Der Modulare E-Antriebs-Baukasten der Volkswagen AG ist die Grundlage für sehr viele Elektroautos da draußen, egal ob VW ID.3, Cupra Born, Audi Q4 e-tron oder Skoda Enyaq, alle nutzen sie diese „MEB-Plattform“. Und sind daher sehr ähnlich.
Ich konnte in diesem Jahr fast alle MEB-Modelle fahren und habe auch einen Favoriten für mich gefunden: Der Cupra Born. Das liegt aber daran, dass ich keine SUVs mag und es derzeit noch keine Limousinen mit der MEB-Plattform gibt.
Grundsätzlich hat die Volkswagen AG da eine effiziente und solide Plattform auf die Beine gestellt, die aber für mich noch etwas Luft nach oben hat. Bei meinen Tests sind mir ein paar Punkte immer wieder begegnet, die ich hier aufschreiben möchte.
MEB-Plattform: Was Volkswagen optimieren kann
- Mehr Performance-Optionen: Ich finde die drei Akkugrößen gut, auch wenn ich von der kleinsten eher abraten würde. Mehr als die üblichen 77 kWh werden sicher noch kommen, aber ich hätte gerne mehr Auswahl bei der Performance. Mit Single-Motor ist bei 150 kW und mit Dual-Motor bei 220 kW Schluss. Die Elektroautos kosten aber schnell über 40.000 oder 50.000 Euro und bei Audi sogar noch mehr. Hersteller wie Tesla, Polestar oder Volvo bieten hier etwas mehr Leistung an. Bei Tesla bietet die Single-Motor-Version sogar mehr Power, als der VW ID.4 GTX mit Dual-Motor. Sowas überzeugt Kunden, denn es ist ein Vorteil der Elektromobilität und vor allem bei sportlichen Modellen wie dem Cupra Born oder teuren Modellen wie dem Audi A4 e-tron merkt man, dass die MEB-Plattform das doch zu sehr eingrenzt. Viele Modelle sind außerdem bei 160 km/h abgeregelt, was auch einige abschrecken wird.
- Ein Frunk: Der Kofferraum unter der „Motorhaube“ ist für mich ein großer Mehrwert bei Elektroautos, denn vor allem jetzt im Winter sind die Ladekabel gerne mal nass und dreckig. Die will man dann eigentlich nicht in den Kofferraum legen, wo vielleicht der Einkauf oder die saubere Sporttasche steht. Zudem kostet das nur unnötig Platz im Kofferraum. Und es ist für mich keine gute Option, wenn da Platz unter der Ladefläche im Kofferraum ist, denn ist dieser mal voll, kommt man nicht an die Ladekabel heran. Kurz: Der Frunk ist für mich der perfekte Ort für Ladekabel und da die MEB-Plattform nur für Elektroautos gedacht ist und entwickelt wurde, würde ich das hier erwarten.
- Der dritte Punkt wird 2022 optimiert, denn man erhöht die Ladeleistung und plant Plug & Charge bei einigen Partnern. 135 kW sind für Modelle wie einen VW ID.3 gut, aber bei einem Audi Q4 e-tron darf sich da gerne noch mehr tun. Das mit dem Plug & Charge ist aber wichtig und auch die Ladeplanung über das interne Navi muss besser werden (soll sie auch, das hat man angeteasert). Diesen Punkt werde ich hoffentlich Ende 2022 von der Liste streichen können.
- One-Pedal-Driving: Ich fahre gerne mit einer starken Rekuperation im Alltag und das ist im B-Modus mit den MEB-Modellen möglich. Allerdings könnte die Rekuperation für ein noch stärkeres Bremsverhalten und dafür sorgen, dass man auch stehen bleibt. Die Geschwindigkeit wird auf um die 4-5 km/h reduziert, aber man rollt immer weiter und bleibt nicht stehen. Mit einem Model 3 oder Polestar 2 kann ich oft ohne Betätigen der Bremse durch die Stadt fahren, das würde ich hier auch gerne. Und da ich weiß, dass das nicht jeder mag: Sowas kann man auch optional einbauen. Eine aktuelle Umfrage von Volkswagen lässt mich hoffen, dass ich das ebenfalls 2022 streichen kann.
- Einheitliche Software: Ich weiß, dass die Volkswagen AG derzeit am VW.OS arbeitet, was 2025 kommen soll. Es wäre aber vielleicht eine Option, wenn nicht nur Audi und Porsche vorher mit Android Automotive ausgestattet werden. Audi, VW, Cupra und Co. nutzen ihre eigene Software in den Autos und ich muss sagen, dass da keiner wirklich überzeugt, wenn es um den Aufbau oder die Performance geht. Und es gibt kein Spotify und andere Extras. VW.OS mag die Zukunft sein, aber die aktuelle Lösung mit den unterschiedlichen Ansätzen finde ich nicht optimal. Ich würde also einfach bei allen Marken zu Android Automotive wechseln, für gute Apps sorgen und dann schauen, dass man zu einem eigenen OS in ein paar Jahren wechselt. Das spart Kosten und ich habe bei Polestar und Volvo gelernt, dass das für mich als Kunde der bessere Weg wäre.
- Digital Key: Noch ein persönlicher Punkt, der nicht extrem wichtig ist, da es ja irgendwie geht. Die Autos können ohne Kontakt via Schlüssel und Handy entsperrt werden, aber ich hätte gerne den Support für den Digital Key. Das ist ein offener Standard für digitale Autoschlüssel in der Branche. Den Key kann man dann zum Beispiel bequem als CarKey im Apple Wallet ablegen. Bei Audi ist der Schritt wohl geplant, aber ich hätte das gerne bei allen Automarken. Manchmal sind eigene Lösungen gut, manchmal bevorzuge ich aber Standards. In diesem Fall wäre mir ein Branchenstandard lieber.
MEB-Plattform: Mein Fazit
Die Volkswagen AG hat eine gute Elektro-Plattform auf die Beine gestellt, aber man spürt, dass der Fokus langfristig auch auf günstigen Modellen (Volumen) liegt. Das eignet sich also gut für einen Basis-ID.3, aber kritischer wird es bei einem Cupra Born mit Vollausstattung oder sogar einem doch recht teuren Audi Q4 e-tron.
Audi wird in Zukunft verstärkt auf die PPE-Plattform setzen, die man mit Porsche entwickelt, aber die erste MEB-Generation ist eben auch nicht günstig. Und ja, ich weiß, dass da noch die Prämie abgezogen wird und das oft die vollen 9.000 Euro sind, aber die staatlichen 6.000 Euro sollten sich nicht die Hersteller einstecken.
Ich finde, es gibt noch viel Luft nach oben und es wundert mich nicht, dass viele eher zu einem Tesla Model 3 statt VW ID.3 greifen. Ignorieren wir mal Ladenetz und Co., sondern schauen uns nur die Performance an: Die Basisversion von Tesla hat mehr Power, als die besten Versionen der MEB-Plattform derzeit haben.
Es gibt einen Grund, warum gefühlt jeder Technik-YouTuber ein Tesla Model 3 in der Performance-Version fährt. Dort gibt es nicht nur gute Technik, dort gibt es vor allem viel Leistung für „wenig“ Geld. Und der Verbrauch liegt dann sogar oft noch etwas unter dem der MEB-Modelle. Das lockt, wie man sieht, viele Kunden an.
Ich bin gespannt, was die Volkswagen AG für die nächsten zwei Jahre geplant hat, aber ein VW ID.5 kostet ohne viele Extras schnell über 50.000 Euro, wie auch ein Audi Q4 e-tron. Es wäre also vielleicht nicht schlecht, wenn man sowas wie Version 2.0 der MEB-Plattform bringt, um langfristig konkurrenzfähig zu bleiben.