LG X Screen ausprobiert

Zusammen mit dem LG X Cam präsentierte LG im Februar auch das LG X Screen. Dabei handelt es sich um ein übliches Mittelklasse-Smartphone, welches vor allem durch einen Punkt auftrumpfen soll: Dem kleinen Zusatz-Display oberhalb des Haupt-Bildschirms wie es erstmals mit dem LG V10 eingeführt wurde.

Wie sich dieses Alleinstellungsmerkmal in der Praxis nutzen lässt und, bei welchen Aspekten eines Mittelklasse-Smartphones man hingegen den Rotstift angesetzt hat, ist in den folgenden Zeilen zu lesen. Zuerst aber wie immer der Beginn mit den technischen Daten in Listenform:

LG X Screen Unboxing

Als Leihgabe stellte uns LG das X Screen mitsamt eines Fan-Pakets zum neuen X-Men-Film zur Verfügung, auf Stoff-Beutel, Basecap und Sonnenbrille werde ich im Folgenden nicht weiter eingehen. So bleibt noch ein klassischer Smartphone-Pappkarton übrig, welcher nicht mehr und nicht weniger als den erwarteten Inhalt enthält.

Auffällig ist beim Zubehör vor allem das Ladegerät mit USB-Port auf der Oberseite. Ein Blick auf die Aufdrucke offenbart hier nämlich, dass eine maximale Stromstärke von gerade einmal 0,85 Ampere unterstützt wird. In Zeiten von Quick-Charge-Standards ist solch ein 4-Watt-Lader einfach nicht mehr zeitgemäß, dazu aber später mehr.

An weiterem Verpackungsinhalt bleiben noch das handelsübliche micro-USB-Kabel, ein In-Ear-Headset sowie verschiedene Zettelchen zu nennen, welche nur das allernötigste erklären. Eine kleine Aluminium-Nadel zum Entnehmen und Einsetzen der SIM-Karte wird ebenfalls mitgeliefert und bedarf keiner weiteren Erklärung.

Erster Eindruck vom LG X Screen

Mein erster Eindruck des Geräts selbst fiel nach der Ladegerät-Ernüchterung erstaunlich positiv aus. Glas-Rückseiten erleben gerade wieder eine Renaissance und auch LG springt wieder auf den Zug mit auf. So ist das getestete X Screen nicht nur vorderseitig mit einer schwarzen Glasscheibe ausgestattet, sondern wirkt, zumindest ohne Fingerabdrücke, auch von hinten recht ansehnlich.

Mittlerweile fast schon Tradition eines jeden Test-Prozederes ist bei mir die Verwunderung über das erstaunlich geringe Gewicht des Smartphones. Während dies mit Blick auf den separierten Akku in der OVP gewöhnlicherweise schnell verfliegt, hält das Erstaunen beim X Screen an. Mit einem Gewicht von gerade einmal 118 Gramm fällt das Smartphone federleicht aus, gerade in Anbetracht des durch breite Displayränder und Zusatz-Display recht großen Gehäuses.

Was sich (vom LG G4 kommend) zum Beginn noch ungewöhnlich anfühlt, erweist sich nach kurzer Nutzung als sehr angenehm und schmälert ebenso wenig wie die Dicke von nur 7,1 mm nicht den Eindruck von Hochwertigkeit. Zur guten Handhabung tragen auch die großzügig abgeschliffenen Ecken bei, abgerundet wird das ganze im wahrsten Sinne des Wortes durch Kanten in Aluminium-Optik.

Um ausreichend Konnektivität zu gewährleisten (Seitenhieb ans iPhone), bringt man selbstverständlich sowohl micro-USB-Anschluss als auch Klinkenbuchse im Gehäuse unter. Diese sind beide auf der Unterseite vorzufinden, auch den kleinen Lautsprecher und ein Mikrofon verbaut man dort. Sowohl Power-Button auf der rechten Seite als auch Lautstärkewippe haben kaum Spiel, sodass die Verarbeitungsqualität insgesamt als sehr gut einzustufen ist.

Performance des LG X Screen

LG verbaut im Innereren des X Screen einen Snapdragon 410 von Qualcomm mitsamt 4 Rechenkernen (je 1,2 GHz) und 2 GB an Arbeitsspeicher. Dabei handelt es sich um die selbe CPU wie sie beispielsweise auch beim Moto G (2015) zum Einsatz kommt, sodass Leistungswunder nicht zu erwarten sind. Dies bestätigt sich auch im AnTuTu-Benchmark mit einem Ergebnis von knapp 30.000, bei andauernder CPU-Belastung wird diese auf etwa 80% gedrosselt.

Die Nutzung in Anwendungen wie (dem vorinstallierten) Google Chrome und Twitter fühlt sich weitgehend flüssig an und bedingt durch den völlig ausreichenden Arbeitsspeicher stellt auch Multitasking das Gerät vor keine größeren Probleme. Auffällig sind im Vergleich zu Oberklasse-Geräten dennoch teilweise deutlich längere App-Ladezeiten, vermutlich durch die schwache CPU bedingt.

Was Spiele angeht, bin ich mittlerweile sowieso an einem Punkt angelangt, an dem das Smartphone maximal noch für eine Runde Hill Climb Racing zum Einsatz kommt und ansonsten auf Tablet oder PC zurückgegriffen wird. Dies und bspw. auch Temple Run meistert das X Screen erwartungsgemäß mit Bravur, lediglich bei aufwändigeren 3D-Titeln wird ein Einknicken der Framerate deutlich.

Software des LG X Screen

Das LG X Screen wird mit vorinstalliertem Android Marshmallow in Version 6.0.1 ausgeliefert. Das ist zum aktuellen Zeitpunkt noch positiv zu erwähnen, allerdings gilt es zu ergänzen, dass Updates bei einem LG-Mittelklasse-Gerät wie dem X Screen kaum zu erwarten sind. Natürlich lässt man es sich nicht nehmen, noch seine eigene Oberfläche über das System zu legen.

Vor allem auch durch den Wegfall eines App-Drawers erinnern die Homescreens so doch deutlich an das iPhone, mit dem Unterschied, dass Apple bekanntlich immer noch keine integrierten Widgets erlaubt. Wie vom G4 bekannt ergeben sich durch die koreanischen Modifizierungen aber auch einige Vorteile für den Kunden und der App Drawer lässt sich immerhin nachträglich hinzufügen.

So sind verschiedene nützliche Tools wie Datei-Manager, Aufgaben-Verwaltung und Notiz-App bereits vorinstalliert, ein separater Download entfällt somit. Auch erwähnenswert in diesem Zusammenhang sind die Apps WeatherPro und MeteoEarth, welche ebenso bereits im Auslieferungszustand auf dem Speicher Platz finden.

Das Einstellungs-Menü verschachtelt LG in vier verschiedene Kategorien und bietet dort sonst größtenteils die vom Vanilla-Android bekannten Optionen. Hervorgehoben werden kann beispielsweise die Möglichkeit, die Buttons in der Navigationsleiste frei zu verschieben und neue hinzuzufügen, ansonsten gibt es wenig Spannendes zu sehen.

Display des LG X Screen

Die HD-Auflösung auf 5 Zoll Diagonale resultiert in einer Pixeldichte von 297 ppi, etwas weniger als beim Retina-Display des iPhone 4S. Zwar bringen Flaggschiffe wie das Galaxy S7 auf gleicher Displayfläche vier mal so viele Pixel unter, dennoch erweisen sich auch die 720p als im Alltag ausreichend. Bei App-Icons und Texten ergeben sich zwar immer noch leicht pixelige Kanten, aber man kann halt zumindest im unteren Preissegment nicht alles haben.

Die Farben fallen relativ kräftig aus und auch bei schrägem Blickwinkel werden keine Abweichungen sichtbar. Was den Schwarzwert angeht, besteht sicherlich noch Luft nach oben, Kritik an einer ungenügenden Displayhelligkeit kann ich nicht nachvollziehen. Auch bei prallem Sonnenschein bleiben Inhalte weiterhin gut erkennbar, eine automatische Helligkeitsregelung ist aktivierbar.

Wie (vermutlich) auch die Rückseite wird das Panel des X Screen durch eine Gorilla-Glass-Scheibe geschützt. Eine Resistenz vor im direkten Licht sichtbaren Mikrokratzern kann auch dadurch zwar nicht gewährleistet werden, immerhin gleitet der Finger aber angenehm über die Oberfläche, was bei günstigen Geräten nicht immer der Fall ist.

X Screen: Der Zweitbildschirm

Wie bereits erwähnt, soll das X Screen vor allem durch ein Feature punkten, welches oberhalb des regulären 5-Zoll-Bildschirms angesiedelt ist. So verbaut man rechts neben der Frontkamera noch ein knapp einen Zentimeter hohes Zweitdisplay mit einer Auflösung von 520 x 80 Pixeln, welches nahtlos in den Hauptbildschirm übergeht.

Theoretisch bietet sich dieser Ansatz dazu an, den Displayrand möglichst schmal zu halten, so wirklich scheint man diese Chance beim X Screen aber nicht zu nutzen. So beschränken sich die Vorteile des speziellen Merkmals auf die Software-Möglichkeiten, denn von der bekannten Android-Displaydarstellung wird es überhaupt nicht angesprochen.

Stattdessen darf der Nutzer für die meisten Verwendungszwecke frei auswählen, was er dort denn angezeigt haben möchte. Somit ergeben sich einige Ähnlichkeiten zum Note Edge (das V10 konnte ich noch nicht testen), bedingt durch die andere Positionierung hat jedoch auch LG die Nutzungsmöglichkeiten überdacht. Auf Screenshots taucht der Pixelanbau leider nicht auf, sodass es sich als schwer erwies, die jeweiligen Darstellungen in Bildform festzuhalten.

Bei einer Nutzung des Homescreens oder Inhalten wie bspw. dem Chrome-Browser wird die Benachrichtigungsleiste regulär in den 1280×720 Pixeln dargestellt und der Second Screen beschränkt sich auf verschiedene Widgets. Angezeigt werden können dann beispielsweise Buttons für WiFi und die Taschenlampe, Optionen zur Musiksteuerung, Kalender-Einträge oder aber die zuletzt genutzten Apps.

Vor allem letzteres erwies sich als wirklich nützlich und sorgt dafür, dass da reguläre Multitasking-Menü kaum noch benutzt werden muss. Auch die schnelle Verfügbarkeit der „Schnellwerkzeuge“ (Quick Toggles) ist wirklich intuitiv gelöst, zumal die vier Verknüpfungen nach Belieben ausgewählt werden können. Wer möchte, kann sich auch bestimmte App-Verknüpfungen oder Schnellkontakte als weitere Seiten hinzufügen, ich empfand dies als weniger praktisch.

Völlig anders sieht es mit dem Zweitbildschirm aus, wenn gerade eine Vollbild-Anwendung aktiviert ist. In diesem Fall verfliegen leider alle Vorteile der Konfigurierbarkeit und es kann lediglich zwischen zwei Möglichkeiten gewählt werden: Entweder bleibt die Leiste komplett dunkelgrau (und wird bei Tipp zur Notification Bar) oder stellt dauerhaft die Benachrichtigungsleiste dauerhaft dar, ohne die Fullscreen-Inhalte zu beeinflussen.

Das ist soweit auch alles andere als unpraktisch, dennoch hätte ich mir zumindest einen Zugriff auf das Multitasking-Menü gewünscht. Da bereits ein eigenes Menü für das Verhalten im Vollbild-Modus existiert, dürfte sich eine solche dritte Einstellungsmöglichkeit zudem vergleichsweise einfach realisieren lassen.

Was das Verhalten des Bildschirms im Standby-Modus angeht, verhält sich der Second Screen hingegen vorbildlicher. Angezeigt wird hier dauerhaft eine vereinfachte Form der Benachrichtigungsleiste (Bluetooth-Icon fehlt beispielsweise), die wichtigen Symbole sind allesamt vorhanden. Zu kritisieren gilt hier nur die fehlende Vorschau eingegangener Nachrichten, wofür eine Entsperrung erforderlich ist.

Auch ohne die Hauptanzeige zu aktivieren lassen sich zudem die bekannten Widgets durch einen Swipe nach links oder rechts aufrufen. Auf eine Benachrichtigungs-LED verzichtet man im Gegenzug, denn durch die permanente Anzeige von Uhrzeit + neuen Nachrichten wird diese tatsächlich obsolet – durch AMOLED-Verzicht auch ohne Einbrennerscheinungen.

Ausdauer des LG X Screen

Das LG X Screen ist mit einem 2.300 mAh (8,5 Wh) starken Akku ausgestattet, welcher nicht gewechselt werden kann. Was vergleichsweise kurze Laufzeiten vermuten lässt, sorgte während des Testzeitraums allerdings doch für positive Überraschungen. Im Gegensatz zum LG G4 und anderen High-End-Geräten hatte ich absolut keine Probleme damit, selbst längere Uni-Alltage ohne Zwischenladung zu überstehen. Auch andere Mittelklasse-Geräte halten tendentiell etwas kürzer durch als das X Screen.

Darauf scheint auch das dauerhaft aktive Zweitdisplay kaum Einfluss zu nehmen, denn egal ob deaktiviert oder angeschaltet ändert sich an der Aussage nichts. Als enttäuschend ist hingegen die Ladezeit mit dem mitgelieferten USB-Ladegerät zu bewerten, mit einem guten 2A-Lader ist es jedoch nach etwa 90 Minuten wieder auf 100 Prozent.

Die Kamera des LG X Screen

Die rückseitige Kamera steht leicht (etwa 1 mm) aus dem Glasgehäuse hervor und wird von einem LED-Blitz unterstützt. Gerade bei Mittelklasse-Geräten wird leider wirklich häufig an der Kamera gespart und so musste man auch beim X Screen das Budget hierfür stark begrenzen. Dennoch fallen die Aufnahmen bei Tageslicht auf den ersten Blick recht brauchbar aus.

Selbst bei Betrachtung auf dem heimischen Full-HD-Bildschirm kann sich ein Großteil der bei guten Lichtverhältnissen geschossenen Bilder noch sehen lassen. Kritisch wird es beim Versuch des Digitalzooms, aber auch Sonnenschein kann die Kamera vor Probleme stellen. Sollte der Fokus dann nicht manuell auf den Himmel gesetzt werden, taugen die überbelichteten Aufnahmen (zwei Beispiele gibt es in der Galerie) lediglich für den Papierkorb.

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Abweichungen von optimalen Bedingungen sind allerdings auch in die Gegenrichtung spürbar. Bereits ein im Wald geschossenes Foto lässt fast sämtliche Details vermissen, Makros gelingen hingegen gut. Katastrophal wird es nach Eintritt der Dämmerung, selbst als Schnappschuss taugen die absolut verrauschten Aufnahmen dann nicht mehr.

Verursacht werden dürften die Kritikpunkte auch durch die fehlende HDR-Funktion. Was mittlerweile selbst bei 60-Euro-Smartphones hilft, noch etwas aus dem Bild rauszuholen, hat LG beim X Screen komplett wegrationalisiert. Ansonsten ähnelt die Kamera-Software aber größtenteils der des G4 und nutzt auch den Second Screen sinnvoll.

Ein Swipe in der Kamera-App wechselt automatisch zum Selfie-Modus. Deaktivieren lässt sich diese Funktion scheinbar nicht, sodass es oft zu versehentlichem Wechsel kommt.

Und sonst noch?

Fazit zum LG X Screen

Insgesamt lieferte das X Screen im Test eine solide Performance ab. Überzeugen konnten vor allem die gute Verarbeitungsqualität sowie das extrem niedrige Gewicht im Vergleich zu anderen Geräten. Die Vorinstallation von Android Marshmallow ist löblich und auch die Software-Anpassungen erweitern das Android-System sinnvoll.

Wirklich interessant sind die Möglichkeiten des Sekundärbildschirms, welcher nicht nur im Standby-Modus über alles Wichtige informiert, sondern auch während des Betriebes schnelles Multitasking ermöglicht. So liefert das X Screen das ziemliche Gegenteil des Galaxy Note Edge ab. Samsung erweiterte ein wirklich tolles Smartphone um größtenteils uninteressante Funktionen, während LG attraktive Möglichkeiten des Second Screen in ein Gerät verpackt, welches es sonst schwer haben würde, auf dem Markt zu bestehen.

Die Kamera kann bei guten Lichtbedingungen zwar überzeugen, versagt jedoch andernfalls. Bei der Performance gibt es teilweise längere Ladezeiten zu kritisieren, was das Display betrifft, besteht bei Auflösung und Schwarzwert noch Luft nach oben. Und schließlich hat man auch noch so am Ladegerät gespart, sodass man sich das Netzteil auch gleich hätte schenken können.

Selbst kaufen würde ich mir das Gerät aufgrund der Mängel nicht, dennoch blicke ich mit Rücksendung der Leihgabe recht positiv auf das Gerät zurück. Wer die Funktionsvielfalt durch das V10-Feature gedenkt, sinnvoll nutzen zu können, macht mit dem X Screen keinesfalls etwas falsch. Von LG wünsche ich mir unterdies eine technisch aufgepeppte Variante des X Screen ähnlich der A-Serie Samsungs – könnte durchaus ein Hit werden.

Derzeit ist das LG X Screen bei fast allen Shops zu Preisen von etwa 199 Euro erhältlich. Bei Amazon wird es derzeit lediglich von Marketplace-Händlern zu guten Preisen angeboten, sodass etwa 206 Euro auf den Tisch gelegt werden müssen.

Wertung des Autors

Peer Linder bewertet LG X Screen mit 3.9 von 5 Punkten.

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