Der Kampf um die „EC-Karte“

Handel

Eine „EC-Karte“ im klassischen Sinne gibt es in Deutschland nicht mehr, dennoch ist der Begriff aus den Köpfen nicht herauszubekommen. Das sorgt für Bewegung am Markt. Ein paar Gedanken dazu.

Vermutlich ist es dem ein oder anderen bereits aufgefallen. Aktuell laufen verschiedene Werbespots, vor allem im Radio, welche die „Girocard“ bewerben sollen. Was man vermitteln will: „Mit Karte“ heißt mit Girocard.

In den Köpfen der Menschen steckt noch zu sehr die „EC-Karte“ als Begriff fest. Sie ist für viele Nutzer das Synonym für eine Bankkarte. Über die Technologie auf dieser Karte denken die wenigsten außerhalb unserer kleinen Techblase nach. Eine „EC-Karte“ im klassischen Sinne gibt es aber in Deutschland nicht mehr.

Die deutsche Kreditwirtschaft hat nun ein Problem. Sie wird von verschiedenen, international agierenden Anbietern angegriffen. Allen voran Mastercard. Das Unternehmen hat mit seiner Debit Mastercard ein brauchbares Gegenstück zur Girocard geschaffen. Eine Bezahlkarte, bei der alle Umsätze direkt mit dem Konto abgerechnet werden, in Echtzeit. Das scheinen die Kunden zu mögen.

Debit Mastercard: Erste Großbank steigt ein

Bisher haben die Debit Mastercard vor allem kleinere Banken wie die Fidor Bank (bzw. O2 Banking), die KT Bank oder N26 angeboten. Bei den Kunden stößt sie dort auf Gegenliebe. Bietet sie doch diverse Komfortfunktionen, die direkt am Smartphone genutzt werden können. Jüngst ist mit der Deutschen Bank die erste deutsche Großbank eingestiegen. Sie bietet ihren Kunden mit der „Deutsche Bank Card Plus“ optional nun auch eine Debit Mastercard an.

Interessant dabei: Mastercard hat die Markenrechte am Namen und am Logo der „EC“. Das zeigt man auch gerne. Soweit geht die Deutsche Bank mit ihrer Card Plus allerdings (noch) nicht.

Das „EC“-Logo auf einer Debit Mastercard

Man nutzt die Markenrechte also, um seine Debit Mastercard direkt gegen den EC-Karten-Nachfolger Girocard zu positionieren. Vorteil hier: Überall, wo Mastercard (eine Maestro-Akzeptanz reicht nicht aus) akzeptiert wird, kann damit bezahlt werden und das heute bereits in den meisten Fällen auch kontaktlos. Dank HCE ist zudem der Weg ins Smartphone nicht weit. Weiterhin kann sie international genutzt werden und sogar online, ohne, einen zusätzlichen Dienst wie z.b. paydirekt bemühen zu müssen.

Girocard kontaktlos erst am Anfang

Die Girocard kontaktlos soll hingegen so richtig erst im nächsten Jahr durchstarten und das vollkommen gefloppte girogo mehr oder weniger ablösen. Volksbanken und einige Sparkassen versenden bereits erste Karten mit Girocard kontaktlos und auch das „Smartphone-Konto“ der Sparkassen namens YOMO soll mit einer Girocard kontaktlos daher kommen. Ein Testlauf für Smartphone-Nutzer mit Wallet-App läuft ebenso bereits. Es gibt aber auch genug Kunden, die aktuell noch neue Karten von ihrer Sparkasse erhalten, auf denen nur girogo zu finden ist. Noch ist unklar, wie schnell sich die Girocard kontaktlos bei Kunden und im Handel verbreiten wird.

Aktuell hat das Girocard-System den Vorteil, dass es wohl die höchste Verbreitung im deutschen Handel hat. Auch, wenn fast alle größeren Handelsketten mittlerweile ebenso Kreditkarten und somit natürlich auch die Debit-Karten der Kreditkartenanbieter akzeptieren, findet man bei kleineren Unternehmen oftmals nur eine Akzeptanz für Girocards vor. Das wäre alles nicht so schlimm, wenn die Kunden wüssten, mit was genau sie da bezahlen.

Aufgrund der etwas geringeren Gebühren für den Karteneinsatz sind Zahlungen mit Debitkarten meist günstiger als mit Kreditkarten. Das spricht zumindest für eine stetig wachsende Erhöhung der Akzeptanz. Ob und wie schnell diese erfolgt, lässt sich aber nicht genau abschätzen.

„EC-Karte“ wird Oberbegriff bleiben

Der Begriff „EC-Karte“ wird zudem dermaßen inflationär gebraucht, dass er wohl weiterhin bestehen wird, weil er als Oberbegriff „einfach“ zu nutzen ist. Viele wollen erst gar nicht durchblicken, was es mit den ganzen Bezahlsystemen auf sich hat, sagen „EC-Karte“ und gut. Selbst American Express erwähnt in den aktuell ausgestrahlten TV Spots, dass man die Karte „wie eine EC Karte einsetzen könne“. Das ist falsch, wenn man bedenkt, dass die meisten Nutzer immer noch glauben, eine „EC-Karte“ wäre ihre Girocard. Faktisch ist es aber eben auch nicht falsch, weil es eine „EC-Karte“ in dem Sinne nicht mehr gibt. Man macht sich also die Unwissenheit der Nutzer in der Werbung zunutze.

Meines Erachtens wird es zunehmend schwieriger, die Vorteile der Girokarte zu finden und vor allem die langwierige Entwicklung zu erklären. Wenn ich (seit über einem Jahr) mit einer Mastercard bzw. Debit Mastercard schnell und einfach kontaktlos oder auch online zahle, kann ich bisher meinem Umfeld mit Girocard nur mitleidig erklären, dass das mit ihrer Karte (noch) nicht möglich ist. Und da bedenke ich noch nicht mal die Konfigurationsmöglichkeiten (z.B. PIN, Einsatzorte und Limits selbst per App und in Echtzeit ändern) der Karten durch den Kunden.

Der Kampf ist auf qualitativer Ebene entschieden

Wie ist nun der aktuelle Stand beim Kampf um die „EC-Karte“? Da ihr seht, wie sehr der Markt bzw. die Anbieter gegeneinander arbeiten, kann ich dies nur subjektiv beantworten. Der Kampf ist meines Erachtens bereits auf qualitativer Ebene entschieden, jetzt geht es nur noch um die Marktdurchdringung und die Begrifflichkeiten.

Es wird aktuell alles dafür getan, dass man die Girocard nicht mehr mit einer EC-Karte gleichsetzt, die Marke bzw. Begrifflichkeit wird meines Erachtens aber nicht so stark werden, wie die EC-Karte weiterhin in den Köpfen verweilen wird. Unter anderem, weil Mastercard gleichzeitig dafür sorgt, dass die Marke „EC“ bestehen bleibt und diese mit überlegenen Funktionen befeuert.

Den meisten Nutzern dürfte weiterhin egal sein, mit was sie zahlen, zumindest so lange, wie sie technologisch nicht auffällig abgehängt werden. Genau das sind die meisten Girocard-Nutzer allerdings aktuell, wenn man sieht, wie kontaktloses Zahlen auf dem Vormarsch ist. Das Girocard-System rennt technologisch hinterher. Während Mastercard und Co. den nächsten großen Schritt in die Smartphones gehen, laufen bei Girocard gerade mal die ersten Pilotprojekte an und eine flächendeckende Akzeptanz für Girocard kontaktlos muss erst noch aufgebaut werden.

Zur Onlinezahlung klammert sich die deutsche Kreditwirtschaft an paydiekt, welches einige Sparkassen überhaupt erst Mitte 2017 einführen werden. Kunden einer Debit-Mastercard denken darüber gar nicht nach, sie nutzen sie einfach beim Onlinezahlen und das heute bereits.

Ich glaube, eine Debit Mastercard ist die bessere „EC-Karte“, aber viele deutsche Banken werden weiterhin alles dafür tun, dass ihre Kunden das nicht mitbekommen. Der Ausgang dieses Kampfes bleibt ungewiss.


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