Nio ET5 Touring im Test: Wie gut ist der Elektro-Kombi?

Kombis sind nicht mehr so beliebt wie früher und vor allem global wurden sie, wo sie noch nie so beliebt waren, von SUVs verdrängt. Viele Marken verzichten daher auf so ein Modell im Wandel, aber nicht alle. Nio bietet ein passendes Modell an.

Nio ET5 Touring: Erster Elektro-Kombi

Der Nio ET5 Touring ist der bekannte Nio ET5, nur anderer Bauform und mehr Platz im Kofferraum. Und das habe ich im Test mehrmals nutzen können, ich habe diesen Testwagen tatsächlich genutzt, um die ein oder andere Sache zu transportieren.

Das Kofferraumvolumen liegt übrigens bei 450 Litern und mit Sitzbereich sind es 1.300 Liter. Es ist nicht nur mehr, als bei der normalen Limousine, man kann den Platz auch besser nutzen. Man sollte hier aber auch kein Platzwunder erwarten.

Es gibt Autos, die 4,8 Meter lang sind, und mehr Volumen bieten. Und ich habe im Test auch hier und da gemerkt, dass der Aufbau zwar gut, aber nicht perfekt ist. Ein etwas kürzerer VW Passat hat zum Beispiel mehr Volumen, das sollte man wissen.

Wer mehr benötigt und elektrisch im Premiumbereich fahren möchte, der hat aber nicht viel Auswahl derzeit, der neue BMW i5 Touring und der kommende Audi A6 e-tron Avant wären eine Option. Doch die sind größer, wie auch der neue VW ID.7.

Nio ET5 Touring: Kombi mit viel Power

Der Touring selbst ist im Kern aber ein normaler Nio ET5, es gibt also 435 oder 560 km WLTP-Reichweite, je nach Akkugröße, es gibt zwei Elektromotoren, die auf 360 kW (490 PS) kommen und es ist ein (in meinen Augen) sehr schönes Elektroauto.

Minimalistisch, clean, gut verarbeitet, man merkt, dass sich Nio nicht mit Tesla und eher mit Audi oder BMW vergleicht und das kann man auch. Wobei ich glaube, dass ein Battle mit Tesla besser wäre, denn Nio kennen in Europa nicht viele und ein Nio ET5 Touring knackt mit ein paar Extras und großem Akku locker die 70.000 Euro.

Damit ist man nicht weit vom BMW i5 Touring entfernt, der zwar mit Extras auch ein paar Euro mehr kostet, aber BMW ist eine bekannte und etablierte Premiummarke.

Bisher geht die Strategie von Nio, jedenfalls mit Blick auf die Zulassungszahlen, noch nicht ganz auf, aber man muss fairerweise sagen, dass sie sehr jung sind. Und sie haben einiges zu bieten, denn auch die Software kann durchaus überzeugen.

Das Infotainmentsystem ist extrem schnell, sieht gut aus, es gibt einen wirklich guten Sprachassistenten und einige Dienste wie Spotify. Wobei das derzeit auch die größte Schwäche ist, denn Nio verfolgt einen Ansatz von Tesla, den ich nicht mag: Geschlossenes OS. Es gibt kein Apple CarPlay und auch kein Android Auto.

Wer kein Spotify oder Tidal nutzt, der hat Pech. Wer einen anderen Dienst für die Navigation nutzen möchte, denn die interne ist nicht die beste, hat Pech. Nio hat eine sehr gute Software und baut sie immer weiter aus, aber man ist noch nicht auf dem Level von Tesla mit YouTube und Co. und daher ist das eben ein Kritikpunkt.

Wer also zum Beispiel ein Apple iPhone nutzt, mit Apple Music unterwegs ist und Google Maps mag, ist hier falsch. Sollte man wissen, wäre auch leicht zu lösen.

Nio ET5 Touring: Akkutausch im Fokus

Die Ladeleistung ist mit 140 kW spürbar hinter der Konkurrenz und Nio hat zwar die Ladekurve verbessert, aber man verlässt sich zu sehr auf das System mit dem Akkutausch. Hat man, wie ich, keine Station in der Nähe, wird es eher schwierig.

Was ist der Akkutausch? Hier gibt es „Power Swap Stations“, bei denen man den (leeren) Akku in 3-5 Minuten tauschen lassen kann (sofern keiner vor einem dran ist). Allerdings darf man den Akku dann nicht kaufen, man muss ihn mieten.

Und auch an der AC-Ladesäule gibt es nur magere 11 kW, was beim großen Akku mit 100 kWh viel zu wenig ist. Da steht das Auto gerne mal den ganzen Tag an der Ladesäule und man zahlt die vollen Blockiergebühren. Ich spreche aus Erfahrung.

Effizienz und Ladeleistung wurden besser, sind bei dieser Preisklasse aber noch nicht die Stärke von Nio. Akkutausch hin oder her, das sollte nur eine zusätzliche Option im Alltag sein, vor allem in diesem Bereich darf gerne noch mehr passieren.

Bei der Reichweite sprechen wir mit dem großen Akku über ca. 500 km, jedenfalls wird einem das angezeigt. Im Alltag, wenn es etwas kälter ist, kommt man damit auf ordentliche 400 km, auch mit Autobahn. Hängt natürlich auch stark davon ab, ob man den Sport-Plus-Modus nutzt und mit 200 km/h über die Autobahn brettert.

Ich habe beides erlebt, mit sehr sportlicher Fahrweise sind es aber dennoch über 300 km, was für einen fast 500 PS starken Kombi im Winter durchaus ordentlich ist.

Die App funktioniert übrigens gut und zuverlässig, es gibt mehrere Modi im Alltag (Sport+ liefert die volle Power) und man kann die Rekuperation so einstellen, dass man die Bremse fast nicht benötigt. Fast? Ja, leider bleibt auch der Nio ET5 Touring nicht stehen und rollt immer mit 5-7 km/h weiter. Das dürfte man gerne optimieren.

Nio erinnert mich sehr stark an Polestar, die Tesla mit mehr Premium sein wollen und nicht Tesla angreifen, weil sie da preislich nicht mithalten können, es aber nicht leicht im Vergleich mit Mercedes, BMW und Co. haben. Das sind bekannte, gute und etablierte Marken, die vor allem in Europa beliebter als dieser Underdog sind.

Nio ET5 Touring: Mein Fazit im Alltag

Der Nio ET5 gefällt mir, sehr gut sogar, aber der Preis ist, jedenfalls mit Akkukauf, happig. Gut möglich, dass ich diesen einem Tesla Model 3 vorziehen würde, aber die deutschen Premiummarken gefallen mir besser und bieten Dinge, die ich sehr gerne nutze, wie CarPlay. Nur der Touring ist hier eben ein Alleinstellungsmerkmal.

In dieser Größe und Klasse gibt es keinen Kombi bei Elektroautos und das ist ein starkes Argument. Der elektrische 3er von BMW und A4 von Audi könnten das in ein paar Jahren ändern, aber eben erst in ein paar Jahren. Wer also genau sowas sucht, wird hier fündig. Und grundsätzlich ist das ein wirklich gutes Elektroauto.

Nio Et5 Touring Front

Ich hatte jedenfalls viel Spaß im Alltag und habe den Kombi gut nutzen können. Es gibt Stärken und Schwächen, die habe ich euch jetzt genannt. Nur beim Preis bin ich mir unsicher, denn da würden ein paar Euro weniger bei Nio nicht schaden.

Mal schauen, ob die Premiumstrategie aufgeht und Nio hier langfristig Erfolg hat, für die günstigeren Elektroautos baut Nio nämlich bald eine eigene Submarke auf.

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