Kommentar: Netflix hat ein Problem

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Facebook ist weiterhin eines der größten Netzwerke der Welt, allerdings nicht mehr relevant in der jungen Zielgruppe. Das hat man sehr früh erkannt und Instagram als Alternative gekauft. Facebook selbst verliert mittlerweile aber tägliche Nutzer.

In den letzten Jahren kamen viele und gute Alternativen und einige davon konnte man mit eigenen Kopien aufhalten (Snapchat), andere aber nicht (TikTok). Doch warum greift Facebook überhaupt neue Alternativen so aggressiv und direkt an?

Facebook ist ein börsennotiertes Unternehmen und dort gibt es eine Regel, die den Aktienkurs beeinflusst: Wachstum. Selbst wenn die Zahl der Nutzer begrenzt ist, das spielt dort keine Rolle. Zur Not muss man eben nur den Umsatz steigern.

Das ist nicht immer gesund für ein Unternehmen, vor allem dann, wenn die Zahl der Nutzer eine natürliche Grenze hat: Die Anzahl der Menschen. Und die Börse ist auch mit 2 Milliarden Nutzern (Facebook) nicht zufrieden, sie will immer mehr.

Netflix erlebt jetzt den Wendepunkt

Mark Zuckerberg hat das erkannt und sehr klug eingekauft in den letzten Jahren. Instagram, WhatsApp, Oculus, da waren viele gute Investitionen dabei. Und man ist bereit, sich anzupassen, daher heißt der Mutterkonzern mittlerweile auch Meta.

Was hat das mit Netflix zu tun? Dort hat die Pandemie für ein unglaubliches Hoch in den letzten Monaten gesorgt. Das ist jetzt vorbei. Im ersten Quartal hat Netflix viele Nutzer verloren und im zweiten Quartal sieht die Lage sogar richtig düster aus.

Man rechnet damit, dass zwar neue Nutzer dazukommen, das wird aber nicht mehr ausreichen, um Nutzer auszugleichen, die kündigen. Netflix geht von einem Minus von zwei Millionen aus, die Zahl der Kündigungen dürfte also gewaltig sein.

Also macht man etwas, was oft schwierig ist: Der Fokus rückt weg vom Wachstum und hin zum Umsatz. Eine Preiserhöhung nach der anderen, Werbung und erste Maßnahmen gegen Account-Sharing, das sind die Prioritäten von Netflix derzeit.

Und gleichzeitig haben die Menschen mehr Alternativen denn je. Seien es Disney+, Apple TV+, Amazon Prime Video, Sky, Paramount+, HBO Max und viele weitere (oft lokale) Alternativen. Für den Netflix CEO Reed Hastings wird das jetzt nicht leicht.

Netflix und die „falschen“ Prioritäten

Wie bei Facebook bin ich aber langsam genervt von den Veränderungen. Ein Abo mit 4K-Qualität (was anderes ist im Jahr 2022 nicht mehr zeitgemäß) kostet 18 Euro und dürfte auch bald bei uns 21 Euro kosten. Über 20 Euro im Monat.

Sowas lohnt sich für einzelne Haushalte oft gar nicht mehr und das Standard-Abo ist mit bald 15 Euro nicht nur sehr teuer, es bietet auch nur FHD-Qualität. Der Rest würde vielen sicher ausreichen, aber FHD wäre für mich nicht mehr akzeptabel.

Ein Abo mit Werbung und noch höhere Preise sind meiner Meinung nach derzeit die falschen Prioritäten. Auf mich wirkt es so, als ob Netflix jetzt Panik hat, dass die Aktie abstürzt und man sehr aggressiv und schnell den Umsatz erhöhen möchte.

Grundsätzlich ist das auch eine gute Idee, aber man hat sich sehr viel Zeit für das Wachstum gelassen, solche Änderungen kann man jetzt nicht in wenigen Monaten durchziehen. Allerdings kann ich den Chef von Netflix auch etwas verstehen.

Würde man wie bisher weitermachen, dann müsste man damit leben, dass es auch mal etwas bergab geht oder stagniert. Netflix hat eine sehr gute Basis, das wäre doch eigentlich gar nicht so schlimm. Doch wie gesagt, es gibt da noch die Börse.

Netflix und die vielen Alternativen

Ich habe eine persönliche Grenze und mich daher dazu entschieden, dass Netflix mal eine Weile pausiert wird. Letztes Jahr habe ich das schon sehr ausführlich hier aufgeschrieben: Es gibt mittlerweile viele Alternativen und das ist sehr gut.

Ja, es nervt, wenn man die Abos immer wieder kündigen und alles im Blick haben muss, aber so ist man eben unabhängig von Netflix. Irgendwann werde ich das Abo wieder buchen, aber wir werden zum Einbruch im zweiten Quartal beitragen.

Netflix und der Streamingmarkt

Mal schauen, wie sich der Streamingmarkt in den kommenden Jahren entwickelt, aber es scheint so, als ob wir da langsam an einem Punkt sind, wo es schwieriger wird. Das ist problematisch, wenn Streaming die einzige Einnahmequelle ist.

Daher dürfte es auch nicht überraschen, dass Netflix andere Optionen testet.

Eine Lösung habe ich übrigens auch nicht, ich will nicht in der Haut von Reed Hastings stecken. Wenn wir mal ein Plateau haben, können wir es akzeptieren, es muss ja nicht immer bergauf gehen, eine kleine Pause ist manchmal gesund.

Diesen Luxus hat man an der Börse allerdings nicht.

Würde ich anders vorgehen (als Netflix das derzeit tut)? Ja. Man sollte schauen, dass man jetzt nicht zu viele Nutzer verliert und lieber alternative Einnahmequellen suchen. Und ich würde mich da vielleicht ein bisschen an Apple orientieren.

Hier war man komplett abhängig vom iPhone. Irgendwann hat man dann aber keine Verkaufszahlen mehr genannt und Alternativen aufgebaut. Das wäre für Netflix die beste Option, meiner Meinung nach. Man kann nicht immer mehr Geld aus den aktuellen Nutzern quetschen, wenn man das Konzept nicht grundlegend ändert.

Das iPhone wurde immer teurer, irgendwann gab es aber eine Grenze. Mittlerweile verdient Apple aber mit iCloud, dem App Store, der Apple Watch und weiteren Produkten zusätzlich viel Geld. So ein „Ökosystem“ wäre mein Fokus bei Netflix.

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