Wurst auf TikTok? Krise in der Fleischindustrie

Rund um das Thema Nachhaltigkeit versorgen wir euch hin und wieder auch mit Berichten zu Fleischersatzprodukten, die mittlerweile oftmals sehr gelungen sind. Nun könnten diese Produkte immer größere Bedeutung erlangen, denn die Fleischindustrie steckt in der Krise.

Beim Branchengespräch „Meat Talk“ der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft Ebner Stolz geht es, wie der Name bereits sagt, um Fleisch. Aber nicht nur das, auch Marktentwicklungen und Alternativen werden besprochen. Aktuell ging es um die Krise in der Fleischindustrie.

Die Fleischindustrie in Deutschland leidet seit Monaten unter weiter sinkender Nachfrage, fehlenden Exportmöglichkeiten und jetzt auch noch unter einer zusätzlicher Kostenexplosionen. Bei „Meat Talk“ äußern sich Menschen zur Thematik, die wirklich in der Materie stecken. Man erhält also keine Kommentare von der Seitenlinie, sondern die „Player bewerten das Spiel“.

So warnt zum Beispiel der Aldi-Manager Mario Elbers vor Preissteigerung und Mitnahmeeffekte zulasten des Verbrauchers.

Die Preissensibilität der Kunden nimmt aktuell zu. Wir sehen aktuell explosionsartige Preisentwicklungen. Daher müssen wir warengruppenübergreifend unser Sortiment mit Preiserhöhungen versehen. Unsere Margen werden wir durch diesen Schritt jedoch nicht verändern.

[…] Wir bewerten jede Preisforderung von unseren Lieferanten und werden die dann akzeptieren, wenn sie sinnvoll und nachvollziehbar sind. Aber wir verwehren uns auch gegen Mitnahmeeffekte die aufkommen.

Positiver Effekt auf Tierhaltungsformen

Hoffnung macht dem Aldi-Manager bei der aktuellen Entwicklung die Nachfrage nach Produkten aus höherem Tierhaltungsformen. Für den Kunden sei es demnach aktuell attraktiver, auf die „Tierwohl Ware“ zurückzugreifen.

Die aktuellen Preissteigerung begünstigen die Nachfrage nach Haltungsform 3 und 4, weil die Differenz im Preis zwischen dem Fleisch aus unterschiedlichen Haltungsformen nicht mehr so groß ist.

Ersatzprodukte werden interessanter

Der Food-Aktivist und Publizist Hendrik Haase kritisierte die Branche im Gespräch mit Ebner Stolz Partner Klaus Martin Fischer. Und das hat gleich mehrere Gründe. Die Generation der heute Mitte 30-Jährigen konsumiert beispielsweise nur noch 60 % vom Durchschnitt des deutschen Fleischkonsum. Das liegt laut Haase vor allem am schlechten Marketing. So äußert er sich wie folgt:

Fleisch und Wurst sind in der jungen Generation zum Teil irrelevant geworden. Die in Deutschland nachgefragt Fleischmenge wird also rapide sinken, wenn das Produkt Fleisch nicht anders kommuniziert wird.

Der Handel muss sich überlegen, wie verkaufe ich Wurst auf TikTok.

Die Verpackung in Deutschland ist zugepflastert mit Label, die aber niemanden überzeugen.

Die Fleischbranche muss mit Qualität, Transparenz und Emotionalität überzeugen, ansonsten werde sie schon bald von fermentierten Ersatzprodukten aus Pflanzen oder dem Bioreaktor substituiert.

Die Startup-Szene macht ein besseres Marketing, bietet zum Teil schon jetzt gleichwertigen Genuss und wird bald zu günstigeren Preisen produzieren.

Dazu gab es aber auch Gegenstimmen. Roland Verdev, der CEO des Wurst und Schinken-Produzenten The Family Butchers sieht die Branche hingegen auf dem Weg einer weiteren Diversifizierung.

Wir müssen die Käufergruppen unterscheiden in Genuss-Menschen und diejenigen die Wurst und Fleisch als Grundnahrungsmittel kaufen.

In der Krise der steigenden Lebenshaltungskosten wird sich das Konsumverhalten schneller verändern denn je, darin sind sich die Branchenexperten des Meat Talk sicher. Ob das wirklich zu einem dauerhaft verminderten Konsum von Fleisch führt, bleibt allerdings abzuwarten.

17 Prozent der Deutschen würden Fleisch aus dem 3D-Drucker essen

Fleisch Meat Unsplash Header

Heutzutage hinterfragt eine wachsende Anzahl von Menschen die Auswirkungen ihres Fleischkonsums auf Umwelt und Klima – und erwägt dabei, auch künstlich erzeugtes Fleisch in den Speiseplan zu integrieren. So kann […]18. August 2021 JETZT LESEN →

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