Artillery Genius 3D-Drucker im Test

Artillery Genius

Es ist schon ein paar Tage her, da hatte ich den 3D Drucker Roundup No. 90 hier veröffentlicht und den Artillery Genius angeteasert. Danach musste ich noch einige Wochen warten und der Ortur Obsidian kam sogar noch vorher bis dann der Genius bei mir eintraf.

Seit einigen Tagen verrichtet er nun den Dienst in meiner Werkstatt und heute ist es so weit, dass ich meine Eindrücke zu dem FDM-Drucker in Worte fasse. Die wichtigsten Features, die mich an dem Drucker interessiert hatten. waren:

  • Doppelt angetriebene Z-Achse
  • induktive Sensoren
  • Touchscreen
  • LED-Beleuchtung
  • Leise Treiber
  • Direkt-Extruder
  • USB-Port und Speicherkartenslot zur Datenübertragung
  • Filament-Sensor
  • Stromausfall-Sensor

Viele Dinge davon müssen optional an anderen Druckern erst selbst mühevoll nachgerüstet werden, erleichtern dann aber ungemein die Arbeit. Im Detail sind es eben genau diese Dinge, die oft auch an günstigeren Druckern fehlen. Das ist kein Problem und man kann trotzdem mit diesen Geräten arbeiten, aber viele dieser Features bringen enorm viel Komfort oder ein besseres Druckbild oder dergleichen.

Info

Bevor man sich für den Artillery Genius entscheidet, sollte eventuell kurz überlegt werden, ob nicht der auf den ersten Blick fast identische, aber größere Artillery Sidewinder X1 gekauft werden soll? Wie eben geschrieben unterscheiden die Drucker sich hauptsächlich in der Größe des Druckraums. Während der Genius hier 220x220x250 mm drucken kann, packt der Sidewinder X1 sogar 300x300x400 mm große Objekte. Im Alltag drucke ich so große Dinge aber nur extrem selten und der Genius passt dafür eben prima auf den Schreibtisch.

Der Genius selbst war wieder mit perfekt zugeschnittenem Schaumstoff in einem stabilen Karton eingepackt. Jeder Zentimeter wurde sinnvoll ausgenutzt und die komplette Lieferung kam ohne einen Kratzer nach der langen Reise bei mir an. Man sieht sogar den Abdruck des Lüftergitters im Schaumstoff auf dem Boden, so eng war alles angepasst.

Der Zusammenbau geht wirklich ratzfatz. Es gibt sogar eine Anleitung in Form eines HandBUCHs. Keine schlecht kopierten Zettel oder versteckte Youtube-Videos – nein ein Handbuch!

Artillery Genius 3d Drucker (29)

Wie hier auf dem Foto des Lieferumfangs zu sehen ist, ist der Drucker wirklich super schnell zusammengebaut. Im kleinen schwarzen Genius-Handtäschchen befinden sich noch das Werkzeug nebst ein paar Ersatzteilen für den späteren Betrieb, der USB-Stick, ein Ersatz-Flachbandkabel und das Druckerkabel.

Artillery Genius 3d Drucker (30)

Für den Zusammenbau muss im Grunde nur die Z-Achse mit vier Schrauben am Gehäuse mit der Elektronik verschraubt werden. Dann muss man noch den Filamentrollenhalter auf der Oberseite anbringen. Ein paar Kabel der Endstops etc. mit dem Gehäuse verbinden und das war es auch schon. Die eben erwähnten Kabel liegen schon am entsprechenden Platz parat und warten dort mit Klebeband fixiert auf das entsprechende Gegenstück.

Ich habe natürlich für euch zuerst das Gehäuse selbst auseinandergeschraubt, damit ihr ein paar Fotos von den Innereien erhaschen könnt. Wäre dieser Punkt nicht auf der Agenda gestanden, wäre der Drucker vermutlich in ca. 15 Minuten betriebsbereit gewesen.

Hier nun aber erst noch die Fotos vom Mainboard usw. Fast jeder Stecker ist noch einmal zusätzlich mit Heißkleber verklebt worden, damit sich während des Transports nichts versehentlich löst. Bei einer späteren Modifikation muss dann wohl das Heißluftgebläse her, aber mir ist es lieber so, als wäre ein Kabel vor der ersten Inbetriebnahme ab und man müsste erst umständlich den Fehler suchen.

Das Foto oben links zeigt den auf die Oberseite verlegten USB-Anschluss und den Kartenslot für die MicroSD-Karte. Dieser Platz gefällt mir von allen meinen Druckern am besten. Endlich mal kein versteckter Kartenslot auf der (Rück-)Seite des Druckers, wo man im Alltag umständlich ohne hinsehen zu können die Speicherkarte reinfriemeln muss. Der USB-Anschluss gefällt mir noch viel mehr. Im Grunde kann man sich damit die Fummelei mit der SD-Karte damit gleich doppelt sparen.

Artillery Genius 3d Drucker

So platziert ist der USB-Stick absolut nie im Weg und immer super bequem erreichbar, oder? Manchmal sind die Lösungen vieler Probleme so einfach.

Am Drucker selbst sind einige Teile aus blauem Plastik. Diese sind aber keineswegs einfach nur gedruckt, sondern mehrere Millimeter dick und aus stabilem Plastik „gegossen“. Es wackelt nichts und macht alles einen super stabilen Eindruck.

Artillery Genius 3d Drucker (17)

Der Direktextruder bringt alles an einen Punkt. Hier finden wir das Hotend, den Extruder, die Lüfter usw. Das Filament wird von oben vom Filamenthalter direkt in den Druckkopf eingeführt und auf diese Art kann man auch TPU und ähnlich flexible Materialien drucken. Auch hier am Druckkopf finden wir dieses stabile blaue Plastik nebst ein paar Halterungen aus Metall usw.

Artillery Genius 3d Drucker Filament Sensor

Den Filament-Sensor habe ich abgehängt und mit Bluetape für später oben auf den Drucker geklebt, da ich mein Filament oben auf dem Druckerschrank stehen habe und durch den Deckel des Druckerschranks einführe. Kommt Zeit, kommt eine entsprechende Halterung für den Sensor.

Aber von Werk aus konnte ich den Sensor nicht einfach an einen anderen Platz montieren. Da muss erst eine neue Halterung für den Sensor gebastelt werden. Positiv anmerken kann ich aber, dass man im Drucker nichts deaktivieren musste. Der Drucker druckt auch einfach so ohne den angeschlossenen Sensor. Dann natürlich ohne Überwachung!

Auch der Artillery Genius spart sich einzelne Kabelstränge und bekam stattdessen ein paar Flachbandkabel spendiert. Diese werden kaum störend direkt an den Alurahmen des Druckers geklebt und sind so nicht weiter auffällig.

Unter der heizbaren Druckplatte wurde vom Hersteller eine schöne Dämm-Matte angebracht. Das sollte dafür sorgen, dass die Temperatur des Heizbetts länger gehalten werden kann. Die Verstellschrauben zum leveln des Druckbetts sind angenehm groß und gut erreichbar.

Artillery Genius 3d Drucker Heizbettschraube

Der Directextruder versteckt im Falle des Artillery Genius übrigens noch eine LED, die nicht nur das gedruckte Objekt während des Druckvorgangs beleuchtet, sondern anhand der Farbe signalisiert, ob die Nozzle gerade aufheizt, oder wieder abkühlt usw. Über das Menü auf dem Touchscreen kann die Farbe auch manuell festgelegt werden.

Auch nicht Standard ist der Silikonschutz über der Nozzle. Dieser ist zum einen dafür gedacht, dass die Nozzle nicht so schnell die Temperatur verliert, aber er dient auch zum Schutz. So setzen sich nicht so schnell Filamentreste daran ab.

Die Glasplatte (Ultrabase) sorgt aufgeheizt während des Drucks dafür, dass sich ein Modell nicht ungewollt von der Platte löst. Nach dem Druck muss nur kurz gewartet werden, bis die Platte wieder abgekühlt ist. Dann lassen sich die Objekte meist sogar schon fast mit dem Finger wegschnippen.

Die Zeit zum aufheizen des Heizbetts und der Nozzle vergeht auch angenehm schnell. Da das Druckbett mit 220V beheizt wird, braucht der Drucker keine 2 Minuten, um 80 Grad Druckplattentemperatur anzubieten. Auch die Nozzle heizt schnell und brauchte dann nur grob 1 1/2 Minuten bis die gewünschten 200 Grad erreicht waren. Es vergeht insgesamt also nicht sehr viel Zeit bis das eigentliche Objekt auch schon gedruckt wird.

Bevor man nun mit dem Drucken anfängt muss wie immer das Druckbett gelevelt werden. Das geht ganz bequem über den Touchscreen und das berühmte Blatt Papier. In der Anleitung des Druckers steht auch beschrieben, wie man einen BL Touch Sensor zum automatischen Leveling nachrüsten kann. Ich für meinen Teil brauche diesen Sensor nicht.

Einfach alle Achsen auf Home setzen, den ersten von insgesamt fünf Punkten abfahren, ein Papier drunterlegen und mit der Stellschraube unter dem jeweiligen Punkt den Abstand zwischen Druckbett und der Nozzle so eng leveln, bis das Papier minimal kratzt. Dies an allen Punkten wiederholen und abschließend noch in der Mitte prüfen, ob ungefähr gleich am Papier gekratzt wird.

Gegebenenfalls das ganze noch einmal wiederholen, da sich die Abstände an einem Punkt auch leicht ändern, wenn man einen anderen Punkt einstellt. Fertig.

Weiter geht es wie immer mit der Auswahl einer Datei (evtl. eine der zahlreichen Dateien auf Thingiverse?) oder dem selbst erstellen einer Datei. Ich habe hierfür ein kleines Video-Tutorial für Tinkercad erstellt.

Erweiterungen

Zwei Dinge musste ich mir trotzdem unbedingt gleich als erste Amtshandlung drucken. Sie dienen weniger zur Demonstration der möglichen Druck-Qualität, weil der lieben Zeit wegen mit der schlechtesten 0.3er Auflösung gedruckt. Dennoch sind sie enorme Hilfen und dienen auch zum Schutz!

Zuerst musste ein Kabelhalter für das Heizbett her. Ich habe einfach schon zu oft davon gelesen, dass sich ein Kabel durch die Bewegung an den Lötpunkten diverser Drucker vom Heizbett ablöst. Eine simple kleine Halterung bindet den Kabelstrang fest an und sollte dieses Problem beheben, da sich das Kabel nicht so leicht abknicken kann.

Nächster Punkt auf der ToDo war ein Werkzeughalter. So ein Teil habe ich mir an irgendeinem Drucker mal gedruckt und seitdem muss das an jeden Drucker ran. Meist gibt es dazu auf thingiverse direkt schon eine fertige Halterung. Schaut ruhig mal nach Tools und eurem Druckernamen. Vielleicht werdet ihr auch fündig.

So 100 %ig gefällt mir diese Halterung und die Position davon zwar nicht, aber im Grunde macht die Halterung was sie soll. Ich habe Zange und Pinzette nebst USB-Stick usw. immer direkt am Drucker und somit in Reichweite. Fertig. Beide Modelle gibt es wie immer auf Thingiverse. (Link1 Link2)

Was kann der Artillery Genius?

Nachdem wir den Drucker nun schon ausgepackt, aufgebaut und modifiziert haben, fehlen im Grunde nur noch ein paar wirkliche Testdrucke. Ich war super zufrieden mit dem Drucker an sich. Der Drucker druckt dank (WOW! 4 Wörter mit D!) verbauter leiser Treiber super leise, der Direktextruder machte auch mit TPU keine Mucken und auch das Heizbett nebst Nozzle waren super schnell heiß.

Der Touchscreen ermöglicht eine einfache Bedienung. Hab ich schon davon geschwärmt, die fertig in Cura gesliceten Modelle einfach via USB-Stick an den Drucker schicken zu können? Kein Kartenleser mehr. Einfach in den Rechner, Datei aus Cura auf den Stick exportieren, Stick in den Drucker und los geht die wilde Fahrt!

Artillery Genius

Dem Drucker beiliegend war auch ein Artillery Würfel, der problemlos druckte. Auf der Oberseite gab es wenig unsaubere Filamentpünktchen. Aber die waren so minimal, dass sie mit dem Fingernagel abschnippten.

Testdatei Artillery Genius Artillery Wuerfel

Auch auf dem Artillery Genius mussten natürlich ein, zwei Arsch mit Ohren gedruckt werden. Wie immer damit ich am Ohrläppchen einfach sehen kann, wie der Drucker „in der Luft druckt“ und ob der Drucker zwischen den Ohren auch keine Fäden zieht. Dabei ist das Objekt in etwas mehr als 30 Minuten gedruckt.

Für mich einfach meine Lieblingsdatei, um mal schnell zu testen, ob alles läuft wie es soll. Der folgende neongrüne Arsch mit Ohren ist nun sogar aus TPU gedruckt und ich bin zufrieden damit. Keine Fäden – maximal der Ansatz davon ist zwischen den Ohren zu erkennen. Auch das linke Ohrläppchen wurde anstandslos gedruckt. Prima!

Testdatei Artillery Genius Arsch Mit Ohren Tpu
Abgesehen davon stand diese Woche natürlich auch noch was sinnvolles auf der Liste. Nachdem die TicWatch Pro 3 aktuell für einen Test anwesend ist, musste für die Smartwatch natürlich auch wieder ein kleiner Adapter passend zur Ladestation gedruckt werden. Ein bisschen Arbeit in Tinkercad und schon kann die Uhr Abends richtig aufgelegt werden.

Druckertest
Alles in allem war ich beim Artillery Genius super überrascht, wie der Drucker einfach mit allem vom Stand weg klar kam. Alle verschiedenen (PLA und TPU) Filamente ließen sich anstandslos drucken.

Wie immer werdet ihr sicher auch in den nächsten 3D-Drucker-Roundups wieder was zu weiteren Erfahrungen mit dem Drucker hören.

Fazit

Der Artillery Genius findet nun ein neues Zuhause in meinem Druckerschrank zu Hause. Er ist von Haus aus so leise, wie der Anycubic Mega-S erst nach ein paar Modifikationen war und passt deshalb prima auch ins Wohnzimmer in das Schränkchen.

Zum jetzigen Zeitpunkt geht der Drucker für ca. 260,- EUR bei Gearbest über die virtuelle Ladentheke. Ein wirklich fairer Preis, wenn man bedenkt, was der Drucker alles bietet.

Klar bekommt ihr auch Drucker, wie z. B. den Ender 3 für deutlich weniger Geld. Aber diese Drucker sind nicht annähernd mit so guten Features versehen und werden meist über die Zeit aufgerüstet.

Wer also sofort und ohne große Umbauaktionen loslegen möchte, ist mit dem Artillery Genius wirklich gut bedient.

Wertung des Autors

Michael Meidl bewertet Artillery Genius mit 4.3 von 5 Punkten.

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