Finanzaufsicht deckt massive Defizite in der Anlageberatung auf


Die Finanzaufsicht BaFin hat erneut Testkäuferinnen und Testkäufer in Wertpapierdienstleistungsinstitute geschickt, um dort verdeckt die Anlageberatung zu überprüfen. Dabei wurden gute Ergebnisse erzielt, aber auch zum Teil erhebliche Defizite festgestellt. Auffälligkeiten gab es vor allem bei den Pflichtangaben.
Bei der zweiten Mystery Shopping-Aktion der BaFin, dem Follow-up des Piloten im Juni 2021, stand wiederum die Anlageberatung im Fokus. Es ging also vor allem darum, ob die Wertpapierdienstleistungsinstitute ihren Kunden die gesetzlich vorgeschriebenen Informationsunterlagen wie die Geeignetheitserklärung und die Kosteninformation im Voraus aushändigen.
„Wir haben diesmal bundesweit 16 Institute getestet und insgesamt 100 Testkäufe durchführen lassen“, erläutert Christian Bock, Leiter der Abteilung Verbraucherschutz und zugleich Verbraucherschutzbeauftragter der BaFin.
Aus Sicht von Christian Bock ergibt die aktuelle Aktion „ein gemischtes Bild“: Zwar habe es auch gute Ergebnisse gegeben, etwa bei der Abfrage von Nachhaltigkeitspräferenzen, die ab August 2022 verpflichtend ist. In einigen Punkten seien die Institute bei der Anlageberatung aber deutlich schlechter als noch vor zwei Jahren.
Erhebliche Auffälligkeiten festgestellt
Der Pilot war aufgrund seiner geringen Reichweite nicht repräsentativ. Das neue Monitoring sei daher deutlich breiter angelegt. Die BaFin habe die Testkäufe zudem mit einer EU-weiten Mystery Shopping-Aktion zu Kosten und Gebühren gekoppelt, die von der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) koordiniert wurde.
„Bei der Aushändigung der gesetzlich vorgeschriebenen Informationen in der Anlageberatung haben wir erneut erhebliche Auffälligkeiten festgestellt. Diese sind aber kein zwingendes Indiz dafür, dass es in diesem Bereich branchenweit gravierende Missstände gibt“, betont Bock.
Die Auswertung der Mystery-Shopping-Ergebnisse ergab, dass in 40 Prozent der Anlageberatungen den Testkunden keine Geeignetheitserklärung und in 67 Prozent keine Ex-ante-Kosteninformation ausgehändigt wurde, obwohl beides gesetzlich vorgeschrieben ist.
Eine Geeignetheitserklärung ist ein Dokument, das von Banken und Finanzdienstleistungsinstituten nach einer Anlageberatung ausgestellt wird. Sie soll darlegen, warum eine bestimmte Anlageempfehlung den individuellen Bedürfnissen und Zielen der Kunden entspricht.
Im Vergleich zur Pilotaktion im Sommer 2021 wurde in 22 Prozent der Testkäufe keine Geeignetheitserklärung und in 19 Prozent keine Ex-ante-Kosteninformation ausgehändigt. Hierbei ist jedoch zu berücksichtigen, dass es bei keiner der Anlageberatungen zu einer Auftragserteilung kam und somit nicht ausgeschlossen werden kann, dass die fehlenden Pflichtinformationen noch ausgehändigt worden wären, wenn das Beratungsgespräch mit einer Auftragserteilung geendet hätte.
Eine Ex-ante-Kosteninformation ist eine schriftliche Mitteilung, die Banken und Finanzdienstleistungsinstitute nach der europäischen Finanzmarktrichtlinie MiFID II und dem deutschen Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) vor der Erteilung eines Auftrages zur Verfügung stellen müssen. Sie informiert Kunden über die voraussichtlichen Kosten und Gebühren im Zusammenhang mit einer bestimmten Wertpapierdienstleistung oder einem Finanzinstrument.
Nachhaltigkeitspräferenzen wurden meist abgefragt
Positiv zu vermerken ist, dass 87 Prozent der Testkäufer nach ihren Nachhaltigkeitspräferenzen befragt wurden, was ab August 2022 gesetzlich vorgeschrieben ist. Die überwiegende Mehrheit der ausgesprochenen Empfehlungen stimmte mit den im Beratungsgespräch geäußerten Nachhaltigkeitspräferenzen überein.
Im Gegensatz zum Pilotprojekt 2021 gibt es diesmal keine Hinweise auf Altersdiskriminierung. Die beiden Testgruppen der über 60-Jährigen und der 35- bis 50-Jährigen wiesen ähnliche Fehlermuster auf. Bei den Ex-ante-Kosteninformationen lag die Fehlerquote bei den 35- bis 50-Jährigen mit rund 71 Prozent sogar höher als bei den 60-Jährigen und Älteren mit knapp 59 Prozent.
Für Christian Bock zeigt die Mystery-Shopping-Aktion, „dass es in der Anlageberatung der in Deutschland tätigen Wertpapierdienstleistungsunternehmen noch Verbesserungspotenzial gibt. Insbesondere bei den Pflichtinformationen besteht noch erheblicher Nachholbedarf. Die betroffenen Institute haben jedoch kooperativ reagiert und zugesagt, ihre Prozesse zu überprüfen und anzupassen. Die BaFin wird die Umsetzung der Maßnahmen nach eigenen Angaben überwachen und weitere Testkaufaktionen bei den beaufsichtigten Instituten und Unternehmen durchführen.
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