Kommentar: Die Volkswagen AG benötigt dringend eine bessere Software

Vw Id3 Innenraum

Herbert Diess hatte den Traum von einem einheitlichen Betriebssystem für alle Konzernmarken der Volkswagen AG. Dieser existiert noch, das VW.OS wurde noch nicht eingestellt, aber es kommt erst deutlich später – vielleicht sogar erst 2030.

Das ist okay, man hatte ein großes Ziel und es war zu groß. 2025 war immer sehr sportlich für so einen Schritt, aber der Gedanke ist bis heute gut. Das soll man auch weiter verfolgen und sich die Zeit nehmen, ein eigenes OS kann entscheidend sein.

Doch bis dahin benötigt es dringend eine bessere Lösung für die Software. Und ich spreche hier zwar von Volkswagen, meine damit aber die Volkswagen AG mit allen Marken. Und genau das ist das Problem: Es herrscht pures Chaos bei der Software.

Die alte Denkweise der vielen VW-Marken

Audi hat ein eigenes OS, was man sogar beim MEB-Modell nutzt. Seat hat ein OS, was man ebenfalls beim MEB-Modell, dem Cupra Born nutzt. Dann gibt es die Software 1.1, das OS für die ID-Flotte von Volkswagen. Es gibt aber auch noch ein OS für die aktuellen Verbrenner. Porsche hat auch ein eigenes OS, Skoda hat…

Ihr versteht jetzt hoffentlich, worauf ich hinaus möchte.

Jede Marke kocht da weiterhin ihr eigenes Süppchen und das ist nicht gut. Aktuell teste ich den Cupra Born und hatte diesen Text eigentlich gar nicht vor, da ich eine andere Sache teste, aber mit Blick auf die Entwicklungen will ich es loswerden.

Eigene Software im Skoda

Nach der Entlassung von Herbert Diess übernahm Oliver Blume von Porsche die Konzernleitung und aktuell sieht es so aus, als ob man mit Software 1.1 bei den ID-Modellen weitermacht, diese wird optimiert, dann gibt es Software 1.2 für die Premium-Marken und irgendwann kommt Software 2.0, das geplante VW.OS.

Dieser Plan ist in meinen Augen schlecht. Das OS im Cupra Born ist im Vergleich zu anderen Marken der Volkswagen AG eine Katastrophe. Es lädt extrem langsam, es hat deutlich weniger Funktionen und es ruckelt sich einen ab, das ist nicht normal.

Eigene Software im Cupra Born

Die App funktioniert nicht gut und eine Verbindung zum Auto dauert oft mehrere Minuten. Da sitzt man am Morgen da und will nur schnell die Heizung starten und kann auch gleich ins Auto gehen, weil das alles nicht richtig lädt. Würde ich aber auch nicht machen, denn dort sind die Probleme dann noch deutlich gravierender.

Nach dem Start muss man dem OS durchaus eine Weile geben, bis man es gut bedienen kann. Schnell die Sitzheizung und Lenkradheizung über das Touchdisplay einschalten? Ist nicht. Und manchmal lädt das so langsam, dass man ein zweites Mal auf das Display tippt und dann eine ganz andere Funktion ausgeführt wird.

Es ist miserabel, ich kann es nicht anders sagen. Tut mir leid für Cupra, aber VW hat für die ID-Modelle mittlerweile die deutlich bessere Software, das habe ich vor ein paar Wochen beim ID.5 GTX festgestellt. Und selbst die hat noch Luft nach oben.

Eigene Software im VW ID.5

Wo bleibt das große Update pro Quartal? Wo bleiben neue Features? Während man bei Tesla mal eben Steam in die Autos integriert, hapert es hier an Basics. Und dann kommt noch hinzu, dass MEB nicht gleich MEB ist. Warum entwickeln bitte vier Marken (Skoda, Audi, Cupra und VW) ein eigenes OS für die gleiche Plattform?

Wer ist im Management davon überzeugt, dass das eine gute Idee ist? Saß man da schon in vier MEB-Modellen und dachte sich: Mensch, das ist richtig gut gelöst, das machen wir so. Mit Sicherheit nicht, da steckt ein großes Problem dahinter.

Eigene Software im Audi Q4

Die Konkurrenz unter den VW-Marken ist okay, aber sie muss ein Ende bei der Software haben. Oliver Blume will diese Woche eine neue Strategie verkünden und die einzig logische Entscheidung wäre ein einheitliches OS für alle Konzernmarken.

Volkswagen muss die Kräfte jetzt bündeln

Warum sollen Audi und Porsche demnächst eine „Premium Software“ bekommen? Warum gibt es dort Android Automotive und das Potenzial für YouTube und Co. im Auto? Ja, die Autos sind teurer als ein Cupra Born, aber das ist eine alte Denkweise.

Der Kunde im Laden entscheidet sich nicht für einen Cupra Born, nur weil er die gleiche und gute Software wie der elektrische Porsche Macan hat. Wer Porsche will, der kauft auch Porsche. Der Cupra-Kunde hat jedoch die gleiche und (ich gehe doch mal davon aus) gute Software verdient. Und das ist auch für VW ein Vorteil.

Werft jedes OS raus, es benötigt keine Software für Audi, Skoda, Seat, Cupra, VW, Porsche und Co., es benötigt eine gute Basis. Der Gedanke des VW.OS ist gut, da kann man schon jetzt ansetzen. Die kommende „Software Premium“ kann schon jetzt die Grundlage für alle Marken werden. Ich würde sagen: Sie muss es sogar.

Eigene Software im Porsche Taycan

Optisch kann man die Software ja entsprechend anpassen und von mir aus gibt es noch 1-2 exklusive Apps für Porsche und Audi. Doch Dinge wie Spotify, YouTube und Co. haben alle VW-Marken verdient. Das ist in der heutigen Zeit nicht mehr Premium. Das sind in meinen Augen wirklich komplett veraltete Denkmuster.

Die komplette Software-Einheit könnte sich dann darauf konzentrieren, dass sie aus Android Automotive bis 2030 eine wirklich gute Software für alle Marken auf die Beine stellt und eigene Apps entwickeln. Und weil VW.OS im Kern auf Android aufbaut, kann man diese ganzen Apps langfristig vielleicht auch noch mitnehmen.

Alle guten Entwickler könnten so an einem Strang ziehen und eine Lösung auf die Beine stellen, die bis 2030 mit der Konkurrenz mithalten kann. Und mal ehrlich, ein Cupra Born startet bei 40.000 Euro und der kommende VW ID.3 GTX wird wohl bis zu 60.000 Euro kosten, das sind doch eigentlich schon lange Premium-Preise.

Ich bin wirklich gespannt, was uns Oliver Blume diese Woche und in den nächsten Monaten präsentieren wird, aber ich befürchte, dass er an alten Denkmustern bei der Volkswagen AG festhält und Audi und Porsche unnötig bevorzugt werden.

Das sollen sie auch, das ist ja wichtig, aber nicht so. Und vor allem nicht dann, wenn ein aktuelles Modell wie der Cupra Born eine so miserable Software besitzt.

Bei Volkswagen muss sich etwas ändern

Kurz: Die Volkswagen AG sollte sich von den gefühlt 100 Oberflächen trennen und auf eine Lösung für alle Marken setzen. Man kann Audi und Cupra gerne optisch trennen, aber nicht mit einer komplett anderen Software. Ein iPhone SE bekommt ein vollwertiges iOS, wie ein iPhone 14 Pro, so macht man das im Jahr 2022 so.

Ich persönlich würde mir diese neue „Software Premium“ schnappen und schauen, dass ich Android Automotive auf alle VW-Marken bringe. Damit muss man sich um Dinge wie Apps und Co. vorerst keine Sorgen machen. Man muss ja kein Google dafür nutzen, allerdings muss man dann schauen, dass alle Apps vorhanden sind.

Das wäre meine erste Priorität, danach würde ich mir den Stand von VW.OS genau anschauen und überlegen, wie man den Übergang gestaltet. Doch was ich direkt ändern würde, wäre eine eigene Software für Skoda, Seat, VW, Audi und Co., ich habe dieses Jahr alle Marken getestet und das ist aktuell gar keine gute Lösung.

In manchen Modellen, wie einem Porsche Taycan, ist sie besser, aber in anderen, wie aktuell im Cupra Born, ist sie nicht konkurrenzfähig. Interne Konkurrenz ja, aber nur, wenn man mit der Konkurrenz mithalten kann. Und das kann die Volkswagen AG noch nicht. Daher würde ich jetzt alle Kräfte unter einem Dach intern bündeln.

Und bitte, hört mit dieser Denkweise auf, dass ein Porsche Taycan eine ganz andere Software als ein Cupra Born benötigt. Ja, er muss sich am Ende irgendwie abheben, aber nicht so. Diese Strategie ist in meinen Augen nicht mehr zeitgemäß für 2023.

Nachtrag: Cupra und Skoda nutzen wohl im Kern die gleiche Software, sie fühlt sich aber ganz anders an (Skoda ist übrigens gut). Nur Audi nutzt die eigene Software. Gleich sind diese aber deswegen nicht, große OTA-Updates gibt es zum Beispiel nur bei VW. Doch die Kernaussage bleibt: Das sind dennoch zu viele Plattformen.

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