VW ID und Golf: Was mir bei der Elektro-Strategie fehlt

First Member Of The Id. Family Is Called Id.3

Der ID.3 ist offiziell und VW hat gestern einiges bestätigt, was wir bereits wussten. Doch eine Sache würde ich mir bei der Strategie noch wünschen.

Wenn der Golf 8 im Herbst vorgestellt und Ende 2019 ausgeliefert wird, dann werden die Kunden keinen e-Golf kaufen können. Dieser war beim Golf 7 nur eine Übergangslösung, aber 2020 wird der ID.3 diesen Bereich übernehmen.

Soweit, so gut. Doch wenn Volkswagen über ein Auto für den Massenmarkt spricht, dann bin ich da momentan noch nicht ganz der gleichen Meinung. Das Problem ist nämlich der Preis, der ist immer noch recht hoch angesetzt.

VW: Elektroauto ab 30.000 Euro

VW spricht davon, dass der ID.3 irgendwann bei unter 30.000 Euro starten wird (noch unklar wann), doch wer jetzt schon vorbestellt und dann Mitte oder Ende 2020 sein Modell haben möchte, der muss für diese Ausführung (1st Edition) mit einem Preis von knapp 40.000 Euro rechnen (Startpreis).

Wer dann noch das ein oder andere Extra möchte, der ist sicher auch schnell bei 45.000 bis 50.000 Euro. Und damit sind wir dann auch schon in der Liga von einem Tesla Model 3. Diese Autos sind bereits für einige Menschen erschwinglich, aber das ist noch kein Massenmarkt.

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Nehmen wir zum Beispiel mal einen Golf 7, den bekommt man für unter 20.000 Euro. Damit sprechen wir dann (in meinen Augen) über den Massenmarkt. Doch der günstigste ID.3 wird bei knapp 30.000 Euro starten und dann gibt es auch „nur“ 330 km (WLTP) Reichweite dazu. Das ist ehrlich gesagt nicht so viel, im realen Leben dürften das so um die 250 km im Schnitt sein.

Damit ist der günstigste ID.3 fast auf dem Level eines e-Golfs, beziehungsweise nicht deutlich darüber. Im Winter auf der Autobahn oder im Sommer mit 100 km/h auf der Landstraße mit aktiver Klimaanlage und man wünscht sich vermutlich schon die größere Version. Doch 40.000 Euro mit Extras dafür bezahlen?

Es ist übrigens noch unklar, was die Version mit 550 km Reichweite kosten wird, aber ich gehe da ehrlich gesagt von über 50.000 Euro im Moment aus.

Elektroautos: Der „richtige“ Massenmarkt

Doch zurück zu meinem eigentlichen Problem, denn bei einem Kleinwagen finde ich knapp 250 km Reichweite eigentlich gar nicht so schlimm. Ich kam im Test mit dem e-Golf gut damit klar und das Ladenetz wird in Zukunft ja auch besser.

Was ich mir aber dennoch wünschen würde: Einen normalen e-Golf für unter 20.000 Euro. Der darf dann von mir aus ohne die ganzen neuen Extras wie IQ Light und Co auskommen. Das Problem ist aber, dass der e-Golf derzeit teurer, als ein ID.3 ist. Würde ich mir daher momentan also auch nicht kaufen.

Vw Egolf 2017 Header

Ich vergleiche das vielleicht mal mit der Strategie der Smartphone-Hersteller. Nehmen wir mal die P30-Reihe von Huawei. Da gibt es ein Flaggschiff mit allen Extras für viel Geld, das P30 Pro. Das darf dann der ID.3 mit 550 km Reichweite sein. Dann gibt es noch ein normales P30, welches ähnliche Features besitzt, in einigen Punkten aber eben schlechter ausgestattet ist.

Das könnte dann zum Beispiel der ID.3 mit 330 km Reichweite sein. Keine große Reichweite, aber viele aktuelle Extras, die es in alten Autos noch nicht gibt.

Dann gibt es da aber auch noch ein P30 Lite. Randnotiz: Das P20 Lite war das am meisten verkaufte Smartphone bei Huawei im letzten Jahr. Wenn wir uns über den Massenmarkt unterhalten, dann geht es um genau diese Modelle.

Ein normaler e-Golf ohne große Extras

Was mir reichen würde: Nehmt den e-Golf der 7er-Reihe, packt von mir aus noch das ein oder andere Extras raus und verkauft ihn weiter. So wie Apple das auch beim iPhone macht, die Millionen Einheiten pro Quartal bekommt man nicht mit einem 1250 Euro teuren iPhone X hin, da sind Modelle wie ein iPhone 6s oder 7 immer noch ganz hoch im Kurs. Auch das nennt sich dann Massenmarkt.

So einen ganz normalen Golf würde ich dann ohne die ganzen neuen Extras anbieten, ich würde ihm kein IQ Light, kein großes Display mit Touchscreen und auch keine extrem hohe Reichweite verpassen. Der ID.3 soll sich ja verkaufen und ich finde, er hat nächstes Jahr auch definitiv eine Daseinsberechtigung.

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So ein Golf für sagen wir mal 20.000 Euro Listenpreis wäre genau das, was der Markt meiner Meinung nach jetzt gebrauchen könnte. Verkauft man noch seinen alten für ein paar Euro und schnappt sich den Umweltbonus in Höhe von 2000 Euro (den man gerne auf 3000 bis 4000 erhöhen darf) und schon hätten wir das, was den Wendepunkt bringen würde. Der kommt nicht mit einem 40.000 Euro teuren ID.3, der irgendwann im Sommer 2020 erhältlich sein wird.

Bei den Smartphones ist es auch so, wer mehr will, der kauft sich die teuren Flaggschiffe. Wer das beste und größte iPhone möchte, der zahlt 1650 Euro und wer einfach nur ein simples und solides iPhone möchte, der schnappt sich für knapp 400 Euro ein iPhone 8. Da werden wir bei Elektroautos sicher auch noch ankommen, aber davon sind wir leider noch weit entfernt.

Schneller Wandel: Volkswagen hätte die Möglichkeit

Volkswagen hätte hier und jetzt die Möglichkeit, um das zu ändern. Und es gibt mit dem e-Golf ja bereits einen passenden Kandidaten, doch der startet mit einer hohen Ausstattung und kostet eben über 35.000 Euro. Er kostet fast doppelt so viel, wie ein normaler Golf. Und so lange das so ist, wird sich wenig ändern.

Ich hoffe aber, dass sich das bald ändern wird. Je mehr Hersteller kommen, desto härter wird die Konkurrenz und das ist gut. Doch was bei Smartphones schon recht lange gedauert hat, wird bei Autos vermutlich noch länger dauern, da ein Auto eine komplett andere Preisliga ist und man sich nicht eben alle 1-2 Jahre ein neues Auto mit einem neuen Vertrag beim Netzbetreiber kauft.

tl;dr Ich würde mir einen „Basis-Elektro-Golf“ für 20.000 Euro wünschen, der ohne große Extras auskommt und einfach nur die Elektromobilität fördert. So ein Modell fehlt mir in der aktuellen Strategie, denn dann könnten wir wirklich über Elektroautos für den richtigen Massenmarkt sprechen.

Die ersten Details zum VW ID.3


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