholfen. Das Problem ist keines vom ATIV Tab im Speziellen, sondern von Windows 8 generell. Auch an meinem Desktop-PC konnte ich diese Probleme dann und wann mal nachvollziehen – allerdings nicht in der Häufigkeit, wie sie beim ATIV Tab aufkamen.

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Performance

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Windows RT wäre also ein tolles Betriebssystem, wenn da nicht ein Aspekt wäre: Die Performance. Auch das Surface RT hatte bereits mit Rucklern zu kämpfen und das Samsung ATIV Tab macht da keine Ausnahme und das ist durchgängig im System der Fall. Überraschend oft hat man irgendwo mit kleinen Hängern zu kämpfen. Das fängt bereits beim Anpassen der Home-Tiles an, wo sich das Auswählen einer Kachel nicht wirklich flüssig anfühlt und es zieht sich bis in die einzelnen Apps hinein. Tweetro+ z.B. fühlt sich sehr unausgereift an, weil die Timeline alle paar Sekunden einfach stehen bleibt und Scrollen so kurz nicht möglich ist. Noch sehr viel deutlicher sieht man es bei MetroTweet. Die App ist von Haus aus nicht die performanteste, erreicht auf dem ATIV Tab aber einen neuen Höchstwert, wenn es um Ruckler und Hänger geht, sodass die Benutzung fast schon unzumutbar ist. Allerdings zieht sich das auch in diverse System-Apps hinein: Die Kontaktverwaltung nervt beispielsweise mit vielen, kleineren Denkpausen.

Im Großen und Ganzen läuft Windows RT trotzdem flüssig, das sollte man nicht falsch verstehen. Der Startscreen, die Gestensteuerungen – das läuft alles. Es gibt eben einfach nur zu viele reproduzierbare Momente, in denen das nicht der Fall ist. Der Desktop- Modus ist dafür ein ebenfalls recht gutes Beispiel: Dort hat man schon mit Rucklern zu kämpfen, wenn man im File-Explorer in längeren Listen scrollen will. Schön ist das, wie gesagt, nicht wirklich.

Sonstiges

Ich hatte während des Tests ein Mal starke WiFi-Probleme zu Hause. Wenn ich das Tablet mit meinem WiFi-Router verbinden wollte, bekam ich nur eine eingeschränkte Verbindung hin. Erneutes Verbinden, Reboots, de- und aktivieren des WiFi-Modules haben keine Besserung gebracht. Am nächsten Tag war dann aber komischerweise wieder alles in Ordnung. Eine kurze Recherche im Web hat ergeben, dass auch das Surface-Tablet diese Probleme hatte und, dass Microsoft dort bereits mit einem entsprechenden Patch nachgeholfen habe. Ob das in irgendeiner Art zusammenhängt, kann ich schlecht beurteilen. Das Problem jedoch besteht und war natürlich immens nervig.

Die Qualität der Lautsprecher ist erschreckend minderwertig. Bereits bei mittellauten Benachrichtigungen ist der Sound alles andere als klar und auch bei abgespielten MP3s ist das nicht anders. So schlechte Speaker habe ich persönlich bei Tablets und Smartphones bisher nicht gesehen, weswegen diese mindere Qualität umso erschreckender ist.

Die Akkulaufzeit des Tablets war in meinem Test überdurchschnittlich gut. Nutzte ich das Tablet über den Tag hinweg durchgehend in verschiedenen Alltagsszenarien (Twitter, Email, Reddit, YouTube und dergleichen), hat der Akku über drei Tage ausgehalten und war definitiv besser, als z.B. beim iPad und allen anderen Tablets, die ich bisher in den Händen hielt.

Warum man mit einem Tablet großartig fotografieren wollen würde, erschließt sich mir noch immer nicht. Trotzdem: Die Kamera-Software von Windows RT ist angenehm in der Benutzung. Tap-To-Shoot, Hold-To-Focus und andere nette Details können überzeugen und sind vor allem bei einem Tablet sehr nützlich, wenn man doch mal etwas ablichten möchte.

Etwas, das ich abschließend noch einmal am Rande erwähnen möchte: Mit einem gescheiten Stylus macht das Betriebsystem noch mehr Spaß. Die Gesten gehen dann noch noch leichter von der Hand und man könnte meinen, dass Microsoft beim Design der Navigation auch expliziert Styli im Hinterkopf hatte. Dass z.B. beim Surface Pro ein Stylus beiligt, ist also recht sinnvoll.

Fazit

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Insgesamt ist das Samsung ATIV Tab ein zweischneidiges Schwert. Das Tablet fühlt sich nicht hochwertig an, Windowss RT hat des Öfteren mit Performance-Problemen und anderen Schwierigkeiten zu kämpfen und die (noch) fehlenden Modern-Apps sind ebenfalls ein starker Kritikpunkt. Dennoch: Windows RT macht Spaß. Die Bedienung ist innovativ, sinnig und dahingehend das aktuell wohl beste Betriebssystem.

Zum Preis von aktuell rund 530 Euro kann ich das ATIV Tab aber nicht bedenkenlos empfehlen. Das Surface RT hat z.B. mit ganz ähnlichen Schwierigkeiten zu kämpfen, ist aber güntiger in der Anschaffung und hat auch eine bessere Haptik. Soll es unbedingt ein Samsung-Tablet sein, bekommt man mit dem ATIV Tab so ziemlich das, was man im Vorfeld erwarten kann, denn große Überraschungen bleiben aus. Anders herum ist das ein wenig schade, denn Windows 8 und Windows RT laden zum Ausprobieren ein, was man bei vielen anderen Herstellern sehr gut sehen kann. Man kann quasi sagen, dass das ATIV Tab „gewohnte Samsung-Kost“ ist: Wenige Experimente, solide, aber nicht überragende Nutzbarkeit und natürlich das gewohnte „Plastik“.


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