Der Autogipfel und das Problem der Elektroautos


Die Berichte über eine sinkende Nachfrage nach Elektroautos häufen sich, wobei das genau genommen eher „alte“ Marken betrifft, denn BYD, Tesla und Co. feiern global gesehen Rekorde und die Elektromobilität wächst sehr schnell und stetig.
Doch in Deutschland deutet sich so langsam eine verhaltene Stimmung an und das sollte der gestrige Autogipfel ändern. Konkrete Ziele wurden keine verkündet, auch keine konkrete Änderung der Strategie, die Regierung hält allerdings am Ziel fest.
15 Millionen Elektroautos bis 2030
Bis 2030 sollen es 15 Millionen Elektroautos in Deutschland sein, was mit Blick auf die aktuell 1,5 Millionen Autos viele Autohersteller laut Handelsblatt kritisch sehen. Das Problem der Industrie: Es fehlt hier eine Planungssicherheit bei der Förderung.
Diese droht ab 2024 wegzufallen und könnte die Nachfrage negativ beeinflussen. Bundesverkehrsminister Volker Wissing hat aber schon im Vorfeld des Treffens in Berlin betont, dass nicht nur die Regierung für den Hochlauf verantwortlich sei.
2030 ist noch in weiter Ferne, es fehlen vielleicht auch kurzfristigere Ziele, denn es ist ja schön und gut, dass man an den 15 Millionen bis dahin festhält, aber das klingt ein bisschen nach: Der geringe Hochlauf in Deutschland ist zwar ein Problem, aber wir verlagern das einfach auf die Zukunft. Ein Ziel bis 2025 wäre deutlich sinnvoller.
Doch nicht nur große Ziele sind entscheidend, vor allem auch ein Plan, wie man das anstehende Problem in den Griff bekommt. Ab 2024 muss mehr passieren, da sind sich alle Beteiligten einig, aber vielleicht liegt das Problem auch an anderer Stelle.
Das Problem bei den Elektroautos
In Deutschland herrscht zunehmend eine „bitte nicht zu viel ändern“-Mentalität und man kann dabei zuschauen, wie BYD und SAIC dieser Branche den Rang ablaufen, während viele immer noch glauben, dass der Verbrenner eine große Zukunft hat.
Industrie und Regierung sind am Ende auch machtlos, wenn die Akzeptanz in der Bevölkerung fehlt. Und leider werden immer noch viele Vorurteile bedient. Ich weiß nicht, ob man diese mit immer mehr Geld für neue Förderungen „bekämpfen“ sollte.
Das ist mit Blick auf die Zukunft der Wirtschaft in Deutschland zwar schade, da es unsere größte Branche ist und viele Existenzen davon abhängen, aber wenn man hier keinen Wandel möchte, weil „wir haben das schon immer so gemacht und ich habe keine Lust mich zu ändern“ vorherrscht, dann ist jetzt China an der Reihe.
Ich glaube mittlerweile nicht mehr, dass immer mehr und mehr Förderungen die Wende bringen, dazu sind wir viel zu langsam und unser größer Autohersteller ist mittlerweile laut eigenen Angaben nicht mehr wettbewerbsfähig. Wenn also nicht „von Innen“ das Interesse an einem Wandel vorhanden ist, machen es die anderen.
Eine Sache ist aber sicher: Der Wandel dieser Branche kommt und man kann das entweder akzeptieren und vorne dabei sein oder eben nicht. Ich hoffe zwar, dass das Umdenken noch kommt, aber wenn ich das Tempo der Konkurrenz sehe, dann dürften 2024 und 2025 sehr kritische Jahre für die Zukunft der Autobranche sein.
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Ich sehe für mich ein paar Punkte an denen es momentan krankt:
Es werden weniger von den großen, teuren Fahrzeugen benötigt, die waren am nur am Anfang wichtig, um Interesse zu wecken und Geld für weitere Investitionen in die Kassen zu bekommen. Das hat Tesla gut vestanden. Mittlerweile sind wir aber an einem Punkt, wo Fahrzeuge für die Masse benötigt werden. Und die kann und/oder will keine 40k+ € ausgeben für ein Fahrzeug, das unpraktisch und dazu noch häufig ein öffentlicher Software-Betatest ist.
Und mit unpraktisch meine ich: In der Stadt, wo man mit der Reichweite eigentlich toll klar käme fehlt absolut die Möglichkeit zu laden.
Habe ja wohlwissend um die Antwort nicht geschrieben, dass sie in Deutschland produzieren werden, sondern in Europa. Polen als Standort ist unglaublich attraktiv zur Zeit. Junge Bevölkerung, (noch) niedrige Lohnkosten, (noch) billigere Energie. Ungarn würde ich als politisch eher unzuverlässigen Land wohl ausklammern. In Tschechien wird verglichen mit Polen zu wenig investiert von Seite des Staates investiert um als Produktionsstandort attraktiv zu sein.
Als Neuankömmling kann man aber auch noch in Deutschland produzieren, wie Tesla aktuell zeigt. Was die Chinesen am Ende machen und für welches Land sie sich entscheiden könnten was eigene Produktion angeht weiß ich nicht. Wichtig ist aber zu verstehen, dass sie den Marktzugang und einen ausreichend großen Marktanteil am Ende nur durch eigene Produktion in Europa bekommen werden. Dasselbe hat man vor einigen Jahrzehnten in China genauso gemacht und die EU Staaten werden sich ganz sicher nicht die Butter vom Brot nehmen und China den Markt so einfach überlassen.
Ich bin gespannt wie sich das entwickelt aber Angst haben vor den Chinesen brauchen wir glaube ich nicht.
Die EU führt irgendwann einen Strafzoll auf die chinesischen Elektroautos ein, weil mit illegalen Subventionen die Marktpreise kaputt gemacht werden. Damit werden die chinesischen Autos dann deutlich teurer in Europa, die Chinesen müssen anfangen in Europa zu produzieren um das zu umgehen, mit den hier gültigen Kosten für Material, Energie, etc., und dann Kosten deren Autos hier ungefähr so viel wie die bisher schon lokal produzierten der Europäischen Hersteller.
Ich mache mir da ehrlich gesagt keine Sorgen, dass die Chinesen "allen davon rennen". Das ist eine sehr populistische Clickbait Haltung die ich nicht als besonders realistisch ansehe.
Vor allem die deutschen Hersteller sind unglaublich fett aufgestellt. Zu viel Bullshit- und Doppelarbeit, geringe Wochenarbeitszeit, dafür enorm hohe Gehälter. Wenn die Chinesen nach Europa kommen zum Produzieren, dann gehen die nach Ungarn, Tschechien, Polen, und erfreuen sich an einem Bruchteil der Fertigungskosten inkl. Löhne.
Du meinst genau wie Tesla in den Osten Europas gegangen ist?…
Die deutsche Autoindustrie ist ja nicht blöd, die bekommen schon mit was in der Welt passiert. Letztendlich gibt es zwei Gründe, warum der Absatz von E-Autos auch weiterhin hinterherhinken wird:
1. Ladeinfrastruktur – ich hätte schon längst ein E-Auto, wohne aber in einer Stadt und habe keine Möglichkeit, zuhause zu laden. Solange sich das nicht ändert, wird sich auch die Mehrheit der Deutschen kein E-Auto kaufen, selbst wenn sie wollten.
2. Neupreise der E-Autos müssen sinken, dann kann der Absatz steigen – WENN Punkt 1 gelöst ist.
Absolut richtig! Ohne meinen vom Vermieter genehmigten Ladeanschluss in der Tiefgarage wäre ich auch noch beim Verbrenner. Und ja, für die meisten Menschen sind die Preise aktuell noch zu hoch. Dass es anders geht, zeigt zum Beispiel Citroen mit dem kommenden C3.
Man sollte vielleicht mal nach Norwegen gucken. Das Land mit >80% Neuzulassungsanteil für E-Autos. Auch da haben nicht alle ein Eigenheim und können zu Hause laden. Man sieht viele Leute an Tankstellen oder Einkaufszentren laden. Jede Tankstelle baut da sukzessive Tanksäulen ab und ersetzt sie durch Ladesäulen bzw. baut zusätzlich Ladesäulen. Aber vor allem an Einkaufszentren lohnen sich Schnelllader, wenn die Leute eh 20-30 Minuten oder gar länger dort shoppen gehen. Man muss die Ladesäulen halt mal dort aufstellen (samt Netzanschluss).
Blöd ist auch nicht das richtige Wort. So ein Konzern ist ja kein Ameisenstaat, der effizient in eine gemeinsame Richtung arbeitet. Ich war zu Zeiten von Project i bei BMW und da hat man das auf allen Ebenen mitbekommen. Zum einen die Abwehrkämpfe der Petrolheads, man kann mit 10.000en Mitarbeitern nicht einfach den Hebel umlegen. Zum anderen die Verteilungskämpfe, alle mussten sparen und Project i konnte aus dem vollen Schöpfen.
Und so einfach kann man den Wandel verpassen, bzw. verschlafen. Wo könnte BMW sein, wenn die mit Project i (minus CFK) konsequent weitergemacht hätten. Aber das wäre natürlich extrem zu Lasten des bestehenden Verbrenner-Geschäfts gegangen.
Da ist viel wahres im Artikel. Allerdings sehe ich derzeit (noch) nicht die große Gefahr aus China. Wer aus Überzeugung weiter am Verbrenner festhalten will, der kauft auch kein chinesisches e-Auto, nur weil das (vermeintlich) so billig ist. Erstens ist es das nämlich gar nicht, wenn man sich die aktuellen Preise anschaut, zweitens ist die Qualität längst nicht so toll, wie oft behauptet wird und schließlich sehe ich zumindest im Moment noch die Problematik fehlender Service-Netze. Wo lasse ich denn die ganzen Ora‘s, Seal‘s und wie sie alle heißen warten oder reparieren? Da geht der deutsche Michel doch immer noch lieber zum freundlichen VW-Händler (oder andere deutsche Marken) um die Ecke, weil er da schon seit Jahrzehnten hin geht. Selbst mit meinem Hyundai habe ich ein gut ausgebautes Servicenetz in Deutschland. Chinesen? Fehlanzeige, jedenfalls jetzt noch. Also erstmal schauen, ob die deutschen Hersteller tatsächlich so „überrollt“ werden, wie behauptet wird. Zumindest haben die alle sehr spannende Autos in der Pipeline, sie müssten damit allerdings tatsächlich mal aus dem Allerwertesten kommen.
Die Deutschen werden in China regelrecht weggespült. Der dortige Markt ist achtmal so groß wie der deutsche und ist der mit Abstand wichtigste Markt für die dt. Hersteller. Also, schön dass hierzulande noch wenig Konkurrenz droht, aber davon können sie sich nicht viel kaufen.
Da hast Du leider ein paar wahre Worte gesprochen. Mir fällt leider nichts besseres ein als dieses Stromberg-Zitat:
"Wer nicht mit der Zeit geht, muss mit der Zeit gehen."
Dies hier war der Sündenfall. Da hätte man Gas geben statt Bremsen müssen. Was man in 6 Jahren hätte erreichen können…
https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/neue-mobilitaet/sigmar-gabriel-erzielt-in-china-einigung-im-streit-ueber-e-autos-15030737.html
Es ist ganz einfach: Diejenigen, die das Geld für ein neues Elektroauto hatten, haben eines gekauft. Der Autokreislauf dauert nun eine Weile, bis die "Nicht-Neuwagenkäufer" in der Bevölkerung diese gebrauchten E-Autos irgendwann zu erschwinglichen Preisen kaufen können.
Also die Automobilhersteller haben Angst, dass niemand mehr Elektroautos kauft, wenn die Förderung wegfällt. Also wenn das Wohl und Wehe an den 3/4 Tausend Euro scheitert, dann scheint es uns Allen gut zu gehen.
Meiner Meinung nach liegen zwei Probleme vor. Auch mit der Förderung sind die Autos einfach zu teuer (und oft zu groß (hässlich ist ja eher subjektiv)) und das größere Problem ist einfach die Ladeinfrastruktur in Ballungsräumen, vor allem in Wohnsiedlungen. Es gibt in meiner Umgebung vier Säulen, zwei bei Kaufland (also keine 24/7) und ein öffentlicher Parkplatz. Weiter gibt es in meinem Umkreis daher auch nur zwei Elektrofahrzeuge…beides Firmenwagen (und wohl dort geladen). Keiner kommt doch auf die Idee sein Auto mal eben zu Kaufland oder auf den Parkplatz abzustellen und zwei Stunden später wieder abzuholen. Ich kreise so schon regelmäßig 5-10 Minuten um die Häuser auf der Suche nach nem Parkplatz und dann geb ich einen auf weil mir einfällt, ach morgen könnt ich mehr Akku gebrauchen?
Elektromobilität ist bestimmt ne tolle Sache, vllt gönn ich mir auch mal ne e-vespa, aber ansonsten ist das nicht wirklich was für die breite Masse. Und die wird verhindern, dass es bis 2030 15 Mio E-Autos werden.
Streicht die Prämie und es werden nicht einmal 5 Mio werden. Nächstes Jahr werden sich eh viele schon wundern, wenn die dieses Jahr vorgezogenen Bestellungen für Firmenwagen nicht mehr da sind.
Aber das ist alles nur meine subjektive Meinung, eines besseren lass ich mich natürlich in den nächsten Jahren belehren.
Das könnte stimmen und falls es so kommt, wäre genau das ein Problem, da es andere Länder vormachen und wegrennen, allen voran China, die darin eine Chance erkannt haben, um die neue dominante Macht der Autobranche zu werden, die wir derzeit noch sind.
Es spielt eigentlich keine Rolle mehr, was jetzt besser oder schlechter ist, der Stein wurde ins Rollen gebracht und rollt. Man schaut entweder zu, wie er wegrollt oder man spielt mit.
Das mit der Ladeinfrastruktur sehe ich aber auch so, da wäre das Geld besser aufgehoben, als bei den Autoherstellern als Bonus beim Verkauf.
Aber das eine (in Deutschland werden wenige E-Autos verkauft) hat ja nichts mit dem anderen (Deutsche E-Autos sollen in der Welt verkauft werden) zu tun.
Ich sehe nicht, dass hier irgendein deutscher Hersteller an Verbrennertechnologie festhält. Die Verkäufe nimmt man freilich gerne noch mit. Aber intern sind doch alle Prozesse schon umgestellt auf die neue Technologie.
Und da wird die Prämie/Förderung in Deutschland auch nicht viel bewirken. Solange sich in China, USA und anderen Teilen dieser Welt die E-BMWs und E-VWs gut verkaufen, ist doch der deutsche Markt nebensächlich. Auch für die Zulieferer unseres Landes.
Also ich sehe nicht, dass deutsche Unternehmen die Chance nicht erkannt haben. Aktuell können sie es vielleicht nicht besser. Aber der Wille ist doch da.
Ein sehr guter Kommentar, sehe ich nämlich auch so. Die 2,5 Mio Autos in Deutschland im Vergleich zu 12 (USA) oder knapp 20 Mio (China) sind da wohl kaum entscheidend für die Hersteller.
Es ist doch immer wieder das gleiche Muster. Ich wohne in einer schönen Fachwerkstadt mit rund 80.000 Einwohnern. Vor etwa 25 Jahren haben sich politikbubd Bürger gegen ein Outlet Cebter entschieden, um den Geschäften in der Innenstadt keine Konkurenz zu machen. Als Resultat fahren alle in die nächste Großstadt oder eines der umliegenden Outlet Center, und der Handel in der Stadt liegt am Boden. Jetzt wird Stimmung gegen Elektroautos gemacht, weil die ja weniger Arbeitsplätze bedeuten (weil da nicht 10.000 bewegliche Teile für Motor und Antrieb zusammengebaut werden müssen). Das wird die Arbeitsplätze aber nicht retten, wir werden einfach den Anschluss bei der überlegenen Antriebstechnologie verlieren, weil ein paar ewig gestrige denken, dass mit e-fuels vielleicht doch alles bleiben kann, wie es ist. Eines meiner Lieblingszitate: Tradition ist das weitergeben des Feuers und nicht das bewahren der Asche.